Muslimbrüder? „profil“ zieht Vorwürfe gegen MJÖ zurück

Auf einen unbedingten Vergleich haben sich das Nachrichtenmagazin „profil“ und die Muslimische Jugend Österreich (MJÖ) in einem Rechtsstreit geeinigt, den ein Ende Jänner erschienener Artikel ausgelöst hatte.

Das Magazin hatte sich darin kritisch mit der Jugendorganisation auseinandergesetzt und einige Vorwürfe erhoben, die nun als inhaltlich unrichtig zurückgezogen werden. 50 Minuten bevor die auf eine Gegendarstellung gerichtete Klage im Wiener Straflandesgericht behandelt hätte werden sollen, einigten sich nun die Rechtsvertreter der beiden Parteien auf eine außergerichtliche Streitbeilegung.

Richtigstellung in nächster Ausgabe

In der „profil“-Ausgabe am kommenden Montag wird eine Richtstellung erscheinen, mit der das Magazin einräumt, dass die „inkriminierten Vorwürfe“ - so die wörtliche Formulierung - „nicht stimmen“. Darüber hinaus hat sich „profil“ zur Übernahme des Kostenersatzes und der Gerichtsgebühren sowie zur Zahlung einer Geldbuße von 1.000 Euro bereiterklärt.

Im Gespräch mit religion.ORF.at beanstandete Dudu Kücülgöl von der MJÖ, „inhaltliche Fehler“ im Artikel. So sei die MJÖ kein Mitglied des europäischen Netzwerks muslimischer Jugend- und Studentenorganisatonen „Femyso“, das, laut Profil, wiederum der Muslimbruderschaft zugerechnet werde. Vor mehr als zehn Jahren habe die MJÖ Gespräche mit der Organisation geführt, sich aber nach einer Konsultation mit dem Jugendministerium wieder entfernt und sei ausgetreten.

Es hatte mit einem in schwarz-weiß gehaltenen und doch blutigen Cover des Wochenmagazins begonnen: „profil“ ging nach den Attentaten auf die Charlie-Hebdo-Redaktion und einen jüdischen Supermarkt der Frage nach, was den Islam gefährlich mache. Das Titelbild zeigte zwei Terroristen kurz vor dem tödlichen Schuss auf einen am Boden liegenden Polizisten. Nicht nur, aber besonders auch die Muslimische Jugend Österreich protestierte gegen das Cover und die Islamberichterstattung des „profil“.

Vorwurf: Geld aus dem Ausland

Die Debatte um das Cover hatte einen weiteren „profil“-Bericht zur Folge, in dessen Mittelpunkt nun die MJÖ selbst, ihre Aktivitäten und ihre vermeintliche Nähe zur Muslimbruderschaft standen. Die erhobenen Vorwürfe sind zahlreich. Die jungen Muslime seien "keine Spur liberaler als religiöse Eiferer; sie wirken nur gänzlich anders“, zitierte das „profil“ einen sogenannten „ausgewiesenen Kenner der Szene, der nicht genannt werden will“.

Hinter der heftigen Kritik der MJÖ an dem damals noch nicht beschlossenen Islamgesetz stünden „andere Dinge: Stiftungen und andere Geldquellen“, so der Jugendrat der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) Abdi Tasdögen im „profil“. Das Verhältnis zwischen Jugendrat und MJÖ kann als gespannt bezeichnet werden, nachdem der neu gegründete Rat 2012 verlautbart hatte, dass er anstelle der MJÖ nun in der Bundes-Jugendvertretung (BJV) vertreten sein werde. In einer Aussendung hatte die BJV dem Jugendrat damals eine Absage erteilt.

„Alte Männer mit Bärten“

Noch konfliktreicher ist das Verhältnis der MJÖ aber zu dem Präsidenten der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ), Fuat Sanac, der von der Jugendorganisation wiederholt öffentlich zum Rücktritt aufgefordert worden war. Sanac beschrieb die MJÖ im „profil“-Artikel mit folgenden Worten: „Sie sind jung und aktiv und machen eine wichtige Arbeit mit Jugendlichen. Aber hinter ihnen stehen alte Männer mit Bärten.“

Diese Männer sollen zur in Ägypten bereits verbotenen Muslimbruderschaft gehören. Auch der bis dahin in Österreich eher unbekannter italienischer Islamismusexperte Lorenzo Vidino erklärte in dem Artikel eine „ideologische Nähe der MJÖ zu Personen aus dem Umfeld der Muslimbruderschaft“.

Klage eingereicht

Die MJÖ reagierte auf die Vorwürfe in den sozialen Medien mit Bildern, die alte Männer in Bärten zeigten - die sieben Zwerge - und klagte bei Gericht auf die Veröffentlichung einer Gegendarstellung im „profil“. „Die MJÖ hat keine ausländische Geldquellen. Die MJÖ finanziert sich aus öffentlichen Mitteln des Bundesministeriums für Familien und Jugend sowie aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Sie erhält keine Zuwendungen von Stiftungen“, schrieb die Rechtsanwältin der MJÖ an die Verlagsgruppe NEWS zu der das „profil“ gehört.

Zwar miete die MJÖ von der Anas-Schakfeh-Stiftung ein Vereinslokal, doch darüber hinaus würden „keine näheren Beziehungen gepflegt“, heißt es weiter. Im „profil“ war gemutmaßt worden, die MJÖ werde von der Anas-Schakfeh-Stiftung gesponsert. Das Magazin lehnte die Veröffentlichung einer Gegendarstellung zuerst ab, nun kam es allerdings kurz vor der Verhandlung doch zu einem Vergleich.

religion.ORF.at/APA

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