Kardinalsversammlung appelliert an muslimische Führer

Der Terror des sogenannten „Islamischen Staats“ (IS) muss nach Ansicht von Kardinal-Staatssekretär Pietro Parolin zu starken Reaktionen der islamischen Führer führen.

Parolin äußerte sich am Montag vor dem Konsistorium der Kardinäle und Patriarchen im Vatikan, bei dem Papst Franziskus den Vorsitz hatte. Die derzeitige Lage von Christen und anderen religiösen Minderheiten im Herrschaftsbereich des „Islamischen Staats“ sei „inakzeptabel“, sagte Parolin.

Kardinal-Staatssekretär Pietro Parolin

APA/EPA/CLAUDIO PERI

Kardinal-Staatssekretär Pietro Parolin

Die Terrorgruppe trete elementarste Menschenrechte mit den Füßen. Den muslimischen religiösen Führungspersönlichkeiten sollte es neben der Distanzierung von den Untaten des IS auch allgemein darum gehen, „das Töten von Menschen aus angeblichen religiösen Gründen und jede Art von Diskriminierung klar zu verurteilen“.

Konfliktlösung nur über Heiliges Land

Friede lasse sich im Nahen Osten allerdings nicht „unilateral“ herstellen, sondern nur mit einer „umfassenden regionalen Lösung“. Für eine „Stabilisierung der ganzen Region“ wäre ein Ende des israelisch-palästinensischen Konflikts „dringend nötig“, wobei jetzt entsprechende diplomatische Bemühungen forciert werden müssten. Auch der Iran sollte an einer Lösung für die Probleme im Nahen Osten beteiligt werden, so der Kardinal-Staatssekretär.

Mit den US-Luftschlägen auf Stellungen des „Islamischen Staats“ zeigte sich die „Nummer Zwei“ des Vatikan nicht ganz zufrieden. Der Makel sei, dass sich US-Präsident Barack Obama nicht um ein Mandat der Vereinten Nationen bemüht habe. Parolin betonte aber dass, es „legitim“ sei, den ungerechten Aggressor zu stoppen. Doch müsse auch hier das Völkerrecht eingehalten werden, wie auch Papst Franziskus gesagt habe.

Illegaler Erdölexport und Waffenlieferungen

Eine Lösung des Problems sei freilich militärisch nicht zu erwarten. Es müsse von den Ursachen ausgegangen werden. Die fundamentalistische Ideologie nutze die Gefühle jener, die sich als Verlierer sehen, aus, unterstrich der Kardinal-Staatssekretär.

Zudem müssten endlich alle Quellen ausgetrocknet werden, aus dem die Terrorgruppe „Islamischer Staat“ seine Terroraktivitäten speise - wobei Parolin den illegalen Erdölexport und die Lieferung von Waffen und Technik als Beispiele nannte.

Humanitäres Drama angehen

Zum Exodus von Christen aus dem Nahen Osten meinte Parolin vorsichtig, das sei „ein komplexes Problem“. Wer einen Verbleib der Christen in der Region wolle, der müsse auch dafür sorgen, dass sie dort „adäquate Lebens-, Sicherheits- und Arbeitsbedingungen sowie Zukunftsperspektiven“ vorfinden.

Die Kirche könne angesichts dieser Herausforderungen - und besonders „angesichts der Verfolgungen der Kinder und so vieler schuldloser Menschen“ - nicht schweigen, so der Kardinal-Staatssekretär. Immer dringender sei es, das „herzzerreißende humanitäre Drama“ im Nahen Osten anzugehen, wie etwa in Syrien, wo bereits die Hälfte der Bevölkerung auf humanitäre Hilfe angewiesen sei - „um erst gar nicht vom Drama der Flüchtlinge zu sprechen, die man nach Millionen zählt“.

Die Christen in der Region sollten nicht der Versuchung nachgeben, sich von politischen oder militärischen Kräften beschützen zu lassen. „Vielmehr sollten sie einen Beitrag zur Entwicklung ihrer Gesellschaften leisten, damit diese in Richtung Moderne, Demokratie, Rechtsstaat und Pluralismus gehen“, so Parolin.

religion.ORF.at/KAP

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