D: Katholische Kirche gibt Gewerkschaften mehr Rechte

Gewerkschaften sollen in katholischen Einrichtungen künftig mehr zu sagen haben. Die Deutsche Bischofskonferenz beschloss nach eigenen Angaben vom Mittwoch eine entsprechende Änderung ihres Arbeitsrechts.

Die Deutsche Bischofskonferenz reagierte damit auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts von 2012. Insgesamt sind etwa 700 000 Arbeitnehmer, etwa in Krankenhäusern, Altenheimen, Schulen und Kindergärten betroffen.

Das Gericht hatte damals entschieden, dass die Kirchen die Gewerkschaften einbinden müssen, auch wenn sie bei der Aushandlung von Tarifen und Arbeitsbedingungen einen Sonderweg - den sogenannten Dritten Weg - beschreiten. Diesem Modell liegt das kirchliche Selbstverständnis zugrunde, wonach Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Umgang miteinander auf Konsens statt auf Konfrontation setzen sollten.

Gewerkschaften werden organisatorisch eingebunden

Neu ist nun, dass die Gewerkschaften organisatorisch in das Verfahren des Dritten Weges eingebunden werden. Sie können sich künftig direkt an den Verhandlungen über die kirchlichen Tarife beteiligen. Sie können eigene Vertreter entsenden, die auch nicht im kirchlichen Dienst stehen müssen, also zum Beispiel hauptamtliche Gewerkschaftsvertreter sein können. Allerdings sind Streiks als Druckmittel weiterhin nicht zulässig. Am Ende steht vielmehr eine Zwangsschlichtung.

Ein Sprecher der Gewerkschaft Verdi verwies in Berlin auf eine derzeit anhängige Klage beim Bundesverfassungsgericht, mit der Verdi ein Streikrecht auch in kirchlichen Einrichtungen erstreiten will. Mit Blick darauf wolle man sich zu den Beschlüssen der Bischöfe derzeit nicht äußern.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatte bereits im vergangenen Jahr ein neues Arbeitsrecht für Kirchen- und Diakoniebeschäftigte beschlossen, das Gewerkschaften mehr Mitwirkungsrechte einräumt. Danach sind die Gewerkschaften dort künftig an Tarifverhandlungen beteiligt, statt Streikrecht greift jedoch auch hier eine Schlichtungsregelung. Verdi hatte dies als vollkommen unzureichend kritisiert.

Die Situation in Österreich

Im Gespräch mit religion.ORF.at erläutert Dr. Paul Wuthe, Presseprecher der österreichischen Bischofskonferenz, die Situation in Österreich. Die Einflussmöglichkeit der Gewerkschaften erstreckt sich auf Diözesen mit eigenem Kollektiv-Vertrag, etwa in Linz. Die Lohnverhandlungen erfolgen in Österreich direkt zwischen Betriebsrat und der jeweiligen Diözesanleitung. Dass Betriebsräte häufig auch Gewerkschaftsmitglieder sind, ist anzunehmen.

Kirchliche Arbeitgeber in Österreich unterliegen dem Tendenzschutz, der aber keinen Ausschluss vom Arbeitsrecht darstellt. Unter Tendenzschutz ist zu verstehen, dass von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine besondere Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber erwartet werden kann.

Anders als in Deutschland, wäre etwa eine Kündigung von wiederverheirateten geschiedenen Mitarbeitern, jedoch nicht ohne weiteres möglich sondern müsste letztlich von einem Arbeitsgericht entschieden werden. Dabei würde etwa in Betracht gezogen werden, ob die jeweilige Person im Bereich der Verkündung des Glaubens, zum Beispiel im Religionsunterricht tätig ist, oder nicht so Dr. Paul Wuthe von der österreichischen Bischofskonferenz.

religion.ORF.at/dpa

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