Papst und Patriarch: „Gemeinsam für Frieden eintreten“

Papst Franziskus und Patriarch Bartholomaios I. wollen gemeinsam gegen Krieg und Konflikte in der Welt vorgehen. Am letzten Tag seiner Türkeireise traf der Papst auch den türkischen Oberrabbiner und Flüchtlinge.

Zum Auftakt des letzten Tages seiner Türkei-Reise ist Papst Franziskus mit dem türkischen Großrabbiner Ishak Haleva zusammengekommen. Die beiden Männer trafen sich am Sonntagmorgen in Istanbul. Auch Papst Benedikt XVI. war bei seinem Besuch in der Türkei 2006 dem jüdischen Oberrabbiner begegnet.

Anschließend machte sich Franziskus auf den Weg zur Kirche St. Georg des orthodoxen Patriarchats in Istanbul, um dort mit Patriarch Bartholomaios I. das Fest des Apostels Andreas zu feiern.

Franziskus und Bartholomaios wollen angesichts der zahlreichen Krisen in der Welt gemeinsam für Frieden eintreten. „Die Stimme der Opfer der Konflikte drängt uns, zügig auf dem Weg der Versöhnung und Gemeinschaft zwischen Katholiken und Orthodoxen weiterzugehen“, sagte der Papst in seiner Ansprache bei der Feier des Andreasfests. Der Patriarch ergänzte: „Wir können uns den Luxus eines isolierten Handelns nicht mehr leisten.“

Die morgenländische und die abendländische Kirche sind seit dem Schisma (Kirchenspaltung) von 1054 getrennt. Das Andreasfest wird mit einem orthodoxen Gottesdienst zum Festtag des Apostels Andreas begangen, auf den das Patriarchat zurückgeht.

„Den gemeinsamen Glauben bekennen“

Die beiden Kirchenführer bekräftigten den Willen, die seit fast 1000 Jahren andauernde Kirchenspaltung zu überwinden. Franziskus und Bartholomaios I. hatten sich während der dreitägigen Türkei-Reise des Papstes mehrmals getroffen.

Der Papst betonte in seiner Ansprache die Wichtigkeit der „vollen Gemeinschaft“. Die katholische Kirche lege für „das ersehnte Ziel der vollen Einheit“ keine andere Forderung auf, als die, den gemeinsamen Glauben zu bekennen.

Friedenskuss zwischen Kirchenoberhäuptern

Franziskus, der als vierter Papst zum orthodoxen Andreasfest nach Istanbul gereist ist, verfolgte den Gottesdienst in der Georgskirche still und mit nachdenklichem Gesicht. Er tauschte mit Bartholomaios, mit dem er seit seinem Amtsantritt bereits mehrmals zusammengekommen ist, den Friedenskuss aus.

„Eure Heiligkeit, wir sind schon auf dem Weg zur vollen Gemeinschaft und können schon deutliche Zeichen einer echten, wenn auch noch teilweisen Einheit leben. Das stärkt und unterstützt uns, auf diesem Weg weiter zu schreiten“, erklärte der Papst. Der Patriarch würdigte Franziskus als „Verkünder der Liebe, des Friedens und der Versöhnung“.

Gemeinsame Erklärung von Papst und Patriarch

Papst Franziskus und der orthodoxe Patriarch Bartholomaios I. haben in einer gemeinsamen Erklärung ihren Willen zur Überwindung der Kirchenspaltung bekräftigt. Zudem betonten sie, gemeinsam mit anderen Religionen wie dem Islam gegen Kriege und Konflikte in der Welt vorgehen zu wollen.

Papst Franziskus und der orthodoxe Patriarch Bartholomäus I. beim Unterschreiben der gemeinsamen Erklärung

REUTERS/Filippo Monteforte/Pool

Papst Franziskus und der orthodoxe Patriarch Bartholomaios I. beim Unterschreiben der gemeinsamen Erklärung

„Wir sind vereint in dem Wunsch nach Frieden und Stabilität“, heißt es in dem Text, den die beiden Männer nach der Feier des orthodoxen Andreasfests am Sonntag unterzeichneten. Gerade wegen der schlimmen Situation in der Welt sei es wichtig, einen konstruktiven Dialog mit dem Islam zu fördern, der auf gegenseitiger Achtung und Freundschaft gründe.

Papst spricht Kriegsflüchtlingen Mut zu

Papst Franziskus hat zum Abschluss seiner Türkeireise jungen Flüchtlingen aus Kriegsgebieten wie Syrien und dem Irak Mut zugesprochen. Zugleich appellierte er bei dem Treffen am Sonntag in der Heilig-Geist-Kathedrale in Istanbul an die internationale Gemeinschaft, gemeinsam verstärkt gegen die Ursachen von Flucht und Vertreibung vorzugehen.

„Ich rufe dringend zu einer größeren internationalen Übereinstimmung auf zu dem Zweck, die Konflikte zu lösen, die eure Herkunftsländer mit Blut beflecken, den anderen Ursachen entgegenzuwirken, die die Menschen dazu drängen, ihre Heimat zu verlassen, und die Bedingungen zu fördern, die ihnen ermöglichen, zu bleiben oder zurückzukehren.“ Oft müssten Flüchtlinge unter unerträglichen Bedingungen leben.

„An die politischen Führer wende ich mich, damit sie berücksichtigen, dass die große Mehrheit ihrer Bevölkerungen sich nach Frieden sehnt, auch wenn sie manchmal nicht mehr die Kraft und die Stimme hat, ihn zu fordern!“, betonte der Papst.

Dank an die Verantwortlichen für Flüchtlingsbetreuung

Den türkischen Verantwortlichen dankte der Papst für ihre Bemühungen um irakische und syrische Flüchtlinge. „Ich wünsche mir, dass die nötige Unterstützung auch seitens der internationalen Gemeinschaft nicht fehlt“, appellierte der Papst.

Die Kirche werde weiter an der Seite der Flüchtlinge stehen und deren Anliegen vor der Welt vertreten. Nach dem Treffen mit den Flüchtlingen hat Papst Franziskus seinen Türkei-Besuch beendet und die Rückreise nach Rom angetreten. Er flog am späten Sonntagnachmittag vom Istanbuler Flughafen Atatürk ab.

religion.ORF.at/KAP/APA/dpa

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