Käthe Sasso: Ein Leben für Gerechtigkeit

Die Dokumentation „Erschlagt mich, ich verrate nichts!“ zeigt das Leben der Widerstandskämpferin Käthe Sasso. Sie widmete ihr Leben dem Einsatz gegen die Ungerechtigkeit und Gewalt der NS-Justiz.

Käthe Sasso, geborene Katharina Smudits war noch ein Kind, als Hitler an Macht gewann. Bereits damals half sie mit, Flugblätter herzustellen, die mit Kartoffelstempel bedruckt und dann verstreut wurden. Zuerst war sie gemeinsam mit ihren Eltern im linken Widerstand bei der Gruppe um Gustav Adolf Neustadl aktiv, nachdem ihr Vater eingerückt und ihre Mutter gestorben war, blieb sie 15-jährig alleine, als mit Abstand jüngstes Mitglied, dabei.

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Jüdisches Filmfestival Wien
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Schockierende Originaldokumente

Mit schwarz-weißen Originaldokumenten und aktuellen Bildern von Originalschauplätzen bringt die Dokumentation „Erschlagt mich, ich verrate nichts!“ die Vergangenheit bedrohlich nahe. So wird der berührende letzte Brief ihres Onkels an seine Frau vorgelesen und die Packliste für eine aus Berlin gelieferte Guillotine. Im Wiener Landesgericht wurden in dieser Zeit mehr 1.000 Menschen durch das Fallbeil hingerichtet.

Regisseur Kurt Brazda begleitet die Sasso auf eine Zeitreise. Das Leben der jungen Widerstandskämpferin spielte sich hauptsächlich im 10. Wiener Bezirk ab, wo sie bis zu ihrem 16. Lebensjahr zur Schule ging. Sasso besucht das Haus, in dem sie mit ihren Eltern gewohnt hat, die Ecke Laxenburgerstrasse/Troststrasse, die als Übergabeort für Informationen für die Mitglieder der Widerstandsgruppe diente, die „Liesl“ (Landesgericht Wien) und den Wiener Zentralfriedhof.

„Das Denunzieren war das Schlimmste“

„Das Denunzieren war das Schlimmste“, sagt die heute 87-Jährige. Durch den Verrat eines in die Gruppe eingeschleusten Spitzels kam sie bereits mit 16 in Haft. Doch sie hielt den Schlägen der Gestapo stand und verriet keinen ihrer Mitstreiter. Zwei Jahre lang war sie inhaftiert und bekam mit, wie Freundinnen und Verwandte, einer nach dem anderen, hingerichtet wurden. Sie überlebte diese „Zeit ohne Gnade“, wie sie sagt, aufgrund ihrer Jugend.

Käthe Sasso bei dem Grab einer ihrer ermordeten Freundinnen. Mit Kameraleuten.

JFW

Käthe Sasso bei dem Grab einer ihrer ermordeten Freundinnen

Nach dem Krieg seien die Urteile gegen Gestapo-Leute sehr mild ausgefallen und meist seien sie vom Bundespräsidenten (Karl Renner) begnadigt worden, erzählt Sasso. Durch die fast emotionslosen, sachlichen Schilderungen ihrer Erlebnisse wird die Unfassbarkeit der Verfolgung durch die Nazi-Justitz besonders deutlich.

Mahnmal gegen den Faschismus

Ab 2001 setzte sich Sasso für eine würdige Gedenkstätte in der Gruppe 40 auf dem Wiener Zentralfriedhof ein - das Gelände sollte planiert und Platz für neue Gräber geschaffen werden. In den 1940er Jahren wurden dort die Hingerichteten verscharrt, meist ohne Grabstein. Hier liegen auch alle ihre Freundinnen. 2013 war ihr Ziel erreicht, die Gruppe 40 wurde zur Gedenkstätte und zum Mahnmal. Bis in die Gegenwart ermahnt Sasso als eine der letzten Zeitzeuginnen in Vorträgen und in Schulen die heutigen Jugendlichen „antifaschistisch zu bleiben“.

Der Film dokumentiert das Leben einer Frau, die von Kindheit an solidarisch mit anderen war. Menschlichkeit, Hilfsbereitschaft und das „Einer für den Anderen da sein“ habe sie von ihrer Großmutter Maika gelernt, erzählt Sasso über die „schönste Zeit“ ihrer Kindheit im Burgenland.

Nina Goldmann, religion.ORF.at

Heute, Mittwoch, 22. Oktober:

Fred Bondi. Glückskind
Nach einer langen Odyssee kehrt Fred Bondi mit 90 Jahren in seine Geburtsstadt Wien zurück. Im Film erinnert er sich an seine Kindheit und seine Jugendjahre, an den schwellenden Antisemitismus im Wien der 1920er und 1930er Jahre, an die Propaganda der Nationalsozialisten und an den vielerorts bejubelten Einmarsch Hitlers. Bondi erzählt von seiner Flucht und seinen Stationen des Exils. Dabei erteilt er keine Lektionen sondern regt vielmehr zum Nachdenken an. Sein Erlebnisbericht hinterlässt eine Spur in der Geschichte.
Dokumentarfilm, 89 Minuten, franz. mit dt. Ut
16.15 Uhr, DeFrance

Gatekeepers
Für seinen Film „Gatekeepers“ gelang es Regisseur Dror Moreh erstmals, sechs ehemalige israelische Geheimdienst-Chefs vor die Kamera zu bekommen, die in Gesprächen offen über ihre Zeit bei Schin Bet sprechen. Zu den Aufgaben von Schin Bet zählen Terrorismusbekämpfung, Spionageabwehr sowie Abwehr staatsfeindlicher Aktivitäten. Es ist eine der geheimsten Organisationen der israelischen Sicherheitskräfte. Die Schin Bet-Offiziere berichten über bedeutende Ereignisse ihrer Amtszeit und sprechen ungeschönt über den Zwiespalt, in dem sie sich auf Grund von Foltermethoden, Terror, Verhaftungen und Ermordungen befanden.
Dokumentarfilm, 101 Minuten, hebr. OF mit engl. Ut
18.15 Uhr, DeFrance
In Anwesenheit von Dror Moreh

Un Voyageur
Marcel Ophüls, ist einer der bedeutendsten Chronisten seiner Zeit. Der Sohn des großen Max Ophüls sorgte in den 1960er Jahren mit seinem Film „Das Haus nebenan – Chronik einer französischen Stadt im Kriege“ für Aufregung, da er das Thema Kollaboration und Widerstand während der deutschen Besatzung Frankreichs in neuem Licht erscheinen ließ. Für „Hotel Terminus“ (1988), in dem er über das Leben des Gestapo-Manns Klaus Barbie berichtet, erhielt Ophüls den Oscar. Nun legt der Grandseigneur des dokumentarischen Films seine filmischen Memoiren vor und fügt individuelle wie kollektive Erinnerungen zusammen zu einem Mosaik einer Epoche und seiner Filmgeschichte.
Dokumentarfilm, 106 Minuten, engl./franz. OF mit engl. Ut
20.15 Uhr, Votivkino
In Anwesenheit von Marcel Ophüls

Erschlagt mich, ich verrate nichts
Käthe Sasso ist eine der letzten noch lebenden Zeitzeuginnen, die vom Ende der ersten Republik und dem ungleichen Kampf gegen die Nationalsozialisten erzählen können. Schon während der Zeit des Austrofaschismus war sie im politischen Widerstand aktiv. Von einem Gestapo-Spitzel denunziert, wurde sie 1942 in Wien inhaftiert und später ins KZ deportiert. Regisseur Kurt Brazda begleitet die inzwischen 87-Jährige, wie sie ihren Erlebnissen auf Wiener Originalschauplätzen nachspürt und von ihrer Widerstandsgeschichte und den Jahren in der Haft erzählt. Viele aus der Widerstandsgruppe wurden hingerichtet. Ihren MitkämpferInnen und Käthe Sassos Vermächtnis setzt diese Dokumentation ein filmisches Andenken.
Dokumentarfilm, 80 Minuten, dt. OF.
20.30 Uhr, DeFrance
In Anwesenheit von Käthe Sasso und Regisseur Kurt Brazda