Reform der Vatikanmedien: Presseamt aufgewertet

Die Medienarbeit des Vatikan soll nach dem Willen einer Expertengruppe umfassend modernisiert und umstrukturiert werden. Dazu gehört unter anderem eine deutliche Aufwertung des Presseamts.

Außerdem geplant sind die Koordination der bisher selbstständigen Medienabteilungen, eine neue Leitungsstruktur, mehr Gewicht auf Onlinemedien und eine Vernetzung mit katholischen Medien und Pressestellen weltweit. Entsprechende Vorschläge legte der Leiter einer von Papst Franziskus eingesetzten Reformkommission, der frühere BBC-Aufsichtsratschef Chris Patten, bei einer Veranstaltung am Mittwoch in London dar.

Presseamt „unter riesigem Druck“

Deutlich aufgewertet werden soll das Presseamt des Heiligen Stuhls, das nach dem Urteil Pattens derzeit „unterbesetzt und unter riesigem Druck“ ist. Diese Schnittstelle, die unter anderem für die Verbreitung offizieller Erklärungen, Akkreditierungen und Pressekonferenzen zuständig ist, müsse seine Dienste „in einem angemessenen Spektrum von Sprachen“ und mit der nötigen Ausstattung für einen 24-stündigen Medienbetrieb anbieten können.

Chris Patten

APA/EPA/Facundo Arrizabalaga

Leiter der Reformkommission Chris Patten

Der Papst hatte vergangenen Juli sechs internationale Experten gebeten, gemeinsam mit fünf Mitarbeitern der kirchlichen Zentralverwaltung ein Modernisierungskonzept für die vatikanischen Medien zu erarbeiten. Der Runde gehörte auch die deutsche Kommunikationswissenschaftlerin Daniela Frank an. Ziel waren eine höhere Reichweite bei jüngeren Menschen, eine engere Verzahnung der Medienbetriebe und finanzielle Einsparungen.

Patten wandte sich indessen gegen Kürzungen im vatikanischen Medienbudget von knapp 70 Millionen Euro wie auch gegen eine Reduzierung der mehr als 600 Medienmitarbeiter. Man solle das Geld „besser ausgeben, nicht unbedingt weniger ausgeben“. Die jetzige Ressourcenverteilung sei „eher von historischen als aktuellen strategischen Überlegungen“ bestimmt. So flössen rund 85 Prozent der vatikanischen Medienausgaben in den Sender Radio Vatikan und die Zeitung „Osservatore Romano“. Demgegenüber seien der vatikanische Fernsehdienst und soziale Medien zwar professionell, aber unterfinanziert.

Der „digitalen Herausforderung“ stellen

Der Vatikan müsse sich der „digitalen Herausforderung“ stellen, so Patten. Das verlange eine Überprüfung der Verbreitungswege wie etwa einer teilweisen Aufgabe des traditionellen Sendebetriebs von Radio Vatikan zugunsten des Internet. Nötig sei auch eine Anpassung der Formate: Statt einseitiger Kommunikation müsse es Möglichkeiten für Dialog, Fragen und Kritik geben.

Nach dem Vorschlag der Reformkommission sollen die Vatikan-Medien künftig zentral geleitet und koordiniert werden, und zwar durch ein Gremium mit Vertretern des vatikanischen Staatssekretariats und des Wirtschaftssekretariats, der Bischofskonferenzen, katholischer Medienorganisationen und einzelner Medienexperten.

Die Arbeit des jetzigen Päpstlichen Medienrats soll demnach in eine Abteilung für die konzeptionelle Ausrichtung integriert werden. Finanzverwaltung und Technik würden nach dem Willen der Kommission ebenso zentralisiert wie die Koordination der Medienaktivitäten und die Rechteverwertung.

Medienrat: Netzwerke können Solidarität fördern

In Genf sagte unterdessen der Sekretär des päpstlichen Medienrates, Paul Tighe, neue Medien könnten auch eine wichtige Rolle in der Lösung globaler Problem spielen. Viele der größten Zukunftsbedrohungen vom Klimawandel bis Nahrungsmittelkrisen und von Krieg und Terrorismus bis hin zu Kriminalität seien nur im Dialog und durch gemeinsame Strategien zu bewältigen, erklärte Tighe beim Weltgipfel zur Informationsgesellschaft. Digitale Netzwerke besäßen ein Potenzial zur Förderung der Solidarität unter den Menschen.

Dabei sei „gute Kommunikation stets eher eine menschliche als eine technische Errungenschaft“. Auch sei es nicht so, dass soziale Medien durch eine engere Vernetzung und die Verbreitung von Ideen von sich aus Freiheit förderten oder Entwicklung und Demokratie für alle internationalisierten.

Mensch in den Mittelpunkt

Der Vatikan wolle darauf hinarbeiten, dass die Informationsgesellschaft den Menschen in den Mittelpunkt stelle und „der Wahrheit, dem Guten und der Brüderlichkeit“ diene. So sei zu beklagen, dass das Internet zum Schüren von Diskriminierung und Gewalt genutzt werde, sagte Tighe. Der Heilige Stuhl rufe dazu auf, die Verbreitung von solchen Worten und Bildern zu unterlassen, die Menschen entwürdigten, Hass und Intoleranz propagierten, der Sexualität ihre Intimität raubten oder Schwache ausbeuteten.

Wichtig bei der Digitalisierung behördlicher Dienstleistungen sei auch, dass Alte, Arme und gesellschaftlich Benachteiligte nicht ausgeschlossen würden, betonte der Vatikan-Vertreter.

Das Forum des Weltgipfels zur Informationsgesellschaft tagt seit Montag bis Freitag in Genf. Ausgerichtet wird die Folgeveranstaltung des ersten Weltgipfels von 2003 von der Internationalen Fernmeldeunion ITU, der Weltkulturorganisation UNESCO und anderen UNO-Organisationen.

religion.ORF.at/KAP

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