Chalupka: Keine Flüchtlingskrise herbeireden

Anlässlich seines 20-jährigen Amtsjubiläums als Diakonie-Direktor sprach Michael Chalupka über Asylwesen, Pflegelücken in Österreich und Sterbehilfe. Die Versorgung von Flüchtlingen sei eine Frage des Wollens.

Österreich habe in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, dass es viele tausend, ja zigtausend Flüchtlinge aufnehmen kann, wenn es die Not gebietet, betonte Diakonie-Direktor Michael Chalupka im Gespräch mit Kathpress. Angesichts der derzeitigen Flüchtlingszahlen von einer Krise zu sprechen sei deshalb ganz und gar nicht angebracht.

„Eine Frage des Wollens“

Chalupka erinnerte unter anderem an die Bosnien- und Kosovo-Flüchtlinge. In den 1990er Jahren seien 90.000 Bosnier aufgenommen und integriert worden, im Kosovo-Konflikt 1999 wurden in wenigen Wochen 5.000 Menschen aufgenommen. Die Versorgung von Flüchtlingen in Österreich sei eine Frage des Wollens und nicht des Könnens.

Die Diakonie habe in den vergangenen 20 Jahren große Anstrengungen im Bereich der Flüchtlingshilfe unternommen, etwa auch durch die Etablierung einer Rechtsberatung für Asylwerber, führte Chalupka aus: „In der Flüchtlingsarbeit wurden und werden wir immer auch sehr stark von den evangelischen Pfarrgemeinden unterstützt.“ Die Pfarren seien Zentren des diakonischen Handelns, so Chalupka. Einen deutlichen Schub in diese Richtung habe auch das österreichweit durchgeführte „Jahr der Diakonie 2013“ gebracht. Dieses diente der Vorbereitung auf das 500-jährige Reformationsjubiläum 2017.

Diakoniedirektor Michael Chalupka

kathbild/Franz Josef Rupprecht

Michael Chalupka

„Erfolge“ bei Pflege „beispielgebend“

Ein Schwerpunkt der Diakonie in den vergangenen 20 Jahren sei der Bereich von Pflege und Altenbetreuung gewesen, so Chalupka weiter. Hier sei man von den großen Heimen abgegangen und habe stattdessen kleine Haugemeinschaften mit qualitativ hochwertiger Pflege etabliert. Auch in der Arbeit mit Menschen mit Behinderung sei man diesen Weg gegangen. Die „Erfolge“ in diesen Bereichen seien oft nicht spektakulär, aber beispielgebend.

Große Lücken in der Betreuung alter Menschen müssten freilich endlich geschlossen werden, so der Diakonie-Direktor. Oft gebe es nur die Wahl zwischen sehr begrenzter mobiler Hilfe und dem stationären Heim. Es brauche mehr Angebote dazwischen, etwa mit Tagesheimen oder mehrstündigen mobilen Angeboten. In manchen Gegenden in Österreich seien die Angebote nicht finanzierbar, in anderen gebe es überhaupt keine.

Recht auf selbstbestimmtes Leben

Eindringlich mahnte Chalupka die Umsetzung der UNO-Konvention für Menschen mit Behinderungen ein. Jeder Mensch habe das Recht auf ein möglichst selbstbestimmtes Leben. In diesem Zusammenhang müsse auch die Inklusive Schule endlich flächendeckend zur Regel werden.

Große Erwartungen setzte Chalupka in die parlamentarische Enquete-Kommission „Würde am Ende des Lebens“. Es brauche einen massiven Ausbau der Palliativversorgung. Vor allem die Finanzierung sei noch völlig offen. Hier gebe es noch viel zu tun.

Kein Sterbehilfeverbot in der Verfassung

Zugleich sprach sich der Diakonie-Direktor gegen eine Verankerung des Verbots der Tötung auf Verlangen in der Verfassung aus. „Tötung auf Verlangen ist in Österreich strafrechtlich verboten, das ist ausreichend“, so Chalupka wörtlich. Zudem sei zu bedenken, dass es im medizinischen Alltag aufgrund der Komplexität der Situationen immer wieder zu Unsicherheiten komme, welches medizinische Tun oder Unterlassen ein Verstoß gegen das Verbot der aktiven Sterbehilfe ist. Eine Verankerung in der Verfassung würde zu dieser Verunsicherung beitragen und womöglich das Patientenverfügungsgesetz aushöhlen.

Es müssten auch extreme Einzelfälle berücksichtigt werden, in denen sich Dritte angesichts des Leides und des Bittens Sterbewilliger in unerträglichen Gewissenskonflikten wiederfinden. Hier sollte man auch von einer Strafverfolgung absehen können.

Mehr Aufmerksamkeit für soziale Themen

Zufrieden zeigte sich der Diakonie-Direktor darüber, dass es in den vergangenen 20 Jahren gelungen sei, in Österreich mehr gesellschaftliches und politisches Bewusstsein für die soziale Frage zu schaffen. Dem Problem der Armut werde mehr Aufmerksamkeit zuteil. Hier habe die Arbeit der Diakonie, gemeinsam mit vielen Partnern wie etwa der Caritas, Positives bewirkt.

religion.ORF.at/KAP

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