Katholische Kirche: Kandidatenschwund für Priesteramt

Der Vatikan spricht von einer „Trendwende“: Zum zweiten Mal ist die Zahl der Priesteramtskandidaten weltweit rückläufig. Von 2011 bis 2013 sank sie laut dem Statistischen Jahrbuch der katholischen Kirche um zwei Prozent.

Papst Franziskus weiht am Sonntag 19 Männer im Petersdom zu Priestern. So ist es Tradition zum Weltgebetstag für Geistliche Berufungen, den die katholische Kirche jährlich am vierten Sonntag nach Ostern begeht. Beinahe zu einer Tradition sind auch schon die Klagen über einen Priestermangel in weiten Teilen Europas sowie Nordamerikas geworden, die aus diesem Anlass zu hören sind.

Doch in diesem Jahr erscheint das Gebet für neue Priester besonders nötig. Zum zweiten Mal ist die Zahl der Kandidaten für das Priesteramt weltweit rückläufig. Von 2011 bis 2013 sank sie insgesamt um zwei Prozent. Von einer „Trendwende“ sprach der Vatikan in der vergangenen Woche. Anlass war die Veröffentlichung der neuesten Ausgabe des Statistischen Jahrbuchs der katholischen Kirche für 2013. Nur in Afrika stieg die Zahl der Priesteramtskandidaten demnach zuletzt noch, um 1,5 Prozent.

Kandidatenschwund: Südamerika folgt Europa

Auffallend ist, dass der Rückgang geistlicher Berufungen mittlerweile auch in südamerikanischen Ländern europäische Ausmaße angenommen hat, ja diese sogar übertrifft. Statistisch gesehen unterscheidet sich die Situation in Chile (-11,2 Prozent), Peru (-11,2 Prozent) und Kolumbien (-10,5) nicht mehr von der in Österreich (-10,9 Prozent), der Tschechischen Republik (-13 Prozent) oder Großbritannien (-11,5 Prozent), den Ländern, die auf dem Alten Kontinent am stärksten betroffen sind. Selbst im katholischen Polen waren es zuletzt 10 Prozent weniger. Insgesamt verringerte sich die Zahl der Priesteramtskandidaten in Südamerika um 7 Prozent, in Europa waren es 3,6 Prozent. Dieser Befund ist für die katholische Kirche noch alarmierender, wenn man das hohe Durchschnittsalter der Priester hinzunimmt.

Überraschend an den jüngsten Statistiken war auch, dass selbst in den gemeinhin als dynamisch bezeichneten katholischen Ortskirchen in asiatischen Ländern wie etwa Südkorea oder den Philippinen das Interesse am Priesteramt abnimmt, wenn auch bislang in sehr viel geringerem Umfang.

Weltweit 415.348 Priester

Es gibt allerdings auch Gegenbeispiele: In Europa ragt Belgien mit einem Plus von 7,5 Prozent zwischen 2011 und 2013 hervor. Wobei sich allerdings die Zahl zuletzt von 2012 auf 2013 nur noch um zwei Kandidaten erhöhte. In Italien blieb das Interesse an der Ausbildung zum Priester zumindest konstant (+ 0,3 Prozent).

Noch steigt die Zahl der Priester weltweit leicht an, zuletzt von 2011 bis 2013 um 0,3 Prozent auf 415.348. Doch angesichts der rückläufigen Entwicklung der Priesteramtskandidaten ist absehbar, dass auch die Zahl der Priester bald abnehmen dürfte. Gleichzeitig dürfte die Zahl der Katholiken weltweit hingegen weiter leicht wachsen. Auch wenn es sich hierbei zum Teil nur um Taufscheinchristen handelt, dürfte sich der Priestermangel verstärken.

Fall des Zölibats als Patentrezept?

Ein Patentrezept, wie die katholische Kirche das rückläufige Interesse am Priesteramt stoppen könnte, ist bislang nicht in Sicht. Einen Vorschlag, den manche für bedenkenswert halten, Ausnahmen von der verpflichtenden Ehelosigkeit für Priester zuzulassen, hatte der heutige Papst als Erzbischof von Buenos Aires nicht für möglich gehalten. Er könne sich zwar grundsätzlich vorstellen, dass die katholische Kirche Ausnahmen vom Zölibat mache; er glaube jedoch nicht, dass dies aufgrund von Priestermangel geschehen werde, so der Kardinal Jorge Mario Bergoglio. Bislang gibt es keinen Hinweis darauf, dass sich an dieser Haltung bei Franziskus etwas geändert hat.

In seiner jüngst veröffentlichten Botschaft zum Weltgebetstag für Geistliche Berufungen hob der Papst hervor, dass für einen solchen Entschluss grundsätzlich ein inspirierendes kirchliches Umfeld unerlässlich ist. Es handle sich nicht um eine „private Entscheidung“, die im stillen Kämmerlein gefällt werde. Geistliche Berufungen könnten nur in einer Kirche gedeihen, die missionarisch sei und aus sich selbst herausgehe zu den Armen und Leidenden, so Franziskus.

religion.ORF.at/KAP

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