D: Domspatzen arbeiten Missbrauchsfälle auf

Die Regensburger Domspatzen lassen die jahrelangen sexuellen Übergriffe und körperliche Gewalt in dem weltbekannten Knabenchor von einem unabhängigen Gutachter aufklären.

In Zusammenarbeit mit der Opferorganisation Weißer Ring sei der Regensburger Rechtsanwalt Ulrich Weber beauftragt worden, Missbrauchsfälle in der Vorschule, dem Musikgymnasium, dem Chor und dem Internat der Domspatzen seit dem Jahr 1945 aufzuarbeiten, teilten der Knabenchor und das Bistum Regensburg am Montag mit, berichtete die Nachrichtenagentur AFP.

Ziel sei, mit Blick auf die zurückliegenden Fälle mehr Glaubwürdigkeit zu gewinnen, sagte der Regensburger Generalvikar Michael Fuchs der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA - „Aufarbeitung und Prävention sind Zwillinge.“ Webers Abschlussbericht soll in etwa einem Jahr vorliegen. Die Regensburger Domspatzen gehören zu den bekanntesten und ältesten deutschen Knabenchören der Welt.

Vorwurf der jahrelangen Vertuschung

Die Diözese Regensburg war seit 2010 intensiv mit der Aufarbeitung von Vorwürfen sexuellen Missbrauchs sowie der Körperverletzung in kirchlichen Einrichtungen beschäftigt. Die Zahl der Missbrauchsgeschädigten liegt bei rund 80. In der Vorschule der Regensburger Domspatzen in Etterzhausen und Pielenhofen kam es von den 1950er- bis in die 1990er-Jahre wiederholt zu schweren körperlichen Züchtigungen. Als „symbolische Anerkennung des Leids“ erhielten sie inzwischen jeweils 2.500 Euro. Zudem werden die Kosten für notwendige Therapien übernommen.

Es gab allerdings anhaltend Vertuschungsvorwürfe gegen das Bistum Regensburg. Bis heute ist unklar, wie viele Fälle von sexuellem Missbrauch es bei den Domspatzen tatsächlich gegeben hat. Wie Fuchs sagte, soll der Anwalt „unabhängig und ergebnisoffen“ arbeiten können. Dies sei die Voraussetzung für ein glaubwürdiges und umfassendes Resultat, so Fuchs. Rechtsanwalt Weber sagte, er sei nach mehreren Vorgesprächen überzeugt, wirklich unabhängig arbeiten zu können.

Georg Ratzinger hauptverantwortlich

Als Domkapellmeister am Regensburger Dom war Georg Ratzinger, der Bruder des emeritierten Papstes Benedikt XVI., von 1964 bis 1994 gleichzeitig Hauptverantwortlicher für die Domspatzen. Im März 2010 geriet auch der pädagogische Führungsstil Ratzingers in die Kritik.

Er selber räumte ein, dass Ohrfeigen früher „einfach die Reaktionsweise auf Verfehlungen oder bewusste Leistungsverweigerung“ gewesen seien, und somit habe auch er solches Verhalten am Anfang seiner Chorleitertätigkeit gelegentlich in dieser Weise bestraft. An das gesetzliche Verbot körperlicher Züchtigungen habe er sich in der Folge strikt gehalten. Ratzinger gab darüber hinaus an, dass er keine Kenntnis von sexuellen Missbrauchsfällen bei den Domspatzen habe.

religion.ORF.at/AFP/KAP/KNA

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