Ausstellung thematisiert Luthers Antisemitismus

Mit dem Antisemitismus des Reformators Martin Luther beschäftigt sich die Ausstellung „Drum immer weg mit ihnen! Luthers Sündenfall gegenüber den Juden“ in der Christuskirche Salzburg.

Im Vorfeld des Reformationsjubiläums 2017 setzt sich die die am 26. Mai eröffnete Ausstellung mit einer dunklen Seite Luthers auseinander. Die Aufarbeitung der dunklen Seite der Reformation sei ein „wichtiger Schritt“ auf das Reformationsjubiläum 2017 hin, sagte der für Salzburg und Tirol zuständige evangelische Superintendent Olivier Dantine.

„Kronzeuge für den Antisemitismus“

„Es führt kein Weg daran vorbei, von Luther als einem Kronzeugen für den Antisemitismus zu sprechen“, befand der Bonner Theologe Andreas Pangritz. In seinem Vortrag zur Eröffnung der Ausstellung zeigte der Theologieprofessor auf, wie tief die Judenfeindschaft in Luthers Theologie verankert ist.

Die „mörderischen Tischreden“ seien „keine einmaligen Entgleisungen“, ebenso wenig könne zwischen einem judenfreundlichen jungen Luther und einem „alten, verbitterten, judenfeindlichen“ unterschieden werden. Jede apologetische Strategie laufe auf eine Verharmlosung hinaus. Luthers Antisemitismus sei nicht nur religiös begründet, Pangritz entdeckt auch „ökonomische, protonationalistische und protorassistische Motive“ bei dem Reformator und kommt zum Schluss: „Luthers Judenfeindschaft muss als Geburtsfehler des Protestantismus gelten.“

Denkmal Martin Luthers in Wittenberg (Sachsen-Anhalt)

APA/dpa-Zentralbild/unbekannt

Denkmal Martin Luthers in Wittenberg (Sachsen-Anhalt)

Bünker: „Luther für uns kein Heiliger“

Bischof Michael Bünker sprach in der anschließenden Diskussion lieber von einem „Geburtsfehler von Luthers Rechtfertigungslehre“. Denn der reformatorische Aufbruch könne „auch ohne diese Konsequenz gedacht“ werden. Reformation sei schließlich „viel mehr als das, was sich allein in Wittenberg zugetragen hat“. Von einem „Sündenfall“ Luthers zu sprechen klinge zu harmlos, „so, als wäre er hier gestolpert“.

Ausstellungshinweis

„Drum immer weg mit ihnen! Luthers Sündenfall gegenüber den Juden“: Salzburger Christuskirche (Schwarzstraße 25) bis 19. Juni, Montag bis Freitag von 9.00 bis 12.00 Uhr sowie Dienstag und Donnerstag von 15.00 bis 17.00 Uhr.

Zum Glück sei „Luther für uns kein Heiliger“, so Bünker. In Österreich werde das Jahr 2017 von den drei Evangelischen Kirchen gemeinsam als Reformations- und nicht als Lutherjubiläum begangen. Der Bischof erinnerte an die Erklärung „Zeit zur Umkehr“ aus dem Jahr 1998, in der die Evangelische Kirche Luthers judenfeindliche Äußerungen verworfen hatte.

Eberhardt: Luther differenziert sehen

Die Regensburger Pfarrerin Barbara Eberhardt hat sich intensiv im christlich-jüdischen Dialog engagiert. In der Podiumsdiskussion, die der Präsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Martin Jäggle, moderierte, plädierte Eberhardt dafür, „den Menschen Luther differenziert zu sehen“. Luther sei Antisemit gewesen, „aber auch ein Mensch mit vielen Facetten, der wichtige Impulse für die Reformation gegeben hat“. In der Volksfrömmigkeit werde er „immer noch als Heiliger gesehen, darüber müssen wir hinwegkommen“. Die Schattenseiten dürften nicht nur auf 2017 hin deutlich gemacht werden.

Einig waren sich die Diskutanten, dass es im Auftreten gegen Antisemitismus heute Verbündete und breite Kooperationen brauche. „Ökumene genügt nicht, wir benötigen auch die Verbindung zu den heute hier lebenden Jüdinnen und Juden“, sagte Bischof Bünker.

religion.ORF.at/epd

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