Jesuit: Franz von Assisi als „moderner Kunstperformer“

Die Kirche kann die moderne Kunst für die Spiritualität fruchtbar machen, sofern sie diese nicht vereinnahmt, hat der Jesuit und Künstlerseelsorger Gustav Schörghofer am Mittwoch bei der Herbsttagung der Orden erklärt.

Auch Klöster könnten von der Kunst des 20. Jahrhunderts profitieren, sofern jemand aus der Ordensgemeinschaft die „extrem wichtige“ Vermittlungsaufgabe übernehme - für die freilich eine Portion psychische und spirituelle Standfestigkeit sowie auch Ausdauer nötig sei, wie Schörghofer darlegte.

Gustav Schörghofer

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Gustav Schörghofer

Kunst zur Wandlung, Vertiefung und Läuterung

Statt auf Ästhetik abzuzielen, beinhaltet die Kunst des 20. Jahrhunderts laut dem Jesuitenpater vier markante Tendenzen - mit Anknüpfungspunkten für die Seelsorge: „Sie wendet sich dem Kleinen und Unscheinbaren zu, dem Abfall, dem Schmerz und der Stille.“ Auch in kirchlichen Einrichtungen könne Kunst somit zu einer Wandlung, Vertiefung und Läuterung beitragen - „wenn sie diesen Platz bekommt, kann sie ihre Wirkung entfalten, und Wunderbares entsteht“, so Schörghofer.

Als ein Beispiel für Stille-Funktion der modernen Kunst nannte Schörghofer die monochrome Malerei der Künstlerin Barbara Eichhorn, die derzeit in der Wiener Konzilsgedächtniskirche, wo der Vortrag stattfand, mit Bleistift und verbundenen Augen die Mauer hinter dem Altar gestaltet.

Die anwesende Künstlerin bezeichnete ihre vierwöchige Tätigkeit des Striche-Zeichnens als „Medium“, um Intensität und Konzentration zu bündeln und dabei Konzentration und Präsenz in der Kirche aufrecht zu erhalten. „Ich bin wach und sammle“, so ihre Tätigkeitsbeschreibung.

Chancen moderner Kunst im Umfeld der Orden

Moderne Kunst entwickle besonders dort ihre Chancen, „wo Neues beginnt, wo Unerhörtes gewagt wird und eigene Aufbrüche und Ursprünge neu entdeckt werden“, erklärte Schörghofer. Bei manchen Orden würden sich hier Zusammenhänge geradezu aufdrängen: „Etwa bei den Zisterziensern mit ihrer Abkehr von allem Illustrativen, bei der Radikalität der Stille im Karthäuser- oder Trappistenorden, der Zuwendung zum ‚Müll der Gesellschaft‘ vieler sozial tätigen Orden des 19. Jahrhunderts oder dem von Denken geformten sprachlichen Ausdruck der Dominikaner“, so der Künstlerseelsorger.

Als „modernen Kunstperformer schlechthin“ würdigte Schörghofer den heiligen Franz von Assisi: Der Ordensgründer aus dem 13. Jahrhundert habe auf einem Ast Violine gespielt, den Vögeln gepredigt und sei laut seinen Biografen nackt auf der Erde gestorben.

religion.ORF.at/KAP