Kirchenhistoriker befürchtet „Gegenpapst“ Benedikt

Der in Münster lehrende Kirchenhistoriker Hubert Wolf plädiert für eine eindeutigere Unterscheidung zwischen Papst und „Papst emeritus“. Andernfalls könnte es zu einem „Gegenpapst“ kommen, warnte Wolf.

Es gebe „seit längerem“ Befürchtungen, „um Franziskus und Benedikt XVI. könnten zwei konkurrierende Machtzentren an der Kurie entstehen, mit Papst und Gegenpapst an ihrer Spitze“, schreibt der Theologe in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (Donnerstag-Ausgabe).

Dabei könnte eine Orientierung an kirchengeschichtlichen Vorbildern „alle möglichen Missverständnisse“ und „jede Rede von einem Gegenpapst“ vermeiden, so Wolf: Als Papst Gregor XII. (Angelo Correr) im Jahr 1415 zurücktrat, sei er wieder Mitglied im Kardinalskollegium geworden und habe die weißen Papstgewänder gegen den Kardinalspurpur getauscht.

Der emeritierte Papst Benedikt XVI wird herzlich von seinem Nachfolger Franziskus empfangen

APA/EPA/MAURIZIO BRAMBATTI

Franziskus und Benedikt XVI.: Papst und Gegenpapst?

„Eminenz“ statt „Heiligkeit“

Correr sei nach dem Konzil 1415 auch nicht mehr mit „Heiligkeit“ angesprochen worden, so Wolf weiter. Er sei wie die Kardinäle mit „Eminenz“ angesprochen worden. Der entsprechende Titel, so der Wissenschaftler, könnte statt „emeritierter Papst“ passender „emeritierter Kardinalbischof“ lauten. Damit, so argumentiert der Kirchenhistoriker, seien im Falle Gregors XII. „alle Missverständnisse im Hinblick auf seinen Status ausgeräumt“ gewesen: „Er hatte das Petrusamt abgelegt und war zurück ins Glied des Kardinalskollegiums getreten.“

Dieses Modell sei beim Rücktritt des bisher letzten Gegenpapstes, Felix V. im Jahr 1449, „noch einmal erfolgreich praktiziert“ worden. Der „Amtszeit und Amtstätigkeit Benedikts XVI. als Papst“ würde ein ähnliches Vorgehen laut Wolf „genauso wenig Abbruch“ tun wie der von Gregor XII.

Momentan sorgt der in diesen Tagen erscheinende vierte Band der Gesammelten Werke Joseph Ratzingers für Diskussionen. Darin hat er entscheidende Passagen in einem Text zu wiederverheirateten Geschiedenen verändert, der ursprünglich aus dem Jahr 1972 stammt. Mit dieser Veröffentlichung, schreibt Wolf, positioniere sich der frühere Papst „eindeutig in der aktuellen Debatte, was eigentlich nicht dem Anspruch entspricht, sich aus der Öffentlichkeit herauszuhalten“.

religion.ORF.at/KAP

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