Anton Srholec: „Vater der Obdachlosen“ gewürdigt

Der slowakische Salesianerpater Anton Srholec wurde am Mittwoch in der Wiener Hofburgkapelle gewürdigt: Der 85-Jährige, der zuletzt den Leopold-Kunschak-Anerkennungspreis erhielt, ist wegen seines Einsatzes für Arme bekannt.

Anton Srholec wohnt in einer kleinen Wohnung in einem der heruntergekommenen Wohnsilos am Stadtrand von Bratislava. Er ist ein bescheidener, höflicher und mit leiser Stimme sprechender Mann, der viel erlebt hat und trotz seines schweren Schicksals ungebrochen wirkt. Srholec wird auch „Vater der Obdachlosen“ genannt, er ist bekannt für sein Engagement für Arme, Obdachlose und die ehemaligen politischen Gefangenen in der damaligen Tschechoslowakei, aber auch für seine kritische Haltung gegenüber den katholischen Bischöfen in der Slowakei.

Zwangsarbeit in Uranminen

Der Leopold-Kunschak-Anerkennungspreis sei eine „große Auszeichnung für alle Kollegen, die für die Menschenrechte eingetreten sind und für ihre Ideale ihr Leben gegeben haben“, sagte Srholec. Über die schlimmste Zeit seines Lebens, der Arbeit in tschechoslowakischen Uranminen, schrieb Anton Srholec ein Buch. Es erschien auch in deutscher Sprache: „Licht aus der Tiefe“, so der Titel des Erfahrungsberichts.

Anton Srholec, slowakischer Salesianerpater und Leopold-Kunschak-Preisträger

APA/EPA/Filip Singer

Anton Srholec, slowakischer Salesianerpater und Träger des Leopold-Kunschak-Anerkennungspreises

Darin erzählt Srholec von der Zeit des Stalinismus, Anfang der 1950er-Jahre, als der junge Salesianer in Italien Theologie studieren wollte und wegen illegalen Grenzübertritts nach Österreich von der tschechoslowakischen Polizei verhaftet wurde. Srholec war Antikommunist, ein Gegner der Sowjets, er wurde verurteilt und musste zehn Jahre im Uranbergwerk Jachymov Zwangsarbeit leisten.

Freundschaft unter Häftlingen

Im Lager entwickelte sich unter den Gefangenen – viele davon Christen – eine aufopferungsvolle Freundschaft und Solidarität. Bis heute ist Anton Srholec mit vielen der ehemaligen Häftlinge in Verbindung und er ist Präsident der Konföderation der politischen Gefangenen der Slowakei.

Sein Widerspruchsgeist machte auch nicht vor den Mitgliedern der eigenen katholischen Kirche halt, die in den 1950er und 1960er-Jahren mit dem stalinistischen Regime kollaborierten. Der „Dialog mit dem Regime“ – so Srholec - habe vor der Wende 1989 vielen katholischen Mitbrüdern die Chance geboten, Karriere zu machen.

Viele führende Katholiken wollten „mit gutem Gewissen retten, was zu retten war“, nutzten diese Gelegenheit aber auch für sich selbst. Srholec denkt dabei offenkundig an den Alterzbischof Jan Sokol, der heute in der Erzdiözese Trnava lebt und noch immer großen Einfluss ausübt. Dessen Rolle ist innerhalb der katholischen Kirche bis heute umstritten.

„Opfer der Traditionalisten“

Klare Worte fand Anton Srholec auch über den Umgang „seiner Kirche“ mit dem 2012 überraschend abgesetzten Erzbischof von Trnava, Robert Bézak. Dieser sei „ein Opfer der Bewegung der Traditionalisten, die innerhalb der Kirche das Sagen hätten“. Der aktuelle Erzbischof Stanislav Zvolensky und die amtierenden Bischöfe lebten in „Isolation gegenüber der Gesellschaft“, sie hätten „keinen Kontakt zur Welt“.

Der Kurs der slowakischen Bischöfe würde „kranke, alte Strukturen nicht ändern“. Das alles hätte Erzbischof Bezak – wie Srholec ein Ordensmann - reformieren wollen, doch stattdessen sei er „Opfer dieser Bewegung der Bewahrer“ geworden, kritisiert der 85-Jährige. Hoffnung für die Zukunft setzt Srholec in die katholischen Orden, in Basisprojekte für Obdachlose und viele junge Priester, die sich der Probleme ihrer Kirche sehr wohl bewusst seien.

Klaus Ther für religion.ORF.at