Krautwaschl: Zölibat nicht einfach über Bord werfen

Der neue Grazer Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl hat sich in einem Interview mit der katholischen „Tagespost“ im Vorfeld seiner Weihe am Sonntag zu den Themen Zölibat, Ehe, Priesteramt und neue geistliche Bewegungen geäußert.

Den Zölibat werde es als Lebensform immer geben, wenngleich die weltkirchlich zu entscheidende Frage, ob Priester dazu verpflichtet sind oder ihn nur freiwillig leben, „auf dem Tisch bleiben“ wird, so die Einschätzung Krautwaschls im Vorfeld seiner Bischofsweihe am Sonntag. Die bloße Abschaffung dieser Lebensweise würde „das Kind mit dem Bad ausschütten“ und übersehen, dass Ehe und Ehelosigkeit beide notwendig seien und einander ergänzten, sagte er im Interview mit der in Würzburg erscheinenden Zeitung „Tagespost“.

„Die Ehe macht sichtbar, dass die Liebe Gottes zu uns Menschen unverbrüchlich ist, und deshalb wirft eine Ehe, die in Brüche geht, ja auf der zeichenhaften Ebene die Frage auf: Ist Gott nicht mehr treu? Die Ehelosigkeit zeigt, dass Gott allein genügt.“

„Zölibat nicht über Bord werfen“

Die Kirche sollte am Zölibat wie auch an der Ehe festhalten, wenngleich beide in der öffentlichen Debatte immer schwieriger zu argumentieren seien, „weil das Ausleben von Sexualität so plausibel scheint“. „Nur weil etwas nicht leicht ist, muss ich es noch nicht über Bord werfen“, so der designierte Bischof, der auch zur Rolle des Papstes, zu Herausforderungen der Pastoral und zum Kirchenbeitrag Stellung bezog.

Sei der Blick für die Mystik und Zeichenhaftigkeit von Ehe und Zölibat heute auch weitgehend verloren gegangen, würden dennoch auch viele Nicht-Priester freiwillig ehelos leben, führte der neue Grazer Bischof am Beispiel der Mitglieder der Fokolar-Bewegung aus, der er selbst angehört. Bevor man den Zölibat für den Priestermangel verantwortlich mache, sollte zuerst die Vorstellung von „Mangel“ unter den heute geänderten soziologischen Bedingungen hinterfragt werden. Auch müsse man über das Dienstamt der Priester nachdenken und darüber, „was uns Gott heute durch diese Situation sagen möchte“.

Neue geistliche Bewegungen wichtig

Die neuen geistlichen Bewegungen bezeichnete Krautwaschl als „Laboratorien für eine zukünftige Gestalt von Kirche“. Es gelinge den „Movimenti“ durchaus, manches aufzulockern und auf die „dringend notwendigen Dinge“ aufmerksam zu machen, zudem seien sie ähnlich wie die Ordensgemeinschaften „Stachel im Fleisch des Alltäglichen“. Manche der Bewegungen müssten zwar die „Kinderkrankheit“ jenes Glaubens überwinden, ihr jeweiliger Weg sei der einzig seligmachende, doch trage erst die Vielfalt kirchlicher Lebensformen dazu bei, „dass möglichst viele die Möglichkeit erhalten, anzudocken und mit auf den Weg zu kommen“.

Bischof Wilhelm Krautwaschl

APA/Erwin Scheriau

Bischof Wilhelm Krautwaschl

Sakramente als Geschenke Gottes

Sakramente seien Geschenke Gottes an die Menschen, bei denen die Kirche beim „Aufmachen“ helfen und Vor- oder Nachbereitung leisten müsse, so Krautwaschl. „Es kommt doch darauf an, was man mit dem Geschenk macht. Man kann es auch einfach zur Seite legen. Ich bin 52 Jahre und täglich noch beim Aufmachen.“ Er erinnere sich noch an ein Brautpaar, das schon zur Hochzeit eingeladen hatte, beim Trauungsgespräch dann aber feststellte, „dass da zwischen ihnen noch etwas aufzuarbeiten ist“. Seither habe er selbst in den Ehevorbereitungen das priesterliche Trauungsgespräch stets an den Anfang gestellt, „damit auch noch ein Weg gegangen werden kann“.

Als einfachste Form, um der Forderung von Papst Franziskus nach einem „Gang an die Peripherie“ in der Seelsorge nachzukommen, nannte Krautwaschl das Hereinholen von neu Zugezogenen in Pfarren, zumal diese am Sonntag manchmal ganz allein auf dem Kirchplatz dastehen würden. Wichtig seien weiters „lebendige Pfarrgruppen, wo ich jemand hinschicken kann“. Als Bischof wolle er besonders die Religionslehrer stützen, die sich „tagaus, tagein allen aussetzen“, und „ganz schwer“ tue sich die Kirche momentan in der Arbeitswelt.

Fokus auf das, was die Menschen brauchen

Für die Frage nach Strukturreformen in den Diözesen und Pfarren befand Krautwaschl, dass heute zu viel über das Amt des Pfarrers diskutiert werde. „Entkrampfen“ könnte man die Debatte durch ein Betrachten der Kirche „von der Taufberufung her“ und durch die Frage: „Was brauchen die Menschen?“ Dass die Form der jeweiligen Amtsführung zu viel mit inhaltlichen Fragen vermischt werde, beobachtete Krautwaschl auch bei der Debatte über das Papstamt. Hinter dieses stellte er sich klar, denn „es geht gar nicht ohne“, obgleich es auch ein „ökumenischer Stolperstein“ sei.

Der Bischof forderte zudem einen „sehr verantwortungsvollen Umgang“ mit dem Kirchenbeitrag, der in Österreich über Jahrzehnte geholfen habe und deshalb nicht unbedacht abgeschafft werden sollte: Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern der Welt habe die Kirche in Österreich ein „materiell einigermaßen gut ausgestattetes Niveau“, was „eine schöne Sache“ sei. Nachsatz: „Die Frage ist, wie wir das uns anvertraute Geld einsetzen.“

religion.ORF.at/KAP

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