Homoehe in Irland: Wendepunkt für Kirche?

Das klare Ja der Iren zur Homosexuellenehe bringt die katholische Kirche in Europa unter Zugzwang. Während manche die Entscheidung als Niederlage sehen, überlegen andere bereits, wie man mit homosexuellen Beziehungen umgehen soll.

Bis zuletzt hatten die irischen Bischöfe traditionelle Familienwerte gepredigt und gegen die Einführung der Homosexuellenehe kampagnisiert. Nach dem Referendum sieht das Diarmuid Martin, Erzbischof von Dublin schon anders: Man müsse sich einem „Realitätscheck“ unterziehen. Die Volksbefragung habe eine „soziale Revolution“ fortgesetzt, sagte der Bischof dem staatlichen Fernsehen.

Freude nach dem Referendum zur Homosexuellenehe in Irland

Reuters/Cathal McNaughton

Freude nach dem Referendum zur Homosexuellenehe in Irland

Medien wie etwa die französische Tageszeitung „Le Monde“ (Dienstag-Ausgabe) sehen in dem irischen Votum zur vollen Gleichstellung der Homosexuellenehe eine Niederlage für die katholische Kirche. Sie habe „bereits durch die sich häufenden Pädophilie-Skandale viel von ihrer Glaubwürdigkeit verloren. Mit diesem Ja für die Homosexuellenehe hat sie sicherlich ihre letzte Chance verpasst, eine neue Verbindung zur Jugend zu knüpfen, für die eine Zustimmung zur Homosexuellenehe selbstverständlich ist“, so die liberale Pariser Zeitung. Wenn für eines der strengsten katholischen Länder Europas die Gleichberechtigung bei der Eheschließung eine ‚soziale Revolution‘ bedeute, wie der Erzbischof Martin, nach dem Referendum sagte, „dann kann man das nur begrüßen“, so „Le Monde“.

Die Iren hatten am Samstag über eine Verfassungsänderung abgestimmt, wonach Ehen künftig unabhängig vom Geschlecht geschlossen werden dürfen. Laut Endergebnis sagten 62 Prozent der Wähler Ja, dagegen votierten knapp 38 Prozent.

Italien: Bischof fordert Rechtsrahmen

Auch der italienische Bischof Domenico Mogavero fordert nun einen „realistischen“ Umgang der Kirche mit dem Thema. In Italien gebe es Hunderttausende gleichgeschlechtliche Partnerschaften, das könne nicht ignoriert werden, sondern brauche einen rechtlichen Rahmen, sagte er der Tageszeitung „La Stampa“ (Montag-Ausgabe). „Man kann nicht den Kopf in den Sand stecken und eine verbreitete gesellschaftliche Realität nicht juristisch anerkennen.“ Das Ergebnis der Abstimmung in einem der katholischsten Länder Europas sei eine „Klingel“ für Italien.

Referendum zur Homosexuellenehe in Irland: Kinder schwenken Fahnen

Reuters/Cathal McNaughton

Die Kirche habe ihre „letzte Chance verpasst, eine neue Verbindung zur Jugend zu knüpfen“, schreibt „Le Monde“

Dem dürfe sich auch die Kirche nicht verschließen, so der Bischof des sizilianischen Mazara del Vallo: „Es ist nötig, die kirchlichen Vorurteile zu überwinden, die Homosexualität auf eine Perversion und eine öffentliche Gefahr reduzieren.“ Die Bischöfe sollten homosexuelle Menschen in ihrer konkreten Situation begleiten, statt sie zu verurteilen und auszuschließen. Das entspreche auch der Sicht von Papst Franziskus. Zudem sollte sich die Kirche nicht in die Debatte um eine gesetzliche Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften einmischen.

Debatte in Italien

Im katholischen Italien wächst die Debatte über konkrete Pläne der Regierung zur Legalisierung eheähnlicher Lebenspartnerschaften. Ein dementsprechendes Gesetz soll im Sommer im Parlament verabschiedet werden. Dagegen wehren sich jedoch konservative Parteien und katholische Organisationen heftig. Statt Lebensgemeinschaften zu legalisieren, solle sich die Regierung für die stabile Familie einsetzen, forderte das Forum der italienischen Familienverbände. Katholische Organisationen hätten die Pflicht, zur Verteidigung des Menschen an fundamentale Werte zu erinnern. Die Familie gründe auf der Ehe zwischen Mann und Frau. Das sei für Christen ein unerschütterlicher Wert.

Hoffnung auf Öffnung der Kirche

Viele Gläubige vor allem in Europa erhoffen sich von Papst Franziskus eine Öffnung der Kirche in Familienfragen. Der Umgang der katholischen Kirche mit Homosexuellen ist unter ihm immerhin zu einem Thema geworden, das diskutiert wird. „Wenn jemand schwul ist und er den Herrn sucht und guten Willen zeigt, wer bin ich, das zu verurteilen“, hatte der Argentinier 2013 gesagt.

Am Montag wurde im Vatikan jedenfalls der Rat der Bischofssynode einberufen, um die Familiensynode im kommenden Oktober vorzubereiten. Bei der Synode sollen Bischöfe aus aller Welt heikle Themen wie die Behandlung von Homosexuellen und den Umgang mit Geschiedenen in der katholischen Kirche diskutieren. Bei den nicht-öffentlichen Beratungen diese Woche wird auch Papst Franziskus dabei sein, berichtete Radio Vatikan.

Von Österreichs Bischöfen und den heimischen Katholikenverbänden war seit der Irland-Abstimmung zum Thema Homosexuellenehe noch nichts zu hören.

religion.ORF.at/KAP/APA/dpa

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