Wien: Fastensuppe und Neuorientierung

Zu einem nachhaltigen Lebensstil über ethisch verantwortlichen Konsum und ökobewusstes Wirtschaften hat am Mittwoch im Wiener Lebensministerium die Katholischen Frauenbewegung Österreich (kfb) aufgerufen.

Anlass war das 58. Benefizfastensuppen-Essen zugunsten von Projekten der kfb-„Aktion Familienfasttag“. Die großen wirtschaftlichen Machtzentren der Welt, auch die Europäische Gemeinschaft, haben laut kfb-Vorsitzender Barbara Hass „mit ihren Exporten von Nahrungsmitteln weltweit eine zerstörerische Kraft entwickelt“. Eine Neuorientierung sei dringend notwendig.

Ähnliche Bekenntnisse formulierten auch Bundespräsident Heinz Fischer, Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter und der Kärntner Diözesanbischof Alois Schwarz. „Bewusster, sozial- und umweltverträglicher Konsum wirkt sich positiv auf Ressourcenverbrauch und Arbeitsbedingungen aus“, so etwa der Minister wörtlich.

Spenden für benachteiligte Frauen

In ganz Österreich werden unter dem Motto „Wirtschaft FAIRändern - solidarisch leben“ im Rahmen der Spendenaktion „Familienfasttag“ mit traditionellen „Suppenessen“ während der Fastenzeit Spenden für benachteiligte Frauen im Globalen Süden gesammelt.

Zentrales Aktionsprojekt ist die nicaraguanische Initiative „Fundacion entre Mujeres“ (FEM; „Stiftung unter Frauen“). Zu dem Auftakt-Suppenessen kamen auch Grünen-Chefin Eva Glawischnig, Caritas-Präsident Michael Landau, der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft Österreich (IGGiÖ) Fuat Sanac sowie IGGiÖ-Mediensprecherin Carla Amina Baghajati in das Lebensministerium.

Laut Haas zeigten die Frauen in Nicaragua, wie die Natur bewahrt und gleichzeitig die eigene Familie, die Community und auch eine größere Gemeinschaft mit Nahrungsmitteln versorgt werden können. Das stehe im Kontrast zu jener „zerstörerischen Kraft“, die die Wirtschaft in Europa entwickelt habe. Lokale Märkte würden kaputt gemacht und durch Patentrechte Menschen ihrer kulturellen Schätze beraubt werden.

Fischer: EZA-Ausgaben erhöhen

Angesichts der hohen Zahl an Menschen, die täglich hungern - die Vereinten Nationen gehen von 840.000 Millionen Betroffenen aus - brauche es laut Bundespräsident Fischer dringend Aktionen wie den kfb-„Familienfasttag“. Die Aktion sei aber nur ein Baustein im gemeinsamen Kampf gegen den Hunger, sagte Fischer und trat vehement für eine Erhöhung der jährlichen Ausgaben für Entwicklungszusammenarbeit (EZA) in Österreich ein. Die Zielsetzung, 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für die EZA aufzuwenden, sei auch 2014 nicht erreicht worden. „Ich befürchte, dass auch 2014 nicht mehr als rund 0,3 Prozent des BIP für die EZA ausgegeben wurde“.

Bischof Schwarz warnt vor Spendenrückgang

Dringenden Handlungsbedarf im Bereich EZA sieht auch Kärntens Diözesanbischof Alois Schwarz, der in der Österreichischen Bischofskonferenz für die Themen Umwelt, Wirtschaft und das Laienapostolat zuständig ist. „Auch wenn Entwicklungspolitik nicht an oberster Stelle der ‚Hitliste‘ politischer Themen steht: Ich appelliere an Sie, Herr Bundespräsident, und an Sie, Herr Minister, sich dafür einzusetzen, dass die ohnehin sehr niedrigen staatlichen Mittel in diesem Bereich nicht weiter gekürzt werden“, so Schwarz.

Ein Beispiel könne sich die Regierung an der Aktion „Familienfasttag“ nehmen, in deren Rahmen Frauen und Familien durch Bildungsarbeit, durch Rechtshilfe, Beratung in ökologischer und nachhaltiger Landwirtschaft unterstützt werden. Das diesjährige Beispielland Nicaragua zeige zugleich, „dass es immer auch um mehr geht: um Selbstwertgefühl, Eigenständigkeit, Selbstbestimmung, Widerstand gegen Ausbeutung, Schutz vor Gewalt, Gerechtigkeit“.

„Familienfasttag“ seit 1958

Mit dem seit 1958 durchgeführten „Familienfasttag“ unterstütze die kfb Jahr für Jahr Frauen und Familien in anderen Teilen der Welt, die Hilfe bitter nötig hätten. Dieser Einsatz ließe sich bis heute, so der Bischof, von kirchlichen, politischen und gesellschaftlichen Groß- und Kleinwetterlagen nicht beirren.

Gleichzeitig brach Schwarz eine Lanze für die wieder in Diskussion geratene Absetzbarkeit von Spenden. „Ich unterstütze vorbehaltlos das entschiedene Nein vieler NGOs zu solchen Überlegungen.“ Die Folge wäre ein Spendenrückgang bei vielen dieser Einrichtungen, „auch bei der Aktion ‚Familienfasttag‘“. Hier würde der Staat auf Kosten der Ärmsten sparen.

Nachdenken über Konsumverhalten

Für Landwirtschaftsminister Rupprechter bietet die Aktion die Gelegenheit, sich mit aktuellen gesellschaftspolitischen Entwicklungen auseinanderzusetzen. Gerade in einer Zeit der Lebensmittelüberproduktion bei einem gleichzeitigen Anstieg der Zahl jener Menschen, die Hunger leiden, in einer Zeit der wachsenden Müllberge bei gleichzeitig immer größerer Ressourcenknappheit brauche es ein verstärktes Nachdenken über das eigene Konsumverhalten, so der Minister.

Leitbegriffe wie Schöpfungsverantwortung, Nachhaltigkeit und weltweite Solidarität mit den Armen dürften nicht nur Lippenbekenntnisse bleiben, sondern müssten zu Leitlinien des eigenen Handelns werden. Das traditionelle „Fastensuppenessen“ der kfb sei ein Beispiel für gelebte Schöpfungsverantwortung, Nachhaltigkeit und weltweite Solidarität mit den Armen.

religion.ORF.at/KAP

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