Tempelberg: Heiligtum zweier Religionen

Der Tempelberg ist ein Hügel mit einem künstlich angelegten Plateau mitten in der Altstadt von Jerusalem. Der Ort ist Juden und Muslimen gleichermaßen heilig, doch nur Muslimen ist das Gebet dort erlaubt.

Den zum Teil künstlich aufgeschütteten Hügel in der Südostecke der Jerusalemer Altstadt nennen die Juden Tempelberg und die Muslime „Das edle Heiligtum“ (Haram al-Scharif). Die muslimischen Stätten auf dem Felsplateau werden von der muslimischen Wakf-Stiftung verwaltet. Bis zur Zerstörung durch die römische Armee im Jahr 70 stand dort der Zweite Jüdische Tempel, das Zentralheiligtum des Judentums, davor der Salomonische Tempel.

Blick auf den Tempelberg, rechts die Klagemauer

Reuters/Ronen Zvulun

Blick Richtung Tempelberg, rechts die Klagemauer

Heute stehen auf der rechteckigen Hochfläche die Al-Aksa-Moschee und der Felsendom, der Prophet Mohammed soll von dort seine Himmelfahrt angetreten haben. Der Felsendom, der älteste bestehende Sakralbau des Islam, wurde Ende des siebten Jahrhunderts an dieser Stelle errichtet. An die nächtliche Reise Mohammeds (al-Isra) spielt auch der Name der im achten Jahrhundert errichteten Al-Aksa-Moschee („fernste Moschee“) an.

Drittheiligste Stätte im Islam

Für den Islam ist es nach Mekka und Medina die drittheiligste Stätte. Im Zentrum des Felsendoms steht ein Felsen, der auch in der jüdischen Tradition den „Mittelpunkt der Welt“ bildet. An dieser Stelle soll Abraham, Stammvater des Volkes Israel, seinen Sohn Isaak fast geopfert haben. Im Islam, in dessen Version nicht Isaak, sondern Abrahams älterer (unehelicher) Sohn Ismael geopfert werden soll, ist diese Verknüpfung des Steins mit der Opfergeschichte nicht bekannt.

Muslimische Frauen beten in der Felsenmoschee am Tempelberg in Jerusalem

APA/Roland Schlager

Muslimische Frauen beim Gebet in der Felsenmoschee

Für gläubige Juden verboten

Im Westen wird das Areal von der Klagemauer, einer wichtigen Gebetsstätte, begrenzt. Wahrscheinlich stand an der Stelle des Felsendoms einst das Allerheiligste des jüdischen Tempels, jenes innere Heiligtum, das selbst der Hohepriester nur an einem Tag im Jahr, zum Versöhnungsfest Jom Kippur, betreten durfte.

Hier war nach jüdischem Glauben sogar Gott selbst gegenwärtig. Das ist auch der Grund, warum das israelische Oberrabbinat Juden die Betretung des Tempelberg-Plateaus „wegen der Heiligkeit des Ortes“ überhaupt verbietet: Sie könnten dort an Stellen geraten, die zur Zeit des Tempels nur den Priestern vorbehalten waren. Darauf weisen Schilder am einzigen Touristeneingang neben der Klagemauer hin.

Radikale jüdische Aktivisten und Politiker unternehmen allerdings immer wieder Versuche, den Tempelberg zu betreten und dort zu beten. Offenes Ziel dieser Gruppen ist die Wiedererrichtung des Jerusalemer Tempels - was natürlich die Zerstörung der islamischen Gebetsstätten erforderlich machen würde. Deshalb werden Besuche jüdischer Aktivisten auf dem Tempelberg von Muslimen als Provokation gewertet - oftmals mit blutigen Konsequenzen. Die israelische Regierung hat wiederholt betont, dass eine Statusänderung auf dem Plateau nicht beabsichtigt sei.

religion.ORF.at

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