Appell gegen „Klerikalisierung Polens“ spaltet Politiker

Eine Gruppe polnischer Hochschulprofessoren hat einen offenen Brief an die Regierung gegen die „Klerikalisierung des Staates“ gerichtet. Die polnischen Politiker sind in der Beurteilung der Initiative gespalten.

Aus Sicht der Unterzeichner sind polnische Behörden übermäßig unterwürfig gegenüber finanziellen, pädagogischen und legislativen Forderungen der katholischen Kirche. Sie verweisen auf angebliche kirchliche Versuche des Blockierens von Gesetzgebungsinitiativen zu heiklen Rechts- und Sozialfragen wie eingetragene Partnerschaften, Gewalt in der Familie und künstliche Befruchtung.

Kritik an staatlichen Feiern

In dem Brief wird auch das demonstrative Exponieren religiöser Symbole in öffentlichen Einrichtungen kritisiert. Manchmal hätten staatliche Feierlichkeiten in erster Linie religiösen Charakter und die Behörden seien nur ein Zusatz zu Vertretern der Kirche, die als echte Gastgeber fungierten. Die Unterzeichner sind der Meinung, dass dies zur Degradierung des Staates und Verminderung seines Prestiges auf nationaler und internationaler Ebene führe.

Man wolle das Recht der katholischen Kirche, eine eigene Meinung vor allem zu moralischen Themen zu haben und für deren Implementierung innerhalb der Grenzen des Rechts zu kämpfen, nicht infrage, heißt es in dem Brief. Gleichzeitig aber wird betont, dass die Behörden nicht „verpflichtet“ seien, diese Postulate immer zu akzeptieren und zu verwirklichen. Der Brief ruft zur strengen Einhaltung des in der Verfassung verankerten Prinzips der weltanschaulichen Neutralität des Staates auf.

Unterstützung von links

Den Appell begrüßten vor allem linksorientierten Politiker. Barbara Nowacka von der linksliberalen Partei Deine Bewegung (TR) bezeichnete den Brief im Gespräch mit der „Gazeta Wyborcza“ (Donnerstag-Ausgabe) als „notwendig“. Ihrer Meinung nach sei in Polen die Trennung des Heiligen und des Profanen manchmal fraglich.

Als Beispiel für zu weit gehende Einflüsse der Kirche nannte sie die Blockade der Ratifizierung der Konvention zur Bekämpfung der Gewalt gegen Frauen im Parlament. Mit der Hauptthese des Briefes, dass der Staat klerikalisiert werde, ist auch Krystyna Lybacka, Abgeordnete des Bündnisses der Demokratischen Linken (SLD), einverstanden. Sie ist der Auffassung, dass der Appell umso wertvoller sei, weil er von sehr bedeutenden Namen in der Welt der Wissenschaft mit hoher Autorität unterzeichnet wurde.

Ablehnung von Konservativen

Abgelehnt wird der Appell indes vom EU-Abgeordneten der rechtskonservativen Oppositionspartei PiS (Recht und Gerechtigkeit), Ryszard Czarnecki. Seiner Meinung nach sehen die Unterzeichner die Bedrohungen für den polnischen Staat völlig falsch. Für Czarnecki gibt es in Polen kein Problem des übermäßigen Einflusses der Kirche auf das politische Leben. Er wies außerdem gegenüber der „Gazeta Wyborcza“ darauf hin, dass sich sowohl Ex-Premier Donald Tusk als auch die aktuelle Ministerpräsidentin Ewa Kopacz von der rechtsliberalen Bürgerplattform (PO) sehr kritisch gegenüber der Kirche aussprechen.

religion.ORF.at/APA