Papst: „Nicht wie die Karnickel vermehren“

Wieder lässt der Papst mit einem einprägsamen Satz aufhorchen: Gute Katholiken müssten sich „nicht wie die Karnickel“ vermehren, sagte Franziskus vor Journalisten auf dem Rückflug von den Philippinen. Er beendete damit seine siebentägige Asienreise.

Das Oberhaupt der Katholiken sagte am Montag auf dem Rückflug von den Philippinen, er stehe im Einklang mit der ablehnenden Haltung der Kirche zur Verhütung. Das bedeute aber nicht, dass Christen „ein Kind nach dem anderen“ bekommen sollten. Gott habe den Menschen die Mittel gegeben, verantwortungsbewusst zu handeln. „Manche glauben - und entschuldigen Sie den Ausdruck -, um gute Katholiken zu sein, müssten sie sich wie die Karnickel vermehren“, so der Papst mit Bezug auf das Verbot von Verhütungsmitteln in der katholischen Kirche.

Drei Kinder pro Ehepaar „ideal“

Es gelte vielmehr das Prinzip der „verantwortungsbewussten Elternschaft“. Eltern könnten die Zahl ihrer Kinder planen. Es gebe viele von der Kirche erlaubte Methoden, zitierte die italienische Nachrichtenagentur ANSA den 78-Jährigen weiter. Dem Leben offen gegenüberzustehen sei eine Voraussetzung für das Sakrament der Ehe, sagte Franziskus. Drei Kinder pro Ehepaar seien ideal, so der Papst sinngemäß.

Papst Franziskus mit Mikrofon auf dem Rückflug von seiner Asien-Reise

APA/EPA/ANSA/Ettore Ferrari

Papst Franziskus mahnt zu besonnener Familienplanung

Laut der katholischen Lehre sind künstliche Verhütungsmittel wie Antibabypille und Kondom verboten. Viele Gläubige halten das allerdings für veraltet. Auf einer Familiensynode in diesem Herbst soll das Thema Sexualität eine zentrale Rolle spielen.

„Verantwortungsbewusste Elternschaft“

Bei seinen Ausführungen zur Familie erzählte Franziskus von einer Frau, die er einmal getroffen habe und die nach sieben Kaiserschnitten mit dem achten Kind schwanger gewesen sei. Deren Verhalten sei „unverantwortlich“ gewesen, sagte der Papst. „Ich habe sie gefragt: ‚Wollen Sie denn sieben Waisen zurücklassen?‘“ Wichtig sei eine besonnene Familienplanung, und die Kirche biete dafür ausreichend Dialog an.

Angesprochen auf seinen in der philippinischen Hauptstadt Manila geäußerten Appell, Frauen in Kirche und Gesellschaft mehr Raum zu geben, antwortete der Papst: „Wenn ich sage, dass es wichtig ist, dass Frauen in der Kirche mehr berücksichtigt werden sollen, geht es nicht nur darum, ihnen einen Posten zu geben.“ Zwar sei auch das möglich. Es gehe aber darum, „dass sie uns sagen, wie sie die Realität erleben“. Frauen betrachteten die Dinge aus einer anderen Perspektive, mit einem größeren Reichtum, so der Papst.

Warnung vor „ideologischer Kolonialisierung“

In der Beantwortung einer weiteren Frage wandte sich Franziskus gegen ein Aufzwingen der Gendertheorie durch westliche Geldgeber in Entwicklungsländern. Wenn finanzielle Hilfe an Bedingungen geknüpft werde, etwa die Lehre der Gendertheorie in den Schulen, verlören diese Völker ihre Identität, sagte er. Es gebe eine „ideologische Kolonisierung“ durch bestimmte Mächte, so der Papst. Sie strebten aus seiner Sicht eine völlige Gleichheit aller Kulturen an. Globalisierung sei zwar notwendig, müsse aber die Freiheit der Völker in all ihren Lebensbereichen beachten.

Schon während seines Besuchs auf den Philippinen hatte Franziskus eine „ideologische Kolonisierung“ vor allem mit Blick auf Angriffe gegen das traditionelle Familienbild und eine Relativierung der Ehe kritisiert. Die Philippiner rief er auf, ihren katholischen Traditionen treu zu bleiben.

„Weinen über Ungerechtigkeit“

Zur Bilanz seines Philippinen-Besuchs sagte Franziskus, dass die Messe mit Opfern des Taifuns „Haiyan“ vom November 2013 der bewegendste Moment seiner Reise gewesen sei. „Das ganze Volk Gottes dort zu sehen, betend nach dieser Katastrophe, an meine Sünden zu denken und an diese Menschen - das war ein sehr starker Moment“, sagte der Papst. Er habe sich wie erschlagen gefühlt. „Meine Stimme war quasi weg. Ich weiß nicht, was mit mir passiert ist. Vielleicht waren es die Emotionen. Aber ich habe nichts anderes gefühlt“, sagte er.

Papst Franziskus mit Mikrofon auf dem Rückflug von seiner Asien-Reise

APA/EPA/ANSA/Ettore Ferrari

„Fliegende Pressekonferenz“ auf dem Rückweg aus Asien

Franziskus erinnerte zudem an ein zwölfjähriges Mädchen, das ihm in Manila von ihrem früheren Leben zwischen Drogen und Prostitution berichtet und unter Tränen gefragt hatte: „Warum lässt Gott das zu?“ Dieses Mädchen sei „die Einzige, die diese Frage gestellt hat, die man nicht beantworten kann: Warum leiden Kinder?“, sagte Franziskus. Auch „der große“ Fjodor Dostojewski habe sie gestellt. „Und es ist ihm nicht gelungen, sie zu beantworten“, sagte der Papst unter Anspielung auf Dostojewskis Roman „Die Brüder Karamasow“ (1878-1880).

Wenn es Christen zu gut gehe oder sie sich an Ungerechtigkeiten gewöhnten, verlören sie die Fähigkeit zu weinen. „Wir Christen müssen die Gnade des Weinens erbitten. Besonders die wohlhabenden Christen“, sagte Franziskus: „Weinen über die Ungerechtigkeiten. Weinen über die Sünden. Denn das Weinen öffnet dich, um neue Realitäten oder neue Dimensionen der Realität zu kapieren.“

Meinungsfreiheit besonnen ausüben

Vor den mitreisenden Journalisten verteidigte der Papst zudem seine Aussage zu Grenzen der Meinungsfreiheit, mit der er wenige Tage zuvor auf dem Flug von Sri Lanka auf die Philippinen zu den Pariser Attentaten Stellung genommen hatte. Die Freiheit müsse von Klugheit begleitet werden, sagte Franziskus. Gewaltsame Reaktionen seien immer schlecht; dennoch müsse der Gebrauch der Meinungsfreiheit „der menschlichen Natur Rechnung tragen“. Man könne nicht beständig „eine Person beleidigen oder provozieren“. Franziskus hatte zuvor mit Blick auf die Zeitschrift „Charlie Hebdo“ zwar jede Gewalt verurteilt, sich aber auch dafür ausgesprochen, dass Satire Grenzen haben müsse.

„In der Theorie können wir das sagen, was das Evangelium sagt: Wir müssen die andere Wange hinhalten. In der Theorie können wir sagen, dass wir die Meinungsfreiheit haben“, so der Papst. „In der Theorie sind wir alle einverstanden. Aber wir sind Menschen.“ Nötig sei „die Klugheit, die eine Tugend des menschlichen Zusammenlebens ist“. Wer andere zu sehr reize, riskiere „eine Reaktion, die nicht richtig ist“, sagte der Papst.

Franziskus kündigte außerdem eine Afrikareise mit Besuchen in Uganda und in der Zentralafrikanischen Republik noch für dieses Jahr an. Die Reise werde wohl gegen „Ende des Jahres“ stattfinden, sagte Franziskus. Im Juli will er demnach außerdem nach Ecuador, Bolivien und Paraguay reisen.

religion.ORF.at/AFP/APA/KAP

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