Kardinal Marx relativiert Reichtum des Vatikans

Der Münchner Kardinal Marx hat vor falschen Schlussfolgerungen aus Zahlen über einen angeblichen Reichtum des Vatikan gewarnt. Aktiva machten nur einen Sinn, wenn sie Passiva gegenüber gestellt würden, so Kardinal Marx.

In einem Interview für den „Corriere della Sera“ hatte der australische Kardinal George Pell, Präfekt des neuen Wirtschaftssekretariats, am Samstag von 1,4 Milliarden Dollar gesprochen, die im Vatikan jetzt „gefunden“ worden seien, und die bislang nicht im Haushalt erfasst gewesen seien.

Damit würde sich der Gesamtbesitz des Vatikan um ein Drittel erhöhen. „Vermögenszahlen machen nur dann Sinn, wenn ich sie in Verbindung zu den Verpflichtungen setzte, die ich habe“, betonte Marx in einem „Kathpress“-Gespräch am Sonntag. Weiters müsse auch das Bilanz-Problem gesehen werden.

Bisher keine Bilanzierung im Vatikan

Denn bislang sei es im Vatikan nämlich unüblich und in gewisser Weise auch unmöglich gewesen, einen wirklichen Gesamthaushalt mit Bilanzierung nach internationalen Standards zu führen. „Das muss sich ändern“, unterstrich der Münchner Kardinal, der als Koordinator des neuen vatikanischen Wirtschaftsrates auch für die Leitlinien des Wirtschaftssekretariats zuständig ist.

Es gehe bei diesem Vorhaben um „möglichst hohe Transparenz und Nachvollziehbarkeit im Sinne der Zweckbindung des kirchlichen Vermögen“. Dieses sei „für die Armen, die Evangelisierung im besten Sinne des Wortes und für die Bezahlung der Mitarbeiter“ da, und zwar nachhaltig für Generationen. Um diese Ziele müsse sich die Kirche weltweit bemühen, auch in Deutschland, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK).

Vatikanische Finanzverfassung: „eine Revolution“

Im Blick auf die bisherigen Arbeiten zur Kurienreform sagte Marx, die Resonanz im Konsistorium auf die Zwischenberichte der Vorbereitungsgremien sei sehr positiv gewesen.

Insbesondere die neue vatikanische Finanzverfassung, die praktisch abgeschlossen sei, bedeute „in gewisser Weise eine Revolution, eine wirkliche Veränderung dessen, was bislang da war“. Es habe sich dabei um ein wichtiges Anliegen des Vorkonklaves vom März 2013 gehandelt.

Reform der Kurie als längerer Prozess

Die Reform der Kurie sei ein längerer Prozess, räumte der DBK-Vorsitzende ein, der als Mitglied im zuständigen Kardinalsrat (K9-Rat) und als Koordinator des neuen vatikanischen Wirtschaftsrates zu den maßgeblichen Akteuren im Reformprozess zählt. Die Planungen der letzten Kurienkonstitution „Pastor bonus“ von 1988 hätten fünf Jahre gebraucht, hob Marx hervor. Es sei wichtig, dass das Kardinalskollegium in den Reformprozess eng eingebunden sei, den es im Vorkonklave vom März 2013 angeregt hatte.

Marx räumte ein, dass der damalige Elan zwischenzeitlich etwas nachgelassen habe. Die jetzigen Zwischenberichte hätten nun gezeigt, dass „wirklich etwas passiert und vorankommt und zwar im positiven Sinn“.

Der Kardinal gab sich überzeugt, dass der Papst vor einer Verabschiedung einer neuen Kurienstruktur auch die Meinung der Bischofskonferenzen einholen werde. Der K9-Rat müsse sich mit allen besonderen Interessenten einer Kurienreform beraten, der Kurie, dem Papst und den Bischöfen der Weltkirche.

religion.ORF.at/KAP

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