Internationale Pressestimmen zur Familiensynode

Die am Sonntag zu Ende gegangene Familiensynode im Vatikan war am Montag Inhalt zahlreicher internationaler Pressekommentare. Die Synode brachte in den heiklen Punkten keinen Durchbruch.

„Gazeta Wyborcza“ (Warschau):

"Der Papst begann eine revolutionäre Debatte über die Lehre der Kirche, aber er will nicht offen Position für eine der beiden Seiten ergreifen. Doch das Synodendokument ist erst ein Anfang. Der Text wird zusammen mit einem Fragebogen an alle Bischöfe verteilt. Die Antworten helfen bei der Vorbereitung einer weiteren, größeren Synode im Oktober 2015. Erst dann entscheidet der Papst, ob und in welchem Umfang er die bisherige Linie der Kirche reformiert. (...)

Gestern wurde Paul VI. seliggesprochen, der zunächst große Erwartungen auf eine Änderung der kirchlichen Sexualethik weckte, aber dann die Enzyklika „Humanae Vitae" mit dem Verbot der Geburtenkontrolle veröffentlichte. Sie führte zur stillen Abspaltung von Millionen Katholiken, die in dieser Sache nicht auf die Kirche hören. Noch wissen wir nicht, welche Lehre Franziskus daraus gezogen hat.“

Internationale Zeitungen an einem Kiosk

REUTERS/Kevin Coombs

Die Familiensynode war Thema in fast allen internationalen Zeitungen

„La Repubblica“ (Rom):

"Die Kirche ist in diesen Momenten ein beratendes Organ, wie ein Parlament, mit einfachen Mehrheiten und qualifizierenden. Die entscheidenden Paragrafen zur Kommunion für Geschiedene und zur pastoralen Aufnahme von Homosexuellen hatten einen großen Konsens in der Synode, aber nicht ausreichend genug, um zwei Drittel zu erreichen. (...) Es gab also eine Teilung, einen Bruch, es hat sich eine konservative Minderheit gezeigt. (...)

Es ist eine Änderung in Gang und es ist kaum möglich, ihre Tragweite abzuschätzen. Es ist die Botschaft einer Kirche, die sucht, und es ist der Hinweis auf „work in progress". Das heißt, dass die Aussagen in dem Abschlussdokument keinen lehramtlichen Wert haben, noch keine Lehre sind, aber es im Verlauf der noch zu beendenden Arbeit werden könnten.“

„Frankfurter Allgemeine Zeitung“:

"Der erste Papst aus dem Jesuitenorden, Franziskus, ist der Urheber jenes völlig neuen Romgefühl namens „Freimut“. Erstmals stellte es sich im vergangenen Februar ein, freilich nur unter den Kardinälen. Damals erörterten sie das Für und Wider einzelner Aspekte der katholischen Sexualmoral und der Sakramentenlehre.

Jetzt werden auch die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen weltweit von diesem Romgefühl berichten können - die einen außerordentlich ängstlich und verunsichert, die anderen ordentlich in der Ahnung bestärkt, dass die Kirche nichts zu verlieren hat, wenn sie „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art" endlich Raum gibt. So wollte es vor fast fünfzig Jahren das II. Vatikanische Konzil. Dessen Verwirklichung hat erst begonnen.“

„Süddeutsche Zeitung“ (München):

"Die Familie ist vielfach bedroht, durch Armut und Arbeitsbedingungen, die das Miteinander zernagen. In den reichen Ländern kommt sie den Leuten abhanden, weil sie voneinander jeden Tag das höchste Glück erwarten. In den armen Ländern stirbt sie an Flucht und Migration. Und doch ist sie bewundernswert zäh.

Zu all dem hätte die katholische Kirche viel zu sagen, auch wenn dieser herumziehende Single Jesus vielleicht nicht das beste Vorbild für Familien ist und die ehelosen Kleriker auch eher die Außenperspektive vertreten. Sie kennt aber den Wert des Bleibens und Beharrens, sie denkt in Bindung, Verantwortung, Beziehung und Treue, sie weiß um den Wert des schutzbedürftigen Lebens. Und trotzdem hört sie kaum einer. Sie hat sich unheilvoll verfangen in ihren theologischen und philosophischen Konstrukten."

„Ouest France“ (Rennes):

"Die Kirche ist nicht gespalten, sie befindet sich nicht in einem internen Konflikt, aber sie bewegt sich, sie sucht. Dies wollte Papst Franziskus nach dem Ende der Synode mit 200 Bischöfen aus aller Welt vor allem zum Ausdruck bringen. Ja, die Fragen zur Familie und zur Homosexualität sind mit einem Mal hochbrisant geworden. Bei den Diskussionen wurden unterschiedliche Einschätzungen und gegensätzliche Positionen deutlich, manchmal auf sehr lebhafte und kategorische Art.

Doch diese Versammlung war genau dafür einberufen worden: Damit jeder sich ausdrücken konnte und - so der Papst - der Kirchengemeinschaft die Leiden, Erwartungen, Hoffnungen der unterschiedlichen Kirchen und ihrer Gläubigen, die bei der Synode vertreten waren, präsentieren konnte."

religion.ORF.at/APA

Mehr dazu: