Oscar Romero: Kämpfer für Gerechtigkeit

Oscar Romero, der am Samstag seliggesprochen wurde, war ursprünglich kein Befreiungstheologe. Erst die katastrophalen sozialen Zustände in El Salvador machten ihn zu einem engagierten Anwalt der Unterdrückten.

Zeitlebens sprach sich Romero allerdings gegen eine „marxistische“ Version der Befreiungstheologie - die seiner Ansicht nach eine bloß „materielle Befreiung“ propagierte - und für einen Zugang zur sozialen Gerechtigkeit gemäß der Lehre Papst Pauls VI. aus, wie er selbst sagte. Dieser Papst hatte vor allem in seiner Enzyklika „Populorum Progressio“ (1967) vehement gerechtere soziale Verhältnisse weltweit eingefordert.

Aufstand gegen herrschende Eliten

Oscar Arnulfo Romero y Galdamez wurde am 15. August 1917 in Ciudad Barrios geboren und wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Mit 20 Jahren begann er sein Theologiestudium in San Salvador - er beendete es in Rom, wo er 1942 zum Priester geweiht wurde. Im Jahr darauf kehrte er nach El Salvador zurück und arbeitete zunächst als Pfarrer. Er tat sich als begabter Prediger sowie Unterstützer von neuentstandenen Laienbewegungen hervor. Theologisch galt er eher als konservativ. 1970 wurde er zum Bischof geweiht. 1974 übernahm Romero den Bischofssitz der Diözese Santiago de Maria, 1977 folgte die Ernennung zum Erzbischof von San Salvador.

Oscar Romero

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Oscar Arnulfo Romero y Galdamez

Durch die Gewalt des damals in El Salvador herrschenden Militärregimes und das Leid der Bevölkerung wurde Romero zunehmend zum Gerechtigkeitskämpfer. Dadurch wurde er zur herausragenden Stimme der lateinamerikanischen Befreiungstheologie. Nach dem Mord an dem Jesuitenpater Rutilio Grande 1977 ergriff er immer lauter Partei gegen das Militär und die herrschenden Eliten.

Direkte Worte als Todesurteil

In seiner letzten Sonntagspredigt am 23.März 1980 richtete Romero seine Worte direkt an die Machthaber: „Im Namen Gottes und im Namen dieses leidenden Volkes, dessen Wehklagen täglich eindringlicher zum Himmel steigen, flehe ich Sie an, bitte Sie inständig, ersuche ich Sie im Namen Gottes: Machen Sie der Repression ein Ende.“

Tags darauf teilte ein Sprecher des Heeres mit, der Erzbischof habe mit seinem Aufruf ein Vergehen begangen, das ihn mit dem Gesetz in Konflikt bringe. Am selben Nachmittag wurde Romero während der Darbietung der eucharistischen Gaben in einer Krankenhauskapelle in San Salvador direkt am Altar erschossen. Der Mord war von Geheimdienstmajor Roberto D’Aubuisson Arrieta (1944-1992) beauftragt worden, der später die rechte ARENA-Partei gründete. Das Attentat gilt als Auslöser des salvadorianischen Bürgerkriegs, in dem bis 1992 rund 75.000 Menschen starben.

Erster Märtyrer des Zweiten Vatikanischen Konzils

Erzbischof Vincenzo Paglia, Postulator des Seligsprechungsprozesses von Romero, bezeichnet ihn im Interview mit Missio - den Päpstlichen Missionswerken - als ersten Märtyrer des Zweiten Vatikanischen Konzils: „Romero wurde nicht im strengen Sinn ,aus Hass gegen den Glauben’ hingerichtet, sondern aus Hass gegen eine Kirche des Zweiten Vatikanischen Konzils, die sich öffentlich auf die Seite der Armen stellt. Das Verständnis einer Kirche, die sich auf den Weg macht, die den Armen dient, war unter den extremen Rechts-Parteien in El Salvador verhasst. Das Regime brachte alle Priester um, die so leben wollten.“

Das habe zu einem weiteren und tieferen Verständnis von Martyrium geführt: „Während die Kirche früher nur jemanden als Märtyrer betrachtete, der ausdrücklich seinen Glauben nicht verleugnete, so anerkennt die Kirche heute auch diejenigen als Märtyrer, die aus Solidarität mit dem Nächsten, aus Liebe zum Frieden oder um der Gerechtigkeit willen getötet wurden. Der Glaube ist nicht eine Glaubensformel, sondern es handelt sich um einen inkarnierten Glauben, der durch den Dienst der Liebe die Welt verändert“, so Paglia.

El Salvador: Eines der gefährlichsten Länder

Eine Woche vor der Seligsprechung des ermordeten Erzbischofs Óscar Romero hat eine Welle der Gewalt El Salvador erschüttert. Am Wochenende wurden in dem mittelamerikanischen Land 62 Menschen getötet, wie die Zeitung „La Prensa Grafica“ am Montag unter Berufung auf die Polizei berichtete. Damit war es das bisher blutigste Wochenende des Jahres.

Mit mehr als 60 Morden pro 100.000 Einwohner ist El Salvador eines der gefährlichsten Länder der Welt. Für den Großteil der Gewalttaten machen die Behörden Jugendbanden - die sogenannten Maras - verantwortlich. Zuletzt hatten die größten Gangs des Landes um Vergebung gebeten und im Vorfeld der Seligsprechung weniger Gewalt versprochen. Das sei ihr „Geschenk“ an Romero, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung.

religion.ORF.at/APA/dpa

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