D: Muslime protestieren gegen Extremismus

Mit einem bundesweiten Aktionstag haben die im Koordinationsrat der Muslime in Deutschland (KRM) vertretenen Islamverbände am Freitag in 2000 Moscheen ein Zeichen gegen Hass und Gewalt gesetzt.

Unterstützt von Politikern und anderen Religionsgemeinschaften verurteilten die muslimischen Organisationen die Gräueltaten der Terroristengruppe Islamischer Staat (IS), aber auch Angriffe auf Moscheen in Deutschland in den vergangenen Wochen. In Ansprachen nach dem traditionellen Freitagsgebet wurde beklagt, Muslime würden hierzulande „immer stärker ausgegrenzt und angefeindet“.

Dem KRM gehören der Zentralrat der Muslime (ZMD), die türkisch-islamische Union Ditib, der Islamrat und der Verband der islamischen Kulturzentren (VIKZ) an. In insgesamt neun Städten, darunter Berlin, Hannover und München, fanden Mahnwachen und Friedenskundgebungen statt, an denen auch führende deutsche Politiker und Vertreter der großen christlichen Kirchen sowie des Zentralrats der Juden teilnahmen.

„Kein Wort verstanden“

In einer in den Moscheen verlesenen und vom KRM veröffentlichten Ansprache hieß es: „Wir erleben, wie Menschen im Namen Allahs Grausamkeiten begehen, andere Menschen quälen, sie aus ihren Häusern vertreiben und ermorden. Sie handeln unter dem Banner des Propheten, zeigen mit ihren Verbrechen aber, dass sie kein Wort davon verstanden haben, was Allah uns offenbart hat und wie unser Prophet nach diesen Geboten gelebt hat.“

„Obwohl Allah keinen Unterschied zwischen den Menschen macht und sie im Jenseits alle nach ihrem Glauben und ihren Taten beurteilen wird, maßen Menschen es sich an, sich über andere Menschen zu stellen und über sie im Diesseits zu richten“, hieß es in der Ansprache weiter. „Es kann Allah nicht gefallen, wenn Menschen voreinander Angst haben und einander misstrauen, nur weil sie einen anderen Glauben haben.“

Neben der Verurteilung von Gewalt im Namen des Islam, wandten sich die die muslimischen Verbände in der Ansprache aber auch dezidiert gegen die jüngsten Anschläge auf Moscheen in Deutschland. „Wir erleben, wie hier in Deutschland unsere Moscheen angegriffen und in Brand gesteckt werden, seit 2012 allein in über 80 Fällen.“ Die muslimischen Gemeinden in Deutschland seien „besorgt und verunsichert“.

Lob von Innenminister

Deutschlands Innenminister Thomas de Maizière (CDU) lobte die Friedenskundgebungen der Islamverbände als „großartige Aktion“. Es sei sehr überzeugend, wenn die Muslime in diesem Land sich vom Terror distanzierten, sagte de Maizière der deutschen Zeitung „Die Welt“ und der türkischen Zeitung „Hürriyet“ (Freitagsausgaben) in einem gemeinsamen Interview.

Wie de Maizière wandte sich auch Justizminister Heiko Maas (SPD) dagegen, Muslime in Deutschland unter Generalverdacht zu stellen. Es müsse ein „ganz klarer Trennstrich“ gezogen werden „zwischen der großen Mehrheit der Muslime, die friedlich mit uns lebt und denen, die den Islam missbrauchen, um Unrecht zu begehen“, erklärte Maas in Berlin.

Unterstützung von Kirchen

Unterstützung erhielten die muslimischen Verbände auch vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). „Vorurteile, Hass, Unrecht und Gewalt dürfen nicht das letzte Wort behalten“, sagte der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider bei der Friedenskundgebung in Hannover. Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) begrüßte den Aktionstag. „Jeglicher Instrumentalisierung der Religion ist entschieden entgegen zu treten“, erklärte die ZdK-Vizepräsidentin und CDU-Bundestagsabgeordnete Claudia Lücking-Michel, die an der Friedenskundgebung in Berlin teilnahm.

KRM-Sprecher Ali Kizilkaya wies indes Vorwürfe zurück, die Muslime in Deutschland hätten zu zögerlich gegen religiös motivierte Gewalt Stellung bezogen. Die muslimischen Verbände hätten sich schon in der Vergangenheit „nicht nur intern, auch extern“ positioniert, sagte Kizilkaya der Nachrichtenagentur AFP.

Wien: „Fest des Friedens“

Auch in Österreich treten Muslime gegen den Missbrauch ihrer Religion für terroristische Zwecke auf - allerdings nicht in Form von Demonstrationen. Für Sonntag ist ein „Fest des Friedens“ im Islamischen Zentrum am Bruckhaufen in Wien Flordisdorf geplant. Organisator Omar Al-Rawi betonte gegenüber der APA, dass er von verschiedenen Seiten aufgefordert worden sei, „etwas zu tun“ - etwa eine Demonstration zu veranstalten. Letztendlich habe er sich aber dagegen entschieden, um stattdessen ein Zeichen in Form eines Festes zu setzen. Auf dem Programm stehen Gespräche, Diskussionen, ein Kinderprogramm sowie die Möglichkeit, die Moschee zu besichtigen.

religion.ORF.at/APA/AFP