Papst: Ehenichtigkeitsverfahren sollten kostenlos sein

Ehenichtigkeitsverfahren sollten kostenlos sein. Dies sagte der Papst in einer privaten Audienz vor den vatikanischen Richtern, die der römischen Rota angehören, dem höchsten Zivil- und Strafgerichtshof der katholischen Kirche.

„Eine große Anzahl der Fälle, die von der römischen Rota übernommen werden, sind kostenfrei, für diejenigen, die sich in einer schlechten wirtschaftlichen Lage befinden. Und das ist ein Punkt, den ich betonen will: auch die Sakramente sind gratis. Die Sakramente geben uns die Gnade. Und der Ehe-Prozess ist verbunden mit dem Sakrament der Ehe. Wie sehr, würde ich es mir wünschen, dass alle Prozesse kostenfrei wären!“, betonte der Heilige Vater.

Nicht an juristischen Hindernissen scheitern

„Die Rettung für Menschen, die sich an die Kirche wenden, darf nicht an juristischen Hindernissen scheitern“, meinte der Papst. Papst Franziskus motivierte die vatikanischen Richter auch, über den „menschlichen und kulturellen Kontext, in welchem sich die Eheabsicht bildete“, nachzudenken.

Der Verzicht auf Glauben oder auf eine „Perspektive des Glaubens habe unweigerlich ein falsches Verständnis von Ehe zu Folge“. Die römische Rota übt für den Papst die ordentliche Gerichtsbarkeit aus, ein Großteil davon sind aber vor allem Ehenichtigkeitsverfahren.

Ehenichtigkeitsverfahren können Jahre dauern

Ehenichtigkeitsverfahren können derzeit in einigen Teilen der Weltkirche mitunter einige Jahre dauern. Bisher müssen für eine Ehenichtigkeitserklärung zwei gerichtliche Instanzen übereinstimmend zu dem Ergebnis kommen, dass eine Ehe im katholischen Sinne nie bestanden hat.

Im Fall eines abweichenden Richterspruchs wird der Fall an das vatikanische Ehegericht, die Römische Rota (Rota Romana), überwiesen. In manchen Ländern werden die Verfahren zusätzlich durch eine Überlastung der Kirchengerichte oder das Fehlen von Kirchenrichtern in die Länge gezogen.

Beschleunigung des Verfahrens wird geprüft

Der Vatikan prüft seit geraumer Zeit Möglichkeiten zu einer Vereinfachung der Verfahren. Erwogen wird hierbei, die bisher verpflichtende Bestätigung des erstinstanzlichen Urteils durch ein weiteres Gericht wegfallen zu lassen. Geprüft wird zudem, ob anstelle des bisher obligatorischen Richterkollegiums ein Richter ausreichen könnte. Auch Möglichkeiten einer Beschleunigung des Verfahrens durch den Diözesanbischof stehen zur Debatte. Die Straffung von Ehenichtigkeitsverfahren war auch ein Thema der Weltbischofssynode über die Familie im vergangenen Oktober.

In einem Ehenichtigkeitsverfahren geht es um die amtliche Feststellung, ob eine gültige Ehe im katholischen Sinne besteht. Mögliche Gründe für eine ungültige Ehe können Formfehler bei der Eheschließung sein. In der Regel werden jedoch sogenannte Willensmängel oder Erkenntnismängel geltend gemacht. Ein Willensmangel liegt etwa vor, wenn ein Partner von vornherein einen Kinderwunsch ausschließt, ein Erkenntnismangel, wenn etwa einem der Partner nicht bewusst ist, dass eine Ehe nach katholischem Verständnis unauflöslich ist.

Unkenntnis des katholischen Eheverständnisses

In Ehenichtigkeitsverfahren sollte nach Ansicht von Papst Franziskus künftig verstärkt geprüft werden, ob sich die betreffenden Paare der Bedeutung dieses Sakraments zum Zeitpunkt der Eheschließung voll bewusst waren. Ein Kirchenrichter müsse stets den „Zusammenhang der Werte und des Glaubens oder deren Mangel oder Abwesenheit“ berücksichtigen, wenn er eine Eheschließung untersuche, sagte der Papst am Freitag beim traditionellen Empfang für die Richter der Römischen Rota im Vatikan.

Wenn eine Unkenntnis des katholischen Eheverständnisses festzustellen sei, könne das nach dem Kirchenrecht ein Grund für die Ehenichtigkeit sein, erklärte der Papst. Diese Möglichkeit dürfe heute anders als früher nicht mehr als Ausnahme betrachtet werden.

Gegenwärtig werde die Ehe „tendenziell als eine bloße Form affektiver Befriedigung gesehen, die in beliebiger Weise gegründet und entsprechend der Sensibilität eines jeden verändert werden kann“, so Franziskus. Ehenichtigkeitserklärungen aufgrund fehlenden Glaubens werden in der Debatte über den kirchlichen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen von den Gegnern einer Änderung der derzeitigen offiziellen Praxis als Alternative genannt.

religion.ORF.at/APA/KAP

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