UNO: Patriarch fordert Hilfe für verfolgte Christen

Der chaldäisch-katholische Patriarch Louis Raphael I. Sako hat vor dem Weltsicherheitsrat die Völkergemeinschaft um Hilfe für die Christen und andere verfolgte Minderheiten im Irak gebeten.

Dabei sprach er sich am Freitag (Ortszeit) in New York für die Einrichtung internationaler Schutzzonen für die vertriebenen Minderheiten aus. „Millionen von Flüchtlingen darben in Lagern ohne Hilfe und Beachtung“, so Sako. Der Patriarch dankte dem französischen Außenminister Laurent Fabius, dass dieser die Initiative für die Sondersitzung des UNO-Sicherheitsrats ergriffen habe.

Sako

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Der chaldäisch-katholische Patriarch Louis Raphael I. Sako fordert Schutzzonen für vertriebene Minderheiten

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon zutiefst besorgt

Die internationale Gemeinschaft hatte sich zum ersten Mal auf dieser Ebene mit der Verfolgung von Christen und anderen religiösen Minderheiten durch den „Islamischen Staat“ (IS) befasst. UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon äußerte sich zutiefst besorgt über die Tausenden von Zivilisten in der Hand des „Islamischen Staats“ und die Zerstörung der Kulturgüter.

Die IS-Kämpfer töteten systematisch Mitglieder ethnischer und religiöser Minderheiten, all jene, „die ihre Fehlinterpretation des Islam“ nicht teilten und jeden, der sich „gegen ihre apokalyptischen Ansichten“ wende. Sie misshandelten auch Kinder und Frauen mit „unbeschreiblicher Brutalität“. Der UNO-Generalsekretär kündigte eine Initiative für die Verfolgten an. Dazu will er auch Religionsführer zur stärkeren Zusammenarbeit in dieser Frage ermutigen.

Kompensation „moralische Verantwortung“

Sako appellierte an die Arabische Liga und die Konferenz der Islamischen Staaten, für Rechtssicherheit zu sorgen und politische, kulturelle und erzieherische Pluralität zu gewährleisten. Es gehe darum, ein „nationales Mosaik verschiedener Individuen, Personen und Gruppen unabhängig von deren Religion und ethnischen Hintergrund zu schützen“.

Der Patriarch setzte sich in seiner Rede besonders für die Befreiung der Stadt Mossul und von Dörfern in der Ebene von Ninive ein, die zurzeit unter der Kontrolle der IS-Extremisten stehen. Die irakische Regierung habe nach der Befreiung der besetzten Gebiete die moralische Verantwortung, „die Menschen für die entstandenen Schäden zu kompensieren“. Die Entwicklungen der vergangenen Jahre hätten den Boden für die Verfolgung der Minderheiten im Irak bereitet.

Ausdrücklich betonte der Patriarch, dass die „schweigende und friedliche Mehrheit“ der Muslime im Irak „die Politisierung ihrer Religion ablehnt“. Eine dauerhafte stabile Lösung lasse sich nicht allein mit militärischen Mitteln erreichen. „Das ist ungeeignet, die verquaste Denkweise zu verändern, die Menschen, Steine und die Zivilisation zerstört.“

Kurz: Einsatz für Religionsfreiheit

Zu gemeinsamen Auftreten der Staatengemeinschaft für Religionsfreiheit sowie gegen Intoleranz, Radikalisierung und Terrorismus hat Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) beim UNO-Sicherheitsrat aufgerufen. Der Einsatz für das freie Bekenntnis des Glaubens und das friedliche Zusammenleben der Religionen müsse verstärkt werden.

Außenminister Kurz bei der UNO

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Außenminister Kurz mit UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon

„Es gibt kein natürliches Recht, das besagt, dass Muslime, Juden und Christen nicht miteinander in Frieden leben können“, so Kurz am Freitag in New York. Religionsführer jedes Landes sollten zudem ermutigt werden, bei Verfolgung aufgrund des Glaubens Einspruch zu erheben.

Besorgt äußerte sich der ÖVP-Politiker über die Lage der religiösen Minderheiten im Nahen Osten, wobei er besonders die Christenverfolgung hervorhob: So seien im Irak in den vergangenen zehn Jahren über 50 Prozent der Christen verschwunden. Mit 100 Millionen wegen ihres Glaubens verfolgten Christen weltweit sei das Christentum heute die meistverfolgte Religionsgruppe, so Kurz.

Alle gegen den Terrorismus

Mit Hinblick auf den Terrorismus durch den sogenannten „Islamischen Staat“ (IS) erklärte der Minister, der Konflikt bestehe nicht zwischen Religionen oder zwischen westlichen und muslimischen Ländern, sondern laute „alle gegen den Terrorismus“. Längst sei der radikalislamistische Terror kein Problem des Nahen Ostens mehr, sondern habe über Youtube, Facebook und Twitter auch Österreich erreicht und stelle eine Gefahr dar, etwa durch die Radikalisierung junger Menschen und die Rekrutierung von IS-Kämpfern über Soziale Netzwerke.

Die Gräueltaten der IS-Terroristen seien „Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und sogar Völkermord“, betonte Kurz und forderte Bestrafung für die Täter, wozu der UNO-Sicherheitsrat die Situation in Syrien umgehend an den Internationalen Strafgerichtshof verweisen müsse. Österreich sei im Kampf gegen Jihadismus besonders in Form von Kooperationen mit Ländern des westlichen Balkans aktiv, wobei es etwa um Vernetzung der Strafverfolgungsbehörden, Grenzschutz und gemeinsames Vorgehen gegen terroristische Inhalte im Internet gehe.

Weiters mahnte Kurz ein „glaubhaftes Leben eigener Werte“ ein: „Wir müssen klar machen, dass Diversität zu unserer Kultur gehört“. So sei etwa eindeutig der Islam Bestandteil Europas, ebenso wie das Judentum und Christentum zum Nahen Osten gehörten. „Man kann gleichzeitig stolzer Europäer und gläubiger Moslem sein. Und dies gilt auch für jede andere religiöse Gruppe in allen Teilen der Welt“, so der Außenminister.

religion.ORF.at/KAP