Türkische Presse: Positives Echo auf Papst-Besuch

Schlagzeilen wie „Friedensbündnis“ und „Hoffnung für die Welt“ sind ebenso vertreten wie Kommentare über das „bescheidene“ Fahrzeug, das der Papst als Limousine für Istanbul gewählt hatte.

Die Aufrufe von Papst Franziskus und Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan zu einem Dialog zwischen den Religionen und zu einem gemeinsamen Vorgehen gegen Extremismus bestimmten am Samstag die Titelseiten der türkischen Zeitungen. „Lass uns gemeinsam kämpfen“, lautete die Schlagzeile der Zeitung „Vatan“, wie die ökumenische Stiftung Pro Oriente aus Ankara berichtet.

Auch das Fahrzeug, mit dem sich der Papst durch Istanbul bewegte, erregte das Interesse der Zeitungen. Die Fahrzeuge der türkischen Sicherheitsleute, die den kleineren Wagen des Papstes in Istanbul umringten, seien wesentlich teurer als das Fahrzeug, in dem der Papst chauffiert wurde, merkt die Boulevardzeitung „Posta“ an.

Die Begleitfahrzeuge sind wesentlich größer und teurer, als das Auto in dem der Papst sitzt

REUTERS/Umit Bektas

Das kleine Fahrzeug des Papstes, inmitten der Wägen der Sicherheitsleute, sorgte bei den Medien für Schlagzeilen

„Friedensbündnis" und "Hoffnung für unsere Welt“

„Friedensbündnis“, titelte das Blatt „Star“. Das Bild des gemeinsamen Auftritts von Papst und Erdogan „gibt Hoffnung für unsere Welt“, hieß es in der regierungsfreundlichen Zeitung „Sabah“. Die ebenfalls regierungsnahe Zeitung „Aksam“ hob hervor, dass der Papst die Bemühungen der Türkei bei der Versorgung syrischer Bürgerkriegsflüchtlinge gelobt habe: „Gott schütze die Türkei“, lautete die Schlagzeile.

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Papst in der Türkei: Dialog und ökumenische Signale

Die AKP-nahe Zeitung „Yeni Safak“ strich heraus, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan im Beisein des Papstes auf die Gefahr der Islamfeindlichkeit im Westen hingewiesen habe. Erdogan habe dem Papst als Geschenk den auf Silber geprägten Text eines Erlasses („firman“) des osmanischen Sultans Mehmet II. aus dem 15. Jahrhundert überreicht; in dem der Sultan den Christen in Bosnien volle Religionsfreiheit zusicherte.

Leise Kritik an Papst Franziskus

Die gegenüber Erdogan kritisch eingestellte „Hürriyet“ interpretierte dessen Hinweis darauf, dass Staatsstreiche in einigen Ländern von der Welt toleriert würden, als eine leise Kritik an Papst Franziskus. Der Papst hatte vor wenigen Tagen den ägyptischen Staatschef Abdel Fattah al-Sisi getroffen. Wie „Hürriyet“ wertete auch die regierungskritische „Cumhuriyet“ die Anspielung Erdogans auf Al-Sisi als versteckte Kritik am Papst.

Ein enger Berater des türkischen Präsidenten bescheinigte Franziskus einen „ernsthaften Willen zur Verständigung“ zwischen den Religionen. Der Papst lege Bereitschaft an den Tag, das Ziel einer Verständigung zwischen Christen und Muslimen zu erreichen, schrieb Ibrahim Kalin in einer Kolumne für die regierungsnahe englischsprachige Zeitung „Daily Sabah“ vom Samstag. Muslime und Christen sollten sich gemeinsam gegen Gewalt im Namen des Islam und gegen die Islamfeindlichkeit im Westen wenden.

Würdigung von Patriarch Bartholomaios I.

Kalin würdigte auch die Rolle des orthodoxen Patriarchen Bartholomaios I. Der Erdogan-Berater bezeichnete diesen ausdrücklich als „das geistliche Oberhaupt von 300 Millionen orthodoxen Christen“ in der Welt. Diese Rolle als Ökumenischer Patriarch wurde vom türkischen Staat bisher nicht anerkannt; offiziell gilt er lediglich als Oberhaupt der griechisch-orthodoxen Christen in der Türkei.

Der regierungskritische Anwalt und Kolumnist Orhan Kemal Cengiz rief Ankara auf, nicht nur dem Papst den nötigen Respekt zukommen zu lassen, sondern auch dem Patriarchen. Die bisherige Missachtung des Oberhaupts der Weltorthodoxie entspringe einer Furcht des türkischen Staates vor religiösen Minderheiten, schrieb Cengiz in der Zeitung „Bugün“.

Gebet in Blauer Moschee im Fokus türkischer Medien

Die Momente der Andacht von Papst Franziskus in der Blauen Moschee von Istanbul haben am Sonntag die Berichterstattung der türkischen Presse über den Papstbesuch geprägt. Viele Zeitungen druckten Bilder des betenden Papstes in der Moschee auf der Titelseite ab. Einige Blätter gingen auf die Diskussion ein, ob es sich beim Innehalten von Franziskus in dem muslimischen Gotteshaus um ein echtes Gebet handelte oder nicht.

„Das Gebetsrätsel des Papstes“, titelte die bürgerliche Zeitung „Milliyet“ in Anspielung auf die Erklärung des Vatikan, der Papst habe in einem Moment der stillen Anbetung verharrt. Dagegen habe der Istanbuler Mufti Rahmi Yaran von einem Gebet gesprochen. Andere Blätter mutmaßten, Franziskus und Yaran hätten gemeinsam für den Frieden in Nahost gebetet.

Respektvolles Verhalten des Papstes

Mehrere Zeitungen würdigten das respektvolle Verhalten des Papstes in der Blauen Moschee. „Hürriyet“ berichtete, Franziskus habe seinen Besuch in der Blauen Moschee eigens vorgezogen, um das Mittagsgebet der Muslime nicht zu stören. In der regierungsnahen „Türkiye“ hieß es, der Papst habe Mufti Yaran ausdrücklich um die Erlaubnis gebeten, in der Moschee beten zu dürfen.

Die Begegnung des Papstes mit dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. war ebenfalls Thema. Die beiden Kirchenmänner hätten sich in Istanbul umarmt, berichtete die regierungsnahe Zeitung „Star“. In der regierungskritischen „Bugün“ war von einem „historischen Treffen“ von Papst und Patriarch die Rede. Die ebenfalls regierungskritische „Taraf“ strich heraus, dass der Papst vor allem auf Einladung von Bartholomaios I. in die Türkei gekommen sei.

religion.ORF.at/APA

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