Papst Franziskus spricht von „Klima des Krieges“

Papst Franziskus bescheinigt manchen Mächtigen eine Doppelmoral. „Wer vom Frieden spricht und den Krieg mit dem Verkauf von Waffen begünstigt, ist ein Heuchler“, sagte er am Samstag auf dem Rückflug von seinem Besuch in Sarajevo.

Zudem sieht er angesichts vieler bewaffneter Konflikte eine Art neuen Weltkrieg heraufziehen. Das Oberhaupt der katholischen Kirche rief in der Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina zur Versöhnung und zum Dialog der Religionen auf.

Sarajevo war vor 20 Jahren Schauplatz eines Krieges zwischen hauptsächlich muslimischen Bosniern, orthodoxen Serben und katholischen Kroaten.

Eine Art dritter Weltkrieg

Mit Blick auf die aktuellen Konflikte sagte der Papst: "Es ist eine Art dritter Weltkrieg, der stückweise geführt wird. Und im Bereich der globalen Kommunikation nimmt man ein Klima des Krieges wahr."

Einige Menschen wollten dieses Klima absichtlich schüren und suchten den Zusammenstoß verschiedener Kulturen, fügte der 78-Jährige bei einer Messe vor etwa 65.000 Menschen im Olympiastadium von Sarajevo hinzu. Andere würden mit Kriegen spekulieren, um Waffen zu verkaufen. Den Begriff „dritter Weltkrieg“ hat der Papst schon mehrmals benutzt.

„Nie wieder Krieg!“

Krieg bedeute zerstörte Häuser, zerbrochene Leben, sagte der Papst bei der Messe im Olympiastadion. „Ihr kennt das zu gut, weil Ihr es gerade hier erlebt habt. ... Heute erhebt sich noch einmal aus dieser Stadt der Schrei des Volkes Gottes und aller Männer und Frauen guten Willens: Nie wieder Krieg!“ Die Predigt des Papstes im Wortlaut in: Der Papstgottesdienst in Sarajevo

Im Bosnienkrieg kamen von 1992 bis 1995 rund 100.000 Menschen um. Weite Teile der Stadt wurden zerstört. Das Balkanland ist immer noch tief gespalten und hat große wirtschaftliche und soziale Probleme.

Jerusalem Europas

20 Jahre nach dem Krieg seien zwar Fortschritte erzielt worden, sagte Franziskus bei seinem Empfang beim Staatspräsidium des Landes. „Es ist jedoch wichtig, sich nicht mit dem zufriedenzugeben, was bisher verwirklicht wurde.“ Sarajevo sei das „Jerusalem Europas“, sagte Franziskus, der nach seinen Worten als „Pilger des Friedens und des Dialogs“ angereist war. Die Politiker müssten die „ersten Diener ihrer Gemeinschaften sein“ und die Grundrechte des Menschen wahren, forderte er.

Streben des Landes in die EU

Zentrales Thema bei Gesprächen mit dem Staatspräsidium - das aus Serben, Kroaten und Bosniern besteht - sei das Streben des Landes in die EU gewesen, sagte Papst-Sprecher Federico Lombardi. „Der Papst hat keine spezifische politische Befugnis, aber er hat gesagt, dass Bosnien-Herzegowina ein integraler Teil Europas ist.“

Die Muslime sind mit rund 50 Prozent größte Bevölkerungsgruppe des Landes, gefolgt von Orthodoxen und Katholiken. Deren Zahl hat sich seit dem Krieg nach Angaben des Vatikans von 800 000 auf 400 000 halbiert. Volkszählungen ergaben dagegen, dass sich der Anteil der Kroaten, der in Bosnien-Herzegowina dem der Katholiken entspricht, seit 1991 von 17 auf 15 Prozent verringert hat.

Bei der eintägigen Reise traf der Papst während eines interreligiösen Treffens Vertreter von Katholiken, Orthodoxen, Muslimen und der jüdischen Gemeinde. Zum Abschluss seiner achten Auslandsreise besuchteFranziskus ein Jugendzentrum.

religion.ORF.at/KAP/dpa

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