„Transit“: Fotoschau über iranische Juden in Wien

Die Fotografin Christine de Grancy dokumentierte drei Jahre lang die Welt iranischer Flüchtlinge auf der Durchreise in die USA. Nach der Islamischen Revolution 1979 musste die Mehrheit der Juden den Iran verlassen.

Auf dem Weg in die USA oder Israel nutzten viele Betroffene Wien als Zwischenstation. Die Fotografin Christine de Grancy dokumentierte drei Jahre lang die weithin unbekannte Welt dieser Durchreisenden, ihre Schwarz-Weiß-Bilder sind im Jüdischen Museum Wien zu sehen. „Transit. Die Iraner in Wien“ lautet der programmatische Titel der Ausstellung.

Angelpunkt der gut 100 auf kleinstem Raum im ersten Stock des Jüdischen Museums in Wien ausgestellten Dokumente, die zwischen 1991 und 1993 aufgenommen wurden, ist die sogenannte Schiffschul. Die Räumlichkeiten der von den Nazis weitgehend zerstörten Synagoge in der Großen Schiffgasse in der Leopoldstadt diente den Iranern als religiöse und soziale Anlaufstelle.

Eingangsbereich zum jüdischen Museum in Wien

APA/Herbert Neubauer

Innenansicht des jüdischen Museums

Heimat in der „Schiffschul“

Der dort wirkende Rabbiner Schmuel Ernst Pressburger (1918 bis 1993) und sein Sohn Michoel Pressburger kümmerten sich - im Sinne der Zedaka, dem hebräischen Begriff für Wohltätigkeit und einer der ältesten Grundregeln des Judentums - um die Vertriebenen und versuchten ihnen ein Gefühl von Heimat und Geborgenheit zu vermitteln.

Ausstellung

„Transit. Die Iraner in Wien. Fotografien von Christine de Grancy“ im Jüdischen Museum Wien, Dorotheergasse 11, 1010 Wien; bis 20.9.2015, Sonntag bis Freitag, 10.00 bis 18.00 Uhr

Grancy erhielt Zugang in das Zentrum und somit „intime Einblicke in diese unbekannte Welt“, verwies Kurator Dan Fischman im Rahmen einer Presseführung auf das weithin verborgene Treiben innerhalb der „Schiffschul“: „Es war ein Transit im Geheimen - zum Schutz der Betroffenen.“

Bilder vom Gemeinschaftsleben

Die trotz tragischem Hintergrund oft Ausgelassenheit und Lebensfreude versprühenden Fotos, die - nicht zuletzt aufgrund des Platzmangels - hauptsächlich an Schnüren und in Form kleiner Packen zum Blättern von der Decke hängen, halten vorrangig Augenblicke des Gemeinschaftslebens beziehungsweise traditioneller Feierlichkeiten fest.

Die Fotografin lichtete Eindrücke des Purim-und Pessach-Festes ab, daneben aber auch Kinder beim Tischfußballspielen oder Schützlinge in Gesellschaft des damals schon hoch betagten Rabbiners. Manche der Szenen sind mit Zitaten von Nelly Sachs über Thomas Mann bis Rainer Maria Rilke ergänzt.

Spera: „Gefühlvolle Fotos“

Direktorin Danielle Spera schwärmte von den „gefühlvollen Fotos“, die auch in einem zur Ausstellung erschienen Katalog versammelt sind, und betonte zugleich, dass die iranischen Diaspora-Gemeinden zu den ältesten und vielfältigsten der Welt gehören. Sie haben sich bereits in der Antike gebildet und erlebten im Lauf der Jahrhunderte eine - je nach politischen Vorzeichen - äußerst wechselvolle Geschichte, wie Kurator Fischman erklärte.

Zuletzt erlebte das jüdische Leben im Iran unter der persischen Herrschaft ab Mitte der 1920er-Jahre eine wahre Hochblüte mit bis dahin kaum da gewesenen religiösen und sozialen Freiheiten. Die Islamische Revolution setzte dem all dem ein schnelles Ende. Statt der bis zu 100.000 Juden leben nach Schätzungen heute nur noch 10.000 bis 20.000 im Iran.

religion.ORF.at/APA

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