PID: Schweizer Kirchen warnen vor Dammbruch

Die Kirchen in der Schweiz sehen nach dem „Ja“ der Schweizer zur Freigabe der Präimplantationsdiagnostik (PID) vom Sonntag die Gefahr eines „bioethischen Dammbruchs“.

61,9 Prozent der Schweizer hatte bei der Abstimmung am Sonntag für die Freigabe der PID gestimmt. Genetische Untersuchungen an Embryonen, die im Reagenzglas erzeugt wurden, sollen künftig in großem Umfang erlaubt werden. Die Kirchen hatten zuvor zu einem Nein aufgerufen.

Gefahr der Selektion in wertes und unwertes Leben

Der Vorsitzende der Schweizer Bischofskonferenz (SBK) und St. Gallener Diözesanbischof Markus Büchel sagte in einem Interview mit dem Schweizer katholischen Nachrichtenportal kath.ch: „Ein Embryo ist für uns bereits menschliches Leben“. Deshalb sei es ein klarer Rückschritt, wenn bei der PID der „heilige Grundsatz“ missachtet werde, dass es „um menschliches Leben geht“.

„Ich befürchte vor allem, dass es durch diese Möglichkeit eine Selektion über wertvolles und nicht wertvolles Leben gibt“, so Büchel wörtlich. Für Christen liege das nicht in menschlicher Verfügbarkeit.

„Wenn es Erbkrankheiten betrifft, geht es nicht mehr um die Behandlung der Krankheit, sondern PID ermöglicht eine Vernichtung des Embryos, dessen Leben sich nicht entfalten kann“, stellte Büchle klar: „Es stellt sich die Frage, ob mit dem Gesetz zur Fortpflanzungsmedizin wirklich nur ganz schwere Krankheitsfälle ausselektioniert werden sollen, oder ob es eine weitere Öffnung in die Richtung gibt, dass in künftigen Schritten Designerbabys möglich würden. Dass man also eigene Vorstellungen von Kinderwünschen anbringen könnte.“

Referendum geplant

Der SBK-Vorsitzende kündigte das Engagement der Bischöfe für ein geplantes Referendum zum Fortpflanzungsmedizingesetz an. „Die SBK wird es im Sinne des Neins zur Verfassungsänderung ideell unterstützen, jedoch selbst keine Unterschriftensammlungen durchführen und auch dem Referendumskomitee nicht beitreten“, sagte er. Wenn es um den Schutz des Lebens gehe, nehme die Kirche auch politisch Stellung.

Laut PID-Proponenten dürfe das Verfahren dann nicht angewendet werden, wenn beim Kind bestimmte Eigenschaften herbeigeführt werden sollten oder um Forschung zu betreiben, wie es in der Vorlage hieß. Umstritten war in den Parlamentsberatungen die Anzahl der Embryonen, die in einem Behandlungszyklus hergestellt werden dürfen. Im vorgeschlagenen Text heißt es, es dürften nur so viele menschliche Eizellen außerhalb des Körpers der Frau entwickelt werden, wie „für die medizinisch unterstützte Fortpflanzung notwendig“ sind. Bei der Beratung des Gesetzes einigte man sich auf eine Obergrenze von zwölf; heute dürfen maximal drei entwickelt werden.

„Herstellung“ von Desinger-Babys befürchtet

Über das Gesetz selbst wurde am Sonntag nicht abgestimmt. Nach Annahme und Inkrafttreten der Verfassungsänderung wird es zunächst veröffentlicht und könnte dann per neuerlichem Referendum angefochten werden. Das überparteiliche Komitee „Nein zur PID“ kündigte bereits an, „das Referendum gegen die viel zu weit gehende Revision des Fortpflanzungsmedizingesetzes“ zu ergreifen. Das Komitee befürchtet weitere Liberalisierungsschritte wie die Herstellung von „Retter-Babys“, Eizellspende, Embryonenspende, Leihmutterschaft oder die Zulassung von sogenannten Designerkindern, bei denen Geschlecht, Haar oder Augenfarbe bestimmt werden könnten.

Eine weitere Frage bei der landesweiten Volksabstimmung betraf eine stärkere Besteuerung der Erbschaften Vermögender, wozu vor allem die Evangelische Volkspartei, jedoch auch katholische Verbände, aufgerufen hatten. Dies wurde ebenfalls abgelehnt (71 Prozent Nein-Stimmen).

religion.ORF.at/KAP/kath.ch

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