Jüdisches Filmfestival Wien 2014

religion.ORF.at begleitet das Jüdische Filmfestival Wien als Medienpartner durch das Programm und wirft Schlaglichter auf ausgewählte Filme, seit Dezember 2014 auch auf die monatliche Filmreihe „nightlaugh“.

Insgesamt 44 Filme, darunter 17 Österreich-Premieren, gingen über die Leinwand. Viele der Filme standen unter dem Thema Zivilcourage. Mehr dazu in: Besucherrekord beim Jüdischen Filmfestival. Im Dezember 2014 wurde nun auch die monatliche Filmreihe „nightlaugh“ gestartet. In dem Format sollen jüdische Filme, bzw. Filme jüdischer Filmschaffenden mit Humor und Augenzwinkern gezeigt werden.

Szenenfoto aus "Magic in the moonlight"

Gravier Productions/Jack English

Magic in the moonlight
Woody Allens neuer Film “Magic in the moonlight” startet als Liebesgeschichte zum Schmunzeln, entpuppt sich aber rasch als tiefschürfender Dialog zwischen Materialismus und Spiritismus. Woody Allen hat sich für diesen Film wohl von Harry Houdini inspirieren lassen, der als Entfesselungskünstler im 20. Jh. in Europa und später in den USA Karriere machte. In der damals entstehenden Spiritismus-Bewegung hielten viele Menschen Houdinis Zauberkunststücke für übernatürliche Wunder. Houdini bestritt aber immer vehement, dass esoterische Phänomene im Spiel seien und machte den Kampf gegen Spiritisten schließlich zu seiner Lebensaufgabe.
Mehr dazu in Neuer Woody Allen Film entzaubert „Geisterwelt“

Marcel Ophüls

Jüdisches Filmfestival Wien

Un Voyageur
Marcel Ophüls, ist einer der bedeutendsten Chronisten seiner Zeit. Der Sohn des großen Max Ophüls sorgte in den 1960er Jahren mit seinem Film „Das Haus nebenan – Chronik einer französischen Stadt im Kriege“ für Aufregung, da er das Thema Kollaboration und Widerstand während der deutschen Besatzung Frankreichs in neuem Licht erscheinen ließ. Für „Hotel Terminus“ (1988), in dem er über das Leben des Gestapo-Manns Klaus Barbie berichtet, erhielt Ophüls den Oscar. Nun legt der Grandseigneur des dokumentarischen Films seine filmischen Memoiren vor und fügt individuelle wie kollektive Erinnerungen zusammen zu einem Mosaik einer Epoche und seiner Filmgeschichte.
Dokumentarfilm, 106 Minuten, engl./franz. OF mit engl. Ut
20.15 Uhr, Votivkino; in Anwesenheit von Marcel Ophüls
Mehr dazu in Marcel Ophüls: „Ein Reisender“ in Wien

Käthe Sasso bei den Dreharbeiten

Jüdisches Filmfestival Wien

Erschlagt mich, ich verrate nichts

Käthe Sasso ist eine der letzten noch lebenden Zeitzeuginnen, die vom ungleichen Kampf gegen die Nationalsozialisten erzählen können. Schon während der Zeit des Austrofaschismus war sie im politischen Widerstand aktiv. Von einem Gestapo-Spitzel denunziert, wurde sie 1942 in Wien inhaftiert und später ins KZ deportiert. Regisseur Kurt Brazda begleitet die inzwischen 87-Jährige, wie sie ihren Erlebnissen auf Wiener Originalschauplätzen nachspürt und von den Jahren in der Haft erzählt. Viele aus der Widerstandsgruppe wurden hingerichtet. Ihren MitkämpferInnen und Käthe Sassos Vermächtnis setzt diese Dokumentation ein filmisches Andenken.
Dokumentarfilm, 80 Minuten, dt. OF.
20.30 Uhr, DeFrance; in Anwesenheit von Käthe Sasso und Kurt Brazda
Mehr dazu in Käthe Sasso: Ein Leben für Gerechtigkeit

Ex-Geheimdienstchef Yuval Diskin

Jüdisches Filmfestival Wien

„Bethlehem“ und „Gatekeepers“

Zwei Filme über Israels mächtigen Inlandsgeheimdienst standen am 20.Oktober auf dem Programm des jüdischen Filmfestivals in Wien. „Bethlehem“ ist ein dramatischer Spielfilm über das Verhältnis eines jungen palästinensischen Informanten zu seinem israelischen Führungsoffizier. In dem Dokumentarfilm „Gatekeepers“ kommen ehemalige Schin-Bet-Chefs zu Wort und vermitteln einen authentischen Einblick in die israelische Zeitgeschichte.
Mehr dazu in Jüdisches Filmfestival: Israels Geheimdienst im Fokus

Marc Elikan schaut durch ein Loch in einem Papp-Aufsteller, der Superman zeigt

Marc Elikan/privat

Lecture: Antisemitismus in Comics

„Die Superhelden wurden von Juden geschaffen“, sagt Marc Elikan. Der Schweizer Comic-Experte hält im Rahmen des Jüdischen Filmfestivals Wien einen Vortrag zum Thema „Jüdische Identität und Comics“. Elikan will mit seiner Lecture „ein Panorama von 1912 bis heute“ bieten, erklärt er gegenüber religion.ORF.at. Die Struktur des Vortrags kündigt nicht nur zeitlich, sondern auch inhaltlich eine große Bandbreite an: Die großen französischen Comics „Tim und Struppi“ und „Asterix“ finden ebenso Platz wie die Comics aus den USA, Frankreich, Israel und Japan.
Mehr dazu in: „Die Superhelden wurden von Juden geschaffen“

Filmplakat "cupcakes"

Jüdisches Filmfestival Wien

Cupkakes

„Israel, ten points …“. Song Contest in Paris und gerade werden die Wertungspunkte vergeben. Hobbysänger Ofer (Ofer Shechter), der eine kleine Gesangsgruppe aus dem Freundeskreis zusammengestellt hat und für Israel an den Start gegangen ist, scheint ganz gut im Rennen zu sein. Vor den Fernsehschirmen und im Studio drücken Familie und Kollegen die Daumen. Diese Szenen sind der Höhepunkt des Films. Kurz zuvor hat Ofer mit Sakko und Ballettröckchen die Bühne betreten und keine Scheu gezeigt, seine Homosexualität auch vor einem Millionenpublikum offenzulegen.
Mehr dazu in: „Cupcakes“: Vorsichtige Blicke unter die Zuckerglasur

Screeenshot "In the Shadow"

Jüdisches Filmfestival Wien

In the Shadow

„In the Shadow“ erinnert an das Prag der Fünfzigerjahre. Ein Polizist wird zum Einzelkämpfer gegen ein moskauhöriges Regime, das vor kriminellen Machenschaften nicht zurückschreckt und Schauprozesse inszeniert. „Ve stinu“ (Im Schatten) ist zunächst ein Krimi, der ganz routiniert mit Tat und Tatortbegehung beginnt. Ein Juwelenraub. Schnell wird ein Verdächtiger verhaftet. Im Kasten eines alkoholkranken Juden namens Kirsch stellt Jarda Hakl das Raubgut sicher. Ein Motiv ist schnell zur Hand: Mitglieder der jüdischen Gemeinde würden die geraubten Wertgegenstände nach Berlin schmuggeln, um von dort aus den, wie es diffus heißt, „Krieg in Israel“ zu finanzieren.
Mehr dazu in: Tschechischer Polit-Krimi beim jüdischen Filmfestival

Der Anständige

ORF

Der Anständige

Als 1945 die Amerikaner in Gmund am Tegernsee einmarschierten, besetzten sie auch das Haus der Familie Himmler. Dabei fanden sie zahlreiche persönliche
Dokumente wie Briefe, Tagebücher und Fotos. Lange galten diese als verschollen, Regisseurin Vanessa Lapa zeichnet anhand des noch nie zuvor gezeigten Materials ein Psychogramm des SS-Führers Heinrich Himmler, der sich Ende 1945 mit einer Zyankalikapsel das Leben nahm. Wie wurde aus dem nationalistischen Kleinbürgersohn, der sich stets auf die „deutschen Tugenden“ Anstand, Ordnung und Güte berief, jener fanatische Nationalsozialist, der die Strategien zur systematischen Ermordung von Millionen Juden entwickelte?
Mehr dazu in: „Der Anständige“: Doku über Heinrich Himmler

Screeenshot Gett

Jüdisches Filmfestival Wien

Gett

Die Kamera ist starr und unbeweglich und genauso festgefahren ist die Situation, in der sich Viviane Amsalem (Ronit Elkabetz) befindet. Der Film „Gett - Der Prozess der Viviane Amsalem“ nimmt nicht nur die Protagonisten, sondern auch die Zuseher im engen Raum eines israelischen Rabbinatsgerichts gefangen. Zwei Stunden lang - im Film sind es fünf Jahre - wird das Publikum Zeuge eines Streits um den Gett, den sogenannten jüdischen Scheidebrief, den Viviane von ihrem Ehemann Elisha (Simon Abkarian) vor Gericht erbittet. Einfordern kann sie ihn nicht, denn nur Männer können nach israelischem Recht die Scheidung beantragen.
Mehr dazu in:Wenn Männer Frauen besitzen - Scheidung in Israel

Screenshot Wakolda

Jüdisches Filmfestival Wien

Wakolda

Von Auschwitz nach Patagonien. Im Argentinien der 1960er Jahre macht eine Familie Bekanntschaft mit einem zuvorkommenden deutschen Arzt. Dieser wird zum ersten Dauergast im Familienhotel in Bariloche. Besonders interessiert zeigt er sich für die klein gewachsene Tochter des Hauses und die mit Zwillingen hochschwangere Mutter. Nur der verschlossen wirkende Vater hegt Misstrauen gegen den unheimlichen Fremden. Lucía Puenzos bildgewaltige Verfilmung ihres gleichnamigen Romans erzählt von den Jahren des KZ-Arztes Josef Mengele in Argentinien und davon, wie namhafte Nazi-Verbrecher unbehelligt in Südamerika untertauchen konnten.
Mehr dazu in: Josef Mengele: Nach-Auschwitz-Leben des KZ-Arztes

Screenshot Hitler's Reign of Terror

Jüdisches Filmfestival Wien

Hitler’s Reign of Terror

1934 kam in den USA ein Film ins Kino, der als der erste amerikanische Anti-Nazi- Film in die Geschichte eingehen sollte: „Hitler‘s Reign of Terror“. Ihm war aber nur ein kurzes Dasein beschert: Die deutsche Botschaft forderte vehement, dass der Film aus den Kinos verschwinden solle. Auch in Frankreich, wo der Film gezeigt hätte werden sollen, erreichten die Deutschen erfolgreich, dass er zurückgezogen werden musste. Zu viel Wahres zeigte der Film offensichtlich bereits 1934 über die Bedrohung der Nationalsozialisten für Juden und andere Minderheiten.
Meher dazu in: Erster amerikanischer Anti-Nazi-Film ist in Wien zu sehen

Screenshot von Fading Gigolo

Jüdisches Filmfestival Wien

Fading Gigolo

Ein Film, der neben Wort- und Situationskomik in bester Allen-Tradition auch einen kleinen Einblick in orthodoxes Leben bietet. Fiovarante hat einen Nebenbuhler, der aus recht eigennützigen Gründen über Avigals Keuschheit wacht. Der Gigolo wird entführt und vor das Rabbiner-Gericht gestellt. Da platzt Avigal herein und gesteht eine – und nur eine – Verfehlung: Sie habe das „Negiah“-Gebot verletzt, jene Vorschrift, nach der man einen Menschen des anderen Geschlechts nur berühren darf, wenn man mit ihm verheiratet oder verwandt ist.
Mehr dazu in: Fading Gigolo: John Turturro und Woody Allen im Doppelpack

Irvin Yalom und seine Frau Marylin

Alamode Filmverleih

Yalom’s Cure

Irvin D. Yalom gilt als einer der einflussreichsten Psychotherapeuten der USA. Seine weltweit millionenfach verkauften Bücher widmen sich dem Wert von Beziehungen und der Frage, wie Therapie funktionieren kann. Das Jüdische Filmfestival in Wien zeigt die Premiere der Doku „Yalom’s Cure - Yaloms Anleitung zum Glücklichsein“. Yalom erzählt aus seinem Leben und seiner Arbeit mit Patienten. Nur wer sich auch dem Unglück und dem Leid stelle, könne Glück finden, so Yalom. Aus Jahrzehnten Psychoanalyse habe er die Überzeugung gewonnen, dass der Tod seinen Schrecken im Führen eines sinnvollen Lebens verliert. Psychotherapie versus Religion.
Mehr dazu in: Yalom’s Cure: Psychotherapie als Religionsersatz?

Carl Lutz

Marco Barberi

Carl Lutz – Der vergessene Held

Der Schriftsteller György Konrad, die Philosophin Agnes Heller, der Publizist Paul Lendvai – sie und viele andere konnten durch das Engagement des Schweizer Diplomaten Carl Lutz in Budapest während des Zweiten Weltkriegs gerettet werden. Insgesamt sollen es an die 62.000 ungarische Juden gewesen sein, die Lutz durch Schutzbriefe und gefälschte Pässe vor der sicheren Deportation bewahrt hat. Daniel Aarburg hat für seine Dokumentation mit zahlreichen Menschen gesprochen, die dem mutigen Einschreiten des Schweizer Diplomaten ihr Leben verdanken. Sie verleihen den Fakten Gesichter und bringen die Ereignisse nahe.
Mehr dazu in: Carl Lutz: Der vergessene Held

Screenshot - "under the same sun"

lama film

Under the Same Sun

Am Anfang steht eine Geschäftsidee. Shaul, ein israelischer Unternehmer, sucht einen Geschäftspartner der Westbank und findet Nizar aus Ramallah. Die beiden wollen eine Photovoltaik-Anlage errichten, um ein palästinensisches Dorf mit Strom zu versorgen. Trotz voraussehbarer Schwierigkeiten beschließen sie, es zu versuchen. Und sie beschließen auch, niemandem davon zu erzählen. Mit gutem Grund. Den Leitgedanken des Films bringt Nizar zum Ausdruck: „Stell dir vor was geschieht, wenn der Druck von innen kommt - wenn Palästinenser und Israelis ihre Politiker aufrufen, Frieden zu machen.“ Ein Märchen? Vielleicht. Aber ein schönes.
Mehr dazu in: Der Frieden muss von innen kommen

Logo Jüdisches Filmfestival Wien

Jüdisches Filmfestival Wien

Jüdisches Filmfestival Wien

Insgesamt 44 Filme, darunter 17 Österreich-Premieren, werden über die Leinwand gehen. Einige der Filme stehen unter dem Thema Zivilcourage. Festivaldirektor Fréderic-Gérard Kaczeck und Kuratorin Sarah Julia Stroß schreiben dazu im Programmheft des Festivals: „Kritisches Denken war nicht nur in Zeiten des Nationalsozialismus gefordert. Auch heute noch, mehr denn je, sind Menschen, die Mut besitzen, für eigene Überzeugung ohne Rücksicht auf Gefährdung oder mögliche Nachteile einzutreten, unverzichtbar.“

Wie immer zeigt das Jüdische Filmfestival Wien auch viele Klassiker, etwa den ersten Hollywood Film, der sich mit dem Thema Antisemitismus auseinandersetzt: „Gentleman’s Agreement“ von Elia Kazan. Auch Humor soll nicht zu kurz kommen, wie zum Beispiel in der schwarzhumorigen israelischen Komödie „The Wonders“. religion.ORF.at hat sich das Programm angesehen und gibt einen Überblick.
Mehr dazu in: „Shalom Oida“: Jüdisches Filmfestival startet in Wien