Dozent nach Kritik an IGGiÖ gekündigt

In der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) ist es erneut zu einem Zerwürfnis gekommen: Nachdem er sich kritisch gegenüber Präsident Fuat Sanac geäußert hatte, wurde ein IRPA-Dozent entlassen.

Der Publizist und Dozent an der Islamischen Religionspädagogischen Akademie (IRPA) Karim Saad hatte sich unter anderem in einem Gastkommentar im „Standard“ kritisch gegenüber dem „Proporz“ in der Glaubensgemeinschaft geäußert. Sanacs Rolle bei den Verhandlungen über das neue Islamgesetz wurde in dem Artikel ebenfalls hinterfragt.

Auch ein Interview mit dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Oskar Deutsch, auf seinem Blog nachgehakt.at habe bei der Entlassung aus der IRPA eine Rolle gespielt, sagte Saad gegenüber religion.ORF.at. In dem Interview von Anfang April dieses Jahres kritisierte IKG-Präsident Deutsch den IGGiÖ-Präsidenten Sanac dafür, auf seine Briefe bezüglich antisemitischer Hetze in einer Wiener Moschee nicht geantwortet zu haben.

Vorwürfe seitens der IKG

Deutsch sagte in dem Interview, ein „wichtiger Faktor im Kampf gegen den islamischen Antisemitismus ist die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich“. Sie müsse auf Imame und auf die islamischen Schulen einwirken - wenn sie in diesem Bereich nicht kooperieren wolle, sei das „sehr schade“. Das Interview entstand nach einem Auftritt Deutschs in der ORF-„Pressestunde“, worin der IKG-Präsident unter anderen der IGGiÖ vorwarf, zu wenig gegen Antisemitismus von muslimischer Seite zu unternehmen.

Oskar Deutsch Pressestunde

ORF

IKG-Präsident in der „Pressestunde“

Er habe nicht verstanden, warum Sanac sich nicht einfach klar und deutlich von Antisemitismus distanziert habe, sagte Saad. In dem Interview mit Deutsch griff der Journalist auch ein Zitat Sanacs auf dessen Facebook-Seite auf. Am 30. Jänner 2015 habe der IGGiÖ-Präsident dort ein Zitat von Martin Luther King zum Thema friedliches Zusammenleben gepostet. Im Original heißt es: „Schwarze und Weiße, Menschen aus dem Osten und aus dem Westen, Heiden und Juden, Katholiken und Protestanten, Moslems und Hindus“. In dem Facebook-Posting Sanacs fehle der Teil mit den Juden. Mit dem lückenhaften Zitat konfrontiert, sagte Deutsch: „Ich sehe das zum ersten Mal. Aber ich wundere mich nicht. Auch im Zusammenhang mit dem, was ich vorhin gesagt habe. Leider.“

Kündigung per E-Mail

Nach dem Kommentar im „Standard“ habe man ihn in der IRPA, die zur IGGiÖ gehört, per E-Mail von seiner Kündigung informiert, so Saad. Das Kündigungsschreiben sei aber nie zu ihm gelangt, weil es an eine alte Adresse adressiert gewesen sei - wegen dieses Formalfehlers und auch aus anderen Gründen sehe er die Kündigung als gegenstandslos an, sagte Saad.

IGGiÖ-Präsident Fuat Sanac

APA/Georg Hochmuth

IGGiÖ-Präsident Fuat Sanac

Sanac und die Islamische Gemeinschaft waren gegenüber religion.ORF.at an einer Stellungnahme „nicht interessiert“. Dem „Standard“ gegenüber gab Sanac an, die Entlassung des Journalisten habe andere Gründe, Saad habe sich in der Glaubensgemeinschaft zu wenig engagiert. Das lehnt Saad entschieden ab: Nach sechs Jahren problemlosen Unterrichtens mit „sehr gutem Feedback der Studenten“ handle es sich hierbei deutlich um einen Vorwand.

„Zu wenig engagiert“

Er habe das mit der Gestaltung der IRPA-Website, deren Programmierung er auch koordiniert habe, dem Drehen eines Werbefilms für den Verein und PR-Arbeit wohl ausreichend unter Beweis gestellt, so Saad. Für all das habe er übrigens nie Geld verlangt, so Saad. Es gehe eindeutig um die Kritik an Sanac; eine Motivkündigung liege vor. Rund um den Beschluss des neuen Islamgesetzes hatte es viel innermuslimische Kritik am Agieren des IGGiÖ-Präsidenten gegeben.

Sein Letztstand die Kündigung betreffend sei: „Laut dem Betriebsrat der IRPA ist die Kündigung gegenstandslos.“ Saad will nicht nachgeben.

Johanna Grillmayer, religion.ORF.at

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