Kopten bestätigen Ermordung von 21 Christen

Die koptisch-orthodoxe Kirche hat die Ermordung von 21 Christen durch die Terrormiliz IS bestätigt. „Diese Menschen wurden getötet, nur weil sie Christen sind“, sagte der Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland.

Die Kopten stellen in Ägypten eine große, in dem islamischen Land gut etablierte Minderheit dar. In den letzten Jahren war es jedoch vermehrt zu religiös motivierten Angriffen auf koptische Christen gekommen. Die ökumenischen Stiftung „Pro Oriente“ spricht in diesem Zusammenhang sogar von der schlimmsten „Gewaltwelle seit über hundert Jahren“.

„Auf dem Heimweg nach Ägypten“

Einem „Bild“-Bericht zufolge waren die später ermordeten koptischen Christen als Gastarbeiter in Libyen und „gerade auf dem Heimweg nach Ägypten, als ihr Bus von den Terroristen aufgehalten wurde“, wie der Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland, Anba Damian, der Zeitung (Montag-Ausgabe) sagte.

Die Terroristen hätten die Ausweise der Gastarbeiter verlangt und die Kopten zum Aussteigen gezwungen, so Bischof Damian weiter. „Zuerst dachten wir an eine Entführung, doch eine Lösegeldforderung wurde nie gestellt“, so Bischof Damian weiter. Angehörige der ägyptischen Kopten, deren Religion in ägyptischen Ausweisen vermerkt ist, wandten sich darauf an die ägyptische Regierung und baten um Hilfe.

„Behörden taten nichts“

„Wir wollten, dass diesen Menschen geholfen wird - doch die Behörden taten nichts. Und jetzt wurden diese Menschen getötet, nur weil sie Christen sind“, sagte der Bischof. Islamisten verfolgten die Kopten in der Region bereits seit Jahren mit extremer Gewalt. „Männer werden systematisch gesucht, verfolgt, ermordet. Unsere Frauen und Mädchen werden auf offener Straße attackiert, weil sie kein Kopftuch tragen“, sagte Damian. Das Video eines IS-Ablegers aus Libyen war am Sonntag im Internet aufgetaucht.

Familien der ermordeten Kopten zeigen Bilder der Opfer.

Reuters/Asmaa Waguih

Familien der ermordeten Kopten zeigen Bilder der Opfer

Die koptisch-orthodoxe Kirche in Ägypten zählt zu den bedeutendsten und ältesten christlichen Kirchen in der islamischen Welt. Der Anteil der Kopten an der 85 Millionen zählenden ägyptischen Bevölkerung beträgt zwischen sechs und zehn Prozent. Verlässliche Statistiken gibt es nicht. Die koptische Kirche betrachtet sich als die erste Kirche in Afrika und führt ihre Entstehung auf das Wirken des Apostels Markus zurück, der im ersten Jahrhundert den Sitz des Patriarchen von Alexandrien begründet haben soll.

Der Name „Kopten“ verweist auf die ägyptische Heimstätte der Kirche: Der arabische Name „Kibt“ kommt vom griechischen „Aigyptos“. Ihr religiöses Oberhaupt, der offiziell den Titel „Papst von Alexandrien und Patriarch des Stuhles des heiligen Markus“ trägt, hat seinen Sitz heute in der ägyptischen Hauptstadt Kairo. Seit 2012 steht Papst Tawadros II. der koptischen Kirche vor. Der wohl international prominenteste Kopte ist der frühere UNO-Generalsekretär Butros Butros-Ghali. Die koptisch-orthodoxe Kirche umfasst weltweit mindestens 14 Millionen Gläubige in 41 Diözesen. Der Sitz des Patriarchates ist Kairo.

Abspaltung im fünften Jahrhundert

Die Kopten gehören zu den altorientalischen Kirchen wie auch die syrisch-orthodoxe und die armenisch-orthodoxe Kirche. Diese hatten sich nach dem Konzil von Chalzedon im Jahr 451 vom Rest der Christenheit abgespalten, weil sie die Lehre von den zwei Naturen Christi - göttlich und menschlich - ablehnten und sich zu einer einzigen, „gottmenschlichen“ Natur bekannten. Der theologische Streit über die Natur des Erlösers wurde erst im 20. Jahrhundert weitgehend auf „sprachliche Missverständnisse“ und politische Ursachen zurückgeführt und für beendet erklärt.

Kopten besuchen eine Messe in Kairo

Reuters/Mohamed Abd El Ghany

Messe in einer koptisch-orthodoxen Kirche in Kairo

Die mit griechischen Fremdwörtern durchsetzte koptische Sprache verwendet das griechische Alphabet mit zusätzlichen eigenen Schriftzeichen und gliedert sich in mehrere Dialektgruppen. Sie wurde als Umgangssprache jedoch mittlerweile durch das Arabische ersetzt. In Österreich ist die koptisch-orthodoxe Kirche seit 1976 präsent. Sie zählt mehr als 5.000 Mitglieder, ihr steht seit 2004 Bischof Gabriel vor. 2003 wurde die Kirche staatlich anerkannt. Die koptisch-orthodoxe Kathedrale im 22. Wiener Gemeindebezirk wurde 2004 vom damaligen Kopten-Papst Schenuda III. feierlich geweiht.

Kopten im Aufschwung

In den vergangenen Jahrzehnten erlebte die koptische Kirche einen starken Aufschwung. In ihrer Tradition ist die Liturgie in den ursprünglichen Formen bewahrt geblieben. Zentren der geistlichen Erneuerung sind die zahlreichen Klöster und die Theologische Hochschule in Kairo. Auslandsdiözesen gibt es in Nordamerika, Europa, Schwarzafrika und Australien. Es existiert auch eine kleine, mit Rom unierte koptische Kirche. 1895 errichtete Papst Leo XIII. ein koptisch-katholisches Patriarchat.

In der aktuellen Verfassung Ägyptens sind die Rechte der Christen wieder stärker verankert als unter der Herrschaft der Muslimbrüder und Präsident Mohammad Mursi (2012 bis 2013). Doch auch unter Präsident Abdel Fattah al-Sisi sind sie keineswegs sicher. Menschenrechtler kritisieren, Sisi gebe sich mittlerweile - um bei konservativen Muslimen zu punkten - „islamischer als die Islamisten“.

In Ägypten integriert

Im heutigen Ägypten sind die Kopten grundsätzlich ein gut integrierter Bestandteil der Gesellschaft: Im Laufe der islamischen Geschichte Ägyptens haben die Kopten sogar besondere Rechte genossen. „In der Tradition Ägyptens war es etwa über Jahrhunderte überhaupt kein Problem, dass ein Großteil der Administration durch Christen besetzt war. Die sind sogar überrepräsentiert gewesen“, sagte der Religionswissenschaftler Wolfram Reiss im Dezember 2012 gegenüber religion.ORF.at.

Seit dem Ende der Kolonialzeit wandelte sich dieses Bild allerdings. Zwar war es in Ägypten weiterhin Tradition, dass eine bestimmte Anzahl von Parlamentssitzen Kopten vorbehalten war. Auch in den Regierungen waren immer Kopten vertreten. Dennoch stand der Vorwurf, dass die Christen von der britischen Kolonialmacht bevorzugt worden waren, im Raum. Das führte zu einer sukzessiven Verdrängung der Kopten aus öffentlichen Ämtern – eine Erfahrung, mit der sie laut Reiss noch immer zu kämpfen haben.

Lage der Kopten verschlechtert

Seit dem „arabischen Frühling“ 2011 verschlechterte sich die Situation der Christen zunehmend, so gab es auch in Ägypten regelmäßig religiös motivierte Übergriffe auf koptische Christen. In Ägypten „sind die Kopten der schlimmsten Gewaltwelle seit über hundert Jahren ausgesetzt“, sagte der Präsident der ökumenischen Stiftung „Pro Oriente“, Johann Marte, schon im Dezember 2013.

Die koptische Kirche in Österreich gedachte der jüngst in Libyen enthaupteten 21 Kopten auf ihrer Facebook-Seite mit den Worten: „Die koptisch-orthodoxe Kirche verabschiedet ihre Kinder, 21 junge Männer, in die himmlische Ruhestätte. Ein weiteres Liebesopfer, das die Kirche ihrem Erlöser bietet. Ihr reinen Märtyrer habt als letzte Worte geschrien: ‚Mein Herr Jesus, erbarme dich meiner!‘ Gedenkt uns(er) vor dem himmlischen Thron, damit wir stets bereit seien, unseren Erlöser zu treffen!“ Danach sind auf der Seite die Namen aller 21 getöteten Männer aufgezählt.

religion.ORF.at/APA/AFP

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