Katholische Aktion: Sterbehilfediskussion „gedreht“

Die Katholische Aktion Österreich (KAÖ) hat am Sonntag Justizminister Brandstetter für sein Nein zu Lockerungen beim Suizidbeihilfeverbot gedankt und an Vizekanzler Mitterlehner appelliert, sich ebenso klar zu positionieren.

Scharfe Kritik übte die KAÖ an den Proponentinnen und Proponenten für Suizidbeihilfe-Straffreiheit innerhalb der Bioethikkommission beim Bundeskanzleramt, weil sie es letztlich geschafft hätten, die Sterbehilfediskussion zu drehen.

Selbstbestimmung unheilbar kranker Menschen schützen

„Wer die Selbstbestimmung unheilbar kranker und intensiv pflegebedürftiger Menschen schützen will, der darf gerade diese Tür nicht öffnen, auch nicht einen kleinen Spalt. Denn so wird es erst möglich, auf direkte oder subtile Weise Sterbenskranken zu signalisieren, dass sie den Mitmenschen und der Gesellschaft einen ‚Dienst‘ erweisen würden, wenn sie ‚freiwillig‘ vorzeitig aus dem Leben scheiden“, warnte KAÖ-Präsidentin Gerda Schaffelhoffer in einer Aussendung.

"Auch wenn die gesetzlichen Regelungen so gefasst würden, dass nur unter ganz bestimmten Umständen Straffreiheit der Beihilfe zum Suizid gegeben und bezahlte Beihilfe untersagt wäre: Die Erfahrung lehrt, dass solche Bestimmungen in der Praxis immer unscharf sind. Und die Erfahrung zeigt zudem, dass findige Geschäftemacher ganz schnell rechtliche Schlupfwinkel finden, um ihre Suizidbeihilfe-Dienste anbieten zu können.

Als Vorwand dient dann immer die vorgebliche ‚Selbstbestimmung‘ des Patienten. Ob die Entscheidung zum einem vorzeitigen Lebensende tatsächlich freiwillig war, lässt sich dann im Nachhinein meist nur schwer überprüfen", heißt es in der KAÖ-Aussendung.

„Schmerzfrei und in guter Umgebung sterben“

Würde am Ende des Lebens bedeute zwar, schmerzfrei und in guter Umgebung zu sterben, worin SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim zuzustimmen sei. „Eine assistierte Selbsttötung gehört aber sicher nicht dazu“, so Schaffelhofer zu der vorwöchigen mehrheitlichen Empfehlung der Bioethikkommission. Diese will Beihilfe zum Suizid unter bestimmten Bedingungen straffrei stellen.

Die KAÖ-Präsidentin bekräftigte ihre bereits vor der Sitzung der Kommission geäußerte Kritik, dass mit einer solchen Straffreistellung betroffene Patienten unter Druck geraten könnten. Erfreut zeigte sie sich über die Aussage von Justizminister Brandstetter, „dass es ein Fehler wäre, hier Lockerungen vorzunehmen“. Sie hoffe, dass sich jetzt auch Mitterlehner diesem klaren Nein anschließe.

Straffreiheit als Hilfe zur Selbsttötung

Mitterlehner hatte am Samstag im ORF-Mittagsjournal erklärt, er sei „eher skeptisch“ bezüglich einer Lockerung des Verbotes des assistieren Suizids im Strafrecht und er wolle „nicht Liberalisierung um jeden Preis“. „Ich wüsste nicht, welcher Preis dafür stünde, einer Lockerung zuzustimmen“, so die KAÖ-Präsidentin.

Wenn Straffreiheit eingeführt wird, würden sich auch nahe Verwandte und Ärzte zunehmend dazu gedrängt sehen, Menschen bei ihrer Selbsttötung helfen zu müssen, auch wenn sie das mit ihrem Gewissen nicht oder nur schwer vereinbaren könnten, gab sie zu bedenken.

„Besonders dankbar bin ich der Österreichischen Ärztekammer, dass sie sich so entschieden und einhellig gegen eine solche Straffreistellung wehrt. Ihre klare Haltung, dass es nicht zu den Aufgaben eines Arztes gehört, den Tod herbeizuführen, sollte dem Gesetzgeber Argument genug sein, den Empfehlungen der Bioethikkommission nicht zu folgen“, unterstrich Schaffelhofer. Sie verwies darauf, dass sich etwa die deutsche Bundesärztekammer sich in genau diesem Sinne festgelegt hat.

Schaffelhofer würdigte zudem das abweichende Minderheitsvotum in der Bioethikkommission zur Frage der Straffreiheit der Beihilfe zum Selbstmord. Darin wird unter anderem vorgeschlagen, dass anstelle von Straffreistellung die Berücksichtigung etwaiger Gewissensnot in Strafverfahren zielführender wäre.

Kritik an Ernennungen für die Kommission

Generell sei festzuhalten, dass die Bioethikkommission ein Beratungsgremium des Bundeskanzlers ist, der auch deren Mitglieder ernennt - „womit auch klar ist, dass er der jeweilige Bundeskanzler eine bestimmte gesellschaftspolitische Ausrichtung forciert“. Wer die Stellungnahmen der Kommission über die Jahre verfolge, könne beobachten, dass sie in ihrer Mehrheit vor allem einer Liberalisierung in medizin- und bioethischen Fragen das Wort rede.

"Die letzte Entscheidung der Bioethikkommission ist umso mehr abzulehnen, weil der im Regierungsübereinkommen festgehaltenen Sorge um einen noch besseren Schutz der Würde des Menschen am Lebensende nicht Rechnung getragen wird.

Hat man anfänglich in allen Parteien darüber nachgedacht, ob zu diesem besseren Schutz eine verfassungsrechtliche Verankerung nicht am zielführendsten wäre, will man davon nun nichts mehr wissen, im Gegenteil, der bisherige Schutz soll zusätzlich relativiert werden", so die KAÖ-Präsidentin:

„Der Zug fährt also wieder einmal in die falsche Richtung. Die Bioethikkommission hat die Diskussion bewusst gedreht. Anstatt jetzt offensiv die Verankerung in der Verfassung zu diskutieren, die der einzige Garant dafür ist, dass die bisherige Regelung nicht ausgehebelt werden kann, sind wir mit der Zurückweisung einer weiteren Liberalisierung beschäftigt, die die Mehrheit Bioethikkommission des Bundeskanzlers geschickt lanciert hat.“

Was hier geschehe sei „Interessenspolitik“ und habe „mit Ethik wenig zu tun“. Sie wünsche sich - so Schaffelhofer - „mehr Ethik in unserem Land, vor allem auch in Ethik-Kommissionen“.

religion.ORF.at/KAP

Mehr dazu: