Ungarns Bischöfe fordern Mitsprache bei Kirchengesetz

Die Reparatur des vom Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) beanstandeten Kirchengesetzes spaltet die Budapester Orban-Regierung und die ungarische Bischofskonferenz. Mehr Mitsprache der Kirchen wird gefordert.

Primas Kardinal Peter Erdö, der Vorsitzende der Ungarischen Bischofskonferenz (MKPK), hält den von Justizminister Laszlo Trocsanyi (Fidesz) gewählten Weg einer Anlehnung an deutsche Länder-Regelungen, aber unter weitgehendem Ausschluss der Kirchen selbst aus der Diskussion, für nicht akzeptabel. Erdö äußerte sich bei einer Pressekonferenz am Freitag zum Abschluss der turnusmäßigen Wintersession der MKPK.

Der Esztergomer Erzbischof warnte die Regierung, eine völlig neue Rechtsstruktur einführen zu wollen. Das würde zu einem Durcheinander führen. Es sei klar, dass das gegenwärtige Kirchengesetz wegen der Straßburger Gerichtsurteile novelliert werden müsse, aber es dürfe nicht zur Errichtung einer völlig neuen Struktur führen.

Beeinträchtigung der Religionsfreiheit

Straßburg hatte das vor zwei Jahren verabschiedete Kirchengesetz beeinsprucht, weil einigen kleineren Kirchen- und Religionsgemeinschaften der kirchliche Status aberkannt wurde. Dies führte wiederum zur Beeinträchtigung ihrer Rechte bei der Religions- und Versammlungsfreiheit.

Der Kardinalprimas erwähnte bei der Pressekonferenz das Treffen der Vertreter der historischen Kirchen in Ungarn mit dem für Kirchen zuständigen Minister Zoltan Balog (Fidesz) am 20. November. Dort habe man erfahren, dass die Regierung ein neues Gesetz über Religionsfreiheit und Kirchen plane. Etwa anderthalb bis zwei Monaten früher hätten sich Vertreter der ungarischen Regierung „bei deutschen staatlichen Stellen“ nach den dortigen Regelungen zwischen Staat und Kirchen erkundigt. Die deutschen Partner wiederum hätten - so Erdö - die Ungarn darauf aufmerksam gemacht, auch Vertreter der Kirchen in den Denkprozess einzubeziehen.

Kirchenfinanzierung

Dennoch sei es erst viel später und erst nach Beginn der Ausarbeitung des neuen Gesetzes zu einer Begegnung mit Justizminister Trocsanyi gekommen, kritisierte Erdö. Weiters übte der Vorsitzende der Bischofskonferenz Kritik am Haushaltsplan für 2015. „Bestimmte Beträge“ zur Kirchenfinanzierung fehlten darin. So könne man zum Beispiel die bereits gebilligten Fördermittel für die Vorbereitungen des Sankt-Martinsjahres 2016 dort nicht finden.

Obwohl die Zahl der Zweckwidmungen zugenommen habe, die die Steuerzahler von ihren Steuern den Kirchen überweisen könnten (1 Prozent der Steuern), hätten die Kirchen weniger aus dem Topf bekommen, weil die Regierung mit einem niedrigeren Schlüssel berechne. Demgegenüber sei in der Vereinbarung mit dem Vatikan vom letzten Jahr ein weit höherer Schlüssel festgelegt.

Erdö erinnerte, dass die Regierung die Kirchen dringend brauche und ihnen den Löwenanteil der kommunalen sozialen Einrichtungen übertragen wolle. Zu fragen sei, ob der Staat damit das Grundprinzip der Neutralität in der Weltanschauung bewahre. Der Primaskardinal sprach sich grundsätzlich für eine einheitliche, transparente Finanzierung aller Institutionen aus, egal, in welcher Trägerschaft sie stünden. Doch müssten sie im öffentlichen Interesse tätig sein.

religion.ORF.at/KAP

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