Erzbischof: Mehr als 250 Christen in Syrien entführt

Der syrisch-katholische Erzbischof von Hassake-Nisibi, Jacques Behnan Hindo, sagte am Donnerstag, bislang seien mehr als 250 Bewohner der assyrischen und chaldäischen Dörfer verschleppt worden.

Die Zahl der im Norden Syriens von der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) verschleppten Christen steigt offenbar weiter. Der syrisch-katholische Erzbischof von Hassake-Nisibi, Jacques Behnan Hindo, sagte dem vatikanischen Pressedienst Fides am Donnerstag, bislang seien mehr als 250 Bewohner der assyrischen und chaldäischen Dörfer entlang des Flusses Khabur in die Stadt Sheddadi, 40 Kilometer südlich von Hassake, verschleppt worden. Unter ihnen befänden sich viele alte Menschen, Frauen und Kinder.

Kontakt mit Entführern schwierig

„Wir sind sehr besorgt über das Schicksal der Geiseln“, so der Erzbischof. Derzeit versuche man über islamische Mittelsmänner, die Verbindungen zu zum IS übergelaufenen Scheichs unterhielten, Kontakt zu den Entführern aufzunehmen. Nicht bestätigen konnte der Erzbischof Gerüchte über willkürliche Hinrichtungen und Vergewaltigungen von Christen durch IS-Kämpfer.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte hatte zuvor gemeldet, mindestens 220 Christen seien in den vergangenen Tagen aus elf Dörfern verschleppt worden. Laut dem Amt stürmten die Dschihadisten seit Montag eine Reihe von christlichen Dörfern in der Provinz Hassaka und verschleppten ihre Bewohner. Demnach wurden dabei 14 kurdische und drei assyrische Kämpfer getötet.

Kloster und Kirche Mar Takla in Maalaoula in Syrien

APA/EPA/Youssef Badawi

Das verlassene und teilweise zerstörte Kloster Mar Takla bei Maalaoula in Syrien

Auch die Beobachtungsstelle für Menschenrechte bestätigte Verhandlungsversuche mittels arabischer Stammesvertreter über die Freilassung der Christen. Laut assyrischen Aktivisten flohen rund tausend Familien vor der IS-Miliz. Die Angaben waren von unabhängiger Seite nicht zu überprüfen. Die Dschihadisten sind für die brutale Verfolgung religiöser Minderheiten wie der Jesiden und Christen bekannt. Sie gehen auch mit großer Härte gegen Schiiten sowie sunnitische Muslime vor, die ihre engstirnige Auslegung des Islam nicht teilen.

Weltkirchenrat fordert Hilfe für Zivilbevölkerung

Auch der weltweite Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) hat die jüngsten Angriffe und Gräueltaten der IS-Milizen gegen Christen in Syrien verurteilt und die internationale Staatengemeinschaft zum wirksameren Schutz der Zivilbevölkerung in der Kriegsregion aufgefordert. In einer Erklärung drückte der stellvertretende Generalsekretär des Weltkirchenrates, Georges Lemopoulos, am Donnerstag seine tiefe Besorgnis angesichts der jüngsten Berichte über Angriffe auf christliche Siedlungen, Tötungen von Zivilpersonen, die Entführung von rund 100 Menschen und die Auslösung einer Massenabwanderung von Gemeinschaften aus.

„Der Ökumenische Rat der Kirchen prangert diese und alle anderen Angriffe gegen die vielfältige Gesellschaftsstruktur an, welche die Grundlage für die Aussicht auf eine integrative Gesellschaft und einen nachhaltigen Frieden bildet“, teilte Lemopoulos mit. Der ÖRK verurteile alle gewalttätigen Übergriffe gegen Zivilpersonen als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. „Wir fordern die internationale Gemeinschaft auf, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um die Zivilbevölkerung und die betroffenen Gemeinschaften vor weiteren Angriffen zu schützen und dafür zu sorgen, dass die Täter für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden“, betonte Lemopoulos.

Botschafter: Christen im Stich gelassen

Der vatikanische Botschafter in Damaskus, Erzbischof Mario Zenari, teilte mit, die Christen in Syrien fühlten sich von der internationalen Gemeinschaft im Stich gelassen. Dies sei die Wahrnehmung, die er in der Bevölkerung allgemein und unter Christen im besonderen feststelle, sagte Zenari am Donnerstag Radio Vatikan. Er könne diese Klage „zum Teil verstehen“. Die jüngsten Entführungen von Christen bezeichnete er als „konfessionsübergreifenden Schmerz“, sei doch das Land „mit dem Blut der Christen und dem der anderen religiösen Minderheiten getränkt“, so der Erzbischof.

religion.ORF.at/KAP/dpa

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