Wien: Umstrittene Gedenktafel in Stiftskirche abgehängt

Die österreichische Militärdiözese hat Medienberichte bestätigt, wonach die umstrittene Gedenktafel für Alexander Löhr in der Wiener Stiftskirche von der zuständigen Stelle im Verteidigungsministerium entfernt worden ist.

Das Militärordinariat arbeite zusammen mit der im Ministerium angesiedelten Militärhistorischen Denkmalkommission seit Herbst an einer Neugestaltung des Eingangsbereiches der Kirche, „die den Anforderungen einer zeitgemäßen Gedenkkultur entspricht und die vor allem Missverständnisse ausschließt“, hielt Bischofsvikar Werner Freistetter am Freitag in einem Kathpress-Interview fest. „Die Vorschläge liegen jetzt im zuständigen Landesverteidigungsministerium und wir hoffen auf eine baldige und gute Lösung.“

„Gehört Verteidigungsministerium“

Freistetter erinnerte daran, dass die Stiftskirche als Gebäude nicht der Militärdiözese, sondern dem Verteidigungsministerium gehöre. Die Militärdiözese habe nur ein Nutzungsrecht. „Alles, was dort zur Immobilie gehört, und da zählen auch die fix angebrachten Tafeln dazu, ist Eigentum des Verteidigungsministeriums“, sagte der Bischofsvikar, der auch das Institut für Religion und Frieden der katholischen Militärseelsorge leitet.

Als erste Maßnahme habe das Militärische Immobilien Management Zentrum (MIMZ) als im Ministerium für den Kirchenbau zuständige Stelle die Gedenktafel für Alexander Löhr am 19. Februar abgenommen. Bis zur Klärung des endgültigen Lagerortes wird die Tafel unter Verschluss aufbewahrt.

Gegenüber Kathpress berichtete Freistetter, dass auch die anderen in der Kirche vorhandenen Gedenktafeln, die sich auf die Zeit des Nationalsozialismus beziehen, „genau angeschaut“ würden. Der Militär-Bischofsvikar verwies dazu auf den für das Bundesheer geltenden „Traditionserlass“, der eindeutig feststelle, „dass die Zeit des nationalsozialistischen Regimes kein traditionsbildendes Element für die Tradition des Bundesheeres ist“.

Erklärende Zusatztafel

Hauptziel der künftigen Neugestaltung, bei der Militärordinariat und Denkmalkommission auch von der Gedenkkultur-Expertin Heidemarie Uhl von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften beraten wurden, ist die Kontextualisierung jener Gedenktafeln, die am Ende in der Kirche verbleiben werden.

Freistetter: „Wir wollen eine erklärende Tafel, die in einem historischen Zugang auch einführt in den Hintergrund und das Ganze einordnen in eine Gedenkkultur, die heute zeitgemäß ist und die vor allem Missverständnisse ausschließt.“ Eine zweite, zusätzlich angebrachte Tafel soll in der Kirche künftig allen getöteten und ermordeten Menschen der Kriege gedenken, auch über den Bereich des Militärs hinaus.

Die vielen kleinen, persönlichen Gedenktafeln, die Familienangehörige für ihre im Zweiten Weltkrieg gefallenen Söhne, Väter, und Angehörige in der Kirche angebracht haben, seine eine besondere Herausforderung, schilderte der Bischofsvikar. „Hier war die Meinung in der Kommission, dass man sensibel vorgehen muss. Es handelt sich da um persönliche, familiäre Gedenktafeln, die auch sehr oft ein religiöses Element enthalten. Da war eher die Tendenz, dass man diese Tafeln bewahrt, sie allerdings mit einer erklärenden Einordnung kontextualisiert.“ Abgenommen werden dürften hingegen zwei Tafeln, die allgemein einzelnen Einheiten der Wehrmacht gedenken.

Problematische Formulierung „Heldentod“

Eine besondere Problematik stelle zudem die auf vielen der privaten Gedenktafeln enthaltene Formulierung „ist den Heldentod gestorben“ dar, erklärte Freistetter. „Dass das heute manchmal als provokant empfunden wird, ist verständlich. Man muss es aus der Zeit heraus verstehen. Hier war die überwiegende Meinung in der Kommission, das man diese Tafeln zunächst einmal belässt, aus Gründen des Respekts vor dem Gedenken einer Familie für einen getötete Angehörigen.“

Der Grünen-Nationalratsabgeordnete Harald Walser, der im vergangenen Herbst öffentlich auf die Löhr-Tafel aufmerksam gemacht hatte, zeigte sich am Donnerstag zufrieden mit deren Entfernung. Gleichzeitig forderte er in einer gemeinsamen Aussendung mehrerer Grünen-Politiker die Überprüfung der weiteren in der Kirche angebrachten Tafeln bzw. diese in einen historischen Kontext zu setzen.

„Bloßes Abnehmen keine Lösung“

Es sei gut, dass die Grünen dem Vorschlag einer Kontextualisierung offenbar positiv gegenüber stünden, bemerkte Militär-Bischofsvikar Freistetter dazu. „Wir haben immer die Meinung vertreten, dass ein bloßes punktuelles Abnehmen einer einzigen Tafel im Grund genommen keine Lösung darstellt, sondern dass ein Gesamtkonzept erforderlich ist.“

Etwaige Behauptungen, die eine Nähe der katholischen Militärseelsorge zum Nationalsozialismus implizierten, würde er hingegen „energisch zurückweisen“, so der Bischofsvikar. Er verwies in diesem Zusammenhang auch darauf, dass sich etwa das von ihm geleitete Institut für Religion und Friede intensiv mit Fragen der Gedenkkultur beschäftige. Unter anderem plane das Institut in den kommenden Monaten zwei Gedenkveranstaltungen in der Wiener Landesverteidigungsakademie unter dem Titel „Kriege richtig erinnern“ (14. April) bzw. „Schuld im Krieg“ (17. November).

religion.ORF.at/KAP