Roma-Seelsorge Burgenland: Selbstbewusstsein stärken

Die Roma-Seelsorge im Burgenland zielt darauf ab, das Selbstbewusstsein der ethnischen Minderheit zu stärken und sie dazu zu motivieren, „die Stimme zu erheben, um für sich zu sprechen“.

Das erklärte Monika Scheweck vom Referat für ethnische Gruppen der Diözese Eisenstadt. Gemeinsam mit Roma-Vereinen wurde am Mittwoch in Oberwart eine Gedenkveranstaltung organisiert. Exakt 20 Jahre nach dem Bombenattentat von Franz Fuchs, bei dem die vier Roma Josef Simon, Peter Sarközi, Karl und Erwin Horvath am 4. Februar 1995 ums Leben kamen, fand die Gedenkveranstaltung statt.

Gedenkveranstaltung mit gemischten Gefühlen

Der jährlich stattfindenden Gedenkfeier in Oberwart begegneten die Roma mit gemischten Gefühlen,weiß Monika Scheweck. Der Medienrummel rund um die Veranstaltung sei vielen unangenehm. Auch würden sich einige angesichts der minderheitenfeindlichen Stimmung in Europa vor erneuten Anschlägen fürchten.

Bundespräsiden Fischer bei Gedenkveranstaltung

APA/BUNDESHEER/PETER LECHNER

Bundespräsident Heinz Fischer bei der Gedenkveranstaltung

Andererseits wertete es Scheweck als wichtiges Zeichen, dass sich Bundespräsident Heinz Fischer, der am Mittwoch bei der Gedenkveranstaltung anwesend war, mit den Roma solidarisiere. Trotz des Medientrubels soll genug Zeit für das Gebet und das Andenken an die Verstorbenen bleiben, so das Anliegen Schewecks.

Roma sollen sich nicht rechtfertigen müssen

Ebenfalls seit 1995 bietet das diözesane Referat Seelsorge für Angehörige der Volksgruppe der Sinti und Roma an. In ihrer Arbeit kämpft Monika Scheweck, wie sie im „Kathpress“-Interview sagte, „gegen immer noch bestehende Vorurteile in der Gesellschaft und für eine geschichtliche Aufarbeitung vergangener Übergriffe und Verfolgungen“.

Sich hartnäckig haltende Klischees verhinderten, dass sich viele Roma in der Öffentlichkeit zu ihrer ethnischen Herkunft bekennen. „Ich höre oft den Satz: Ich bin Roma, aber ich arbeite eh“, sagte Scheweck. Angehörige der Roma hätten immer noch das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen. „Ich muss mich auch nicht dafür rechtfertigen, dass ich Burgenländerin bin“, erklärte Scheweck. „Wieso sollte sich jemand rechtfertigen müssen, der ein Roma ist?“ Scheweck plädierte für eine stärkere Bewusstseinsbildung in der Bevölkerung: „Man reduziert die Roma auf das Betteln - und das ist einfach nicht wahr.“

Zuerst den Menschen, dann die Herkunft sehen

Monika Scheweck ist seit 1999 Mitarbeiterin im Referat für ethnische Gruppen der Diözese Eisenstadt. Neben der Durchführung der alljährlichen Gedenkfeier in Oberwart gehören die seelsorgliche Begleitung und die Förderung der kulturellen Identität der Roma zu den Hauptaufgaben des Referats.

Sie besucht Roma-Familien, steht in Notsituationen als Ansprechpartnerin zu Verfügung, macht Krankenhaus- und Gefängnisbesuche und organisiert eine Vielzahl von Veranstaltungen, wie etwa Jugendtreffen oder die jährliche Roma-Wallfahrt nach Mariazell. Ihr Bemühen gelte nicht nur dem katholischen Teil der Volksgruppe: „Es ist wichtig, in der Seelsorge zuerst den Menschen zu sehen, nicht die Herkunft oder die Religion“, betonte Scheweck.

Mitarbeiterin aus der Volksgruppe der Roma

Damit nicht nur über, sondern vor allem mit den Roma gesprochen wird, war es Scheweck ein besonderes Anliegen, eine Angehörige dieser Volksgruppe als Mitarbeiterin zu gewinnen. Seit 1. Februar 2015 teilt sie sich ihre Aufgaben mit Manuela Horvath, die in der Roma-Siedlung Oberwart aufwuchs.

Manuela Horvath verlor ihre beiden Cousins bei dem Attentat vom 4. Februar 1995. Ihr Großvater überlebte als einer der wenigen burgenländischen Roma den Holocaust. Zwei Drittel der rund 11.000 österreichischen Roma und Sinti wurden im Zuge des NS-Rassenwahns ermordet.

Aktion „Gedenktafeln“ für NS-Opfer

Die Aufarbeitung der Leidensgeschichte der Roma und Sinti sei noch lange nicht abgeschlossen, wies Scheweck hin. Mit der Aktion „Gedenktafeln“ soll die Verfolgung der Volksgruppe während des Nationalsozialismus ins Bewusstsein gerückt werden.

Dazu fertigt das Referat für ethnische Gruppen der Diözese Eisenstadt Gedenktafeln für ermordete Roma an und stellt sie in den Heimatdörfern der Opfer auf. Dabei stoße sie leider immer wieder auf Widerstand durch Teile der Bevölkerung, die nicht an diese Vergangenheit erinnert werden wollen, berichtete Scheweck.

Prominenz bei der Gedenkveranstaltung

Neben Bundespräsident Fischer waren am Mittwoch auch der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics, Altbischof Paul Iby, Superintendent Manfred Koch, Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) und sein Stellvertreter Franz Steindl (ÖVP) in Oberwart.

Eingeleitet wurde die Gedenkveranstaltung mit der Eröffnung der Ausstellung „Zeichen gegen das Vergessen“ des Künstlers Manfred Bockelmann durch Fischer und Niessl im Offenen Haus Oberwart.

Der Künstler, Bruder des verstorbenen Udo Jürgens, zeigt auf seinen großformatigen Kohlezeichnungen Kinder, die in Konzentrationslagern und Anstalten des NS-Regimes ermordet wurden. Ebenfalls auf Porträts verewigt wurden die vier beim Bombenattentat von Oberwart ermordeten Roma.

religion.ORF.at/APA/KAP

Link: