Franziskus: „Für manche ist der Papst ein Kommunist“

„Land, Arbeit, ein eigenes Heim - seltsam, wenn ich darüber spreche, ist der Papst für manche ein Kommunist“, sagte Franziskus am Dienstag bei einem Treffen mit Boliviens Präsidenten Evo Morales.

In einer langen Rede verurteilte er im Rahmen des Treffens im Vatikan außerdem „heuchlerische“ Initiativen, die den Armen Hilfe nur vorgaukelten, sie aber in Wirklichkeit ruhigstellen sollten. Bei der Zusammenkunft mit dem Linkspopulisten handelte es sich laut Vatikan um ein „privates und informelles“ Treffen.

Es sei nicht wie üblich über die diplomatischen Kanäle organisiert worden, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi laut Kathpress. Papst Franziskus drücke damit seine Liebe und Nähe zum bolivianischen Volk und der Kirche des Landes aus. Zudem wolle er zur Verbesserung des Verhältnisses zwischen Staat und katholischer Kirche beitragen.

Treffen von „Volksbewegungen“ in Rom

Morales nimmt seit Montag in Rom am Kongress von Vertretern sozialer Basisorganisationen in der La-Sapienza-Universität teil. Das Welttreffen war von Franziskus angeregt worden. Die Mitglieder der „Volksbewegungen“ - darunter Landlose und Indigene - kamen aus vielen verschiedenen Staaten, die meisten aus Lateinamerika. Franziskus empfing die Bewegungen am Dienstag im Vatikan und prangerte in seiner auf Spanisch gehaltenen Ansprache vor Kleinbauern und Landlosen aus der ganzen Welt Armut und ungerechte Güterverteilung in Entwicklungsgebieten an.

Papst Franziskus mit Boliviens Präsidenten Evo Morales

AP/L'Osservatore Romano

Papst Franziskus mit dem bolivianischen Präsidenten Evo Morales

Die Herrschaft des Geldes habe dazu geführt, dass die Reichtümer der Erde heute in den Händen weniger konzentriert seien, so der Papst weiter. Er ermutigte die Basisorganisationen, sich gegen soziale Ungerechtigkeit aufzulehnen und die strukturellen Ursachen der weltweiten Armut nicht einfach hinzunehmen.

„Macht weiter mit eurem Kampf!“

„Macht weiter mit eurem Kampf, damit tut ihr allen Gutes“, sagte Franziskus wörtlich. Die Ausgebeuteten und Betrogenen dürften nicht einfach passiv auf Hilfe von außen warten, etwa von Nichtregierungsorganisationen.

Franziskus warnte aber auch vor ideologischen Irrwegen, denen er die Soziallehre der katholischen Kirche gegenüberstellte. Sie gehe davon aus, dass die Liebe zu den Armen im Zentrum des Evangeliums stehe. Diese sollten selbst Gestalter ihres Lebens sein, sich organisieren und solidarisch für die Verbesserung ihrer Lebensumstände kämpfen, weil der Rest der Gesellschaft sie häufig vergesse.

„Scheinstrategien“ und „Heuchler“

Die Teilnehmer in der Großen Audienzhalle rief er dazu auf, sich nicht von Scheinstrategien blenden zu lassen, die Armut nur eindämmten, um die betroffenen Massen ruhigzustellen. Oft versteckten sich hinter Maßnahmen gegen die Armut lediglich egoistische Interessen. Deren Initiatoren seien nach einem Wort Jesu nur als Heuchler zu bezeichnen. „Sagen wir es gemeinsam aus tiefster Überzeugung“, so der Papst zu den Aktivisten: „Keine Familie ohne Dach über dem Kopf, kein Bauer ohne Land, kein Arbeiter ohne Rechte, kein Mensch ohne die Würde der Arbeit.“

Das vom päpstlichen Friedensrat organisierte Welttreffen der Volksbewegungen dauert seit Montag und endet am Mittwoch. Neben den Themen Landlosigkeit und bäuerliche Armut geht es dabei auch um andere prekären Arbeitsverhältnissen, Migranten und die Ausbeutung von Jugendlichen in Entwicklungsländern. Der linksgerichtete bolivianische Präsident Evo Morales ist einer der Hauptredner.

religion.ORF.at/APA/KAP