Gemischte Reaktionen auf Ökoenzyklika

US-Präsident Barack Obama und UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon haben den Aufruf von Papst Franziskus zum Kampf gegen den Klimawandel begrüßt. US-Klimaskeptiker hingegen schlagen die Warnungen des Papstes in den Wind.

US-Präsident Barack Obama und UN-Generalsekretär Ban Ki-moon haben die Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus ausdrücklich gelobt; keine Lob gab es hingegen von amerikanischen Kliamskeptikern und von katholischen republikanischen Präsidentschaftskandidaten. Obama sagte laut Mitteilung seines Sekretariats, das römisch-katholische Kirchenoberhaupt habe sehr eloquent ausgedrückt, dass „wir eine tief greifende Verantwortung haben, unsere Kinder vor den schädlichen Wirkungen des Klimawandels zu beschützen - und die Kinder unserer Kinder“.

Die USA müssten mutig handeln, um den Ausstoß umweltschädlicher Treibhausgase zu reduzieren und die Nutzung sauberer Energien auszuweiten. Auch die Armen müssten besser vor den Gefahren des Klimawandels beschützt werden, sagte Obama, der den Papst am 23. September im Weißen Haus empfangen wird.

US-Präsident Barack Obama

Reuters/Jonathan Ernst

Barack Obama betont die Verantwortung den nächsten Generationen gegenüber

US-Klimaschutzgesetz 2010 gescheitert

Obama hat in den vergangenen Jahren eine Reihe von Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasen erlassen, wie etwa strengere Grenzwerte für Kohlekraftwerke. Wegen der Blockade durch die oppositionellen Republikaner im Kongress stützt er sich auf Exekutivvollmachten, die auf einem vor mehr als vier Jahrzehnten erlassenen Gesetz zur Bekämpfung der Luftverschmutzung basieren. Ein Klimaschutzgesetz war im Sommer 2010 im Kongress gescheitert.

Franziskus hatte in seiner Umwelt-Enzyklika vor allem die Industrienationen zu einer „ökologischen Umkehr“ aufgerufen. In dem am Donnerstag veröffentlichten Lehrschreiben fordert das Oberhaupt der katholischen Kirche ein Ende des „unersättlichen und unverantwortlichen Wachstums“ und eine Abkehr von fossilen Energieträgern - mehr dazu in „Laudato si“: Papst ruft zu „ökologischer Bekehrung“ auf.

Ban Ki-Moon: Wohl der Erde über nationale Interessen stellen

UNO-Generalsekretär Ban Ki-Moon sagte laut einer von den Vereinten Nationen verbreiteten Mitteilung ebenfalls, er begrüße die neue Enzyklika. Die Menschheit habe die Pflicht, sich um den Planeten Erde zu kümmern, und Solidarität mit den ärmsten und verletzbarsten Mitgliedern der Gesellschaft zu zeigen, die unter dem Klimawandel litten. Ban rief alle Regierungen der Welt auf, das Wohl der Erde über nationale Interessen zu stellen und beim Klimagipfel in Paris in diesem Jahr ein ehrgeiziges Abkommen zu verabschieden.

Bereits bei einem hochkarätig besetzten „Klima-Gipfel“ vor zwei Monaten im Vatikan hatte Ban betont, der Klimawandel sei das „bestimmende Thema unserer Zeit“. Die Erderwärmung wirke sich weltweit auf Gesundheit und Wohlstand, Nahrungs- und Trinkwassersicherheit, Migration, Frieden und Sicherheit aus. Vor allem die Ärmsten litten unter den Folgen des klimatischen Wandels, obwohl sie ihn selbst nicht verursacht hätten, so Ban Ki-Moon. Die Staatengemeinschaft könne auf die Herausforderungen nur gemeinsam reagieren. Dabei sei sie auf die großen Religionen und die Wissenschaft als Verbündete angewiesen.

„Zeiten günstig für Veränderungen“

In seiner Konferenzrede bezeichnete der UN-Generalsekretär die Zeit für positive Veränderungen als besonders günstig. Er hoffe auf ein umfassendes globales Klimaabkommen bei der Weltklimakonferenz im Dezember in Paris.

Eine wichtige Etappe sei aber auch der UN-Gipfel zu Nachhaltiger Entwicklung (United Nations Summit to Adopt the Post-2015 Development Agenda), der im Rahmen der UN-Vollversammlung in New York stattfindet. Bei dem „Entwicklungs-Gipfel“ wird Papst Franziskus im Zuge seines USA-Besuchs im September - im Anschluss an den Washington-Aufenthalt - die Eröffnungsansprache halten.

Republikaner: Vorrang für Technologiegläubigkeit

Ein Stolperstein im US-Präsidentenwahlkampf ist die Umweltenzyklika hingegen für die Republikaner, die dem Thema Klimawandel eher skeptisch gegenüberstehen. Drei der bisher zwölf republikanischen Bewerber sind Katholiken - Jeb Bush, Marco Rubio und Rick Santorum. Die Botschaft des Papstes wird sich aber vermutlich kaum auf die Einstellung der Kandidaten auswirken.

„Ich bekomme meine Wirtschaftspolitik nicht von meinen Bischöfen, Kardinälen oder dem Papst vorgeschrieben“, sagte der 1995 zum Katholizismus übergetretene Jeb Bush kurz nachdem der Text der Enzyklika bekannt geworden war. Er stimmte zwar zu, dass sich das Klima verändere. Allerdings gebe es „technologische Lösungen für so ziemlich alles“. „Bevor ich ein Urteil fälle, möchte ich erst einmal lesen, was er sagt, wie all das mit dem Klimawandel zusammenhängt.“

Zweifel an menschlichen Ursachen des Klimawandels

Marco Rubio sagte dem US-Sender ABC im Mai: „Ich glaube nicht, dass menschliche Aktivitäten diese dramatischen Veränderungen unseres Klimas verursachen, wie diese Wissenschaftler es darstellen.“ Er bezweifle, dass Gesetze etwas ändern könnten, fügte der Senator aus Florida hinzu. „Sie würden nur unsere Wirtschaft zerstören.“ Für Rick Santorum, Katholik aus Pennsylvania, sind wissenschaftliche Erkenntnisse über den Einfluss des Menschen auf die Klima-Erwärmung „junk science“ („Ramsch-Wissenschaft“).

Die US-Bevölkerung ist eher auf Franziskus’ Linie: 68 Prozent sagten in einer Umfrage des Pew Research Centers, es gebe Beweise für den Klimawandel. Unter Republikanern waren es 45 Prozent, bei Demokraten 86 Prozent. Von allen US-Bürgern, die Beweise für den Klimawandel sehen, führen allerdings nur 45 Prozent diese Entwicklung auf menschliche Einflüsse zurück.

Taube Ohren bei Klimaskeptikern

Die Warnungen von Papst Franziskus vor den Folgen der Erderwärmung sind auch bei Klimaskeptikern in den USA auf taube Ohren gestoßen. Marc Morano von der Website Climate Depot warf dem Vatikan vor, mit seiner „Klima-Agenda“ eine „unheilige Allianz“ mit den Vereinten Nationen einzugehen. Der Energielobbyist und prominente Klimaskeptiker Steve Milloy beklagte auf dem Onlinedienst Twitter, dass der „rote Papst“ zu einer „Kulturrevolution“ aufgerufen habe.

Das konservative Politikinstitut Heartland warf dem Papst vor, mit seiner Umwelt-Enzyklika die in Armut lebenden Menschen zu vernachlässigen. „Die Kirche sollte für die Armen sprechen, die billige und verlässliche Kohleenergie benötigen“, schrieb der Leiter der Politikabteilung des Instituts, Christopher Monckton. Stattdessen habe sich der Papst auf die Seite der wohlhabenden „Profiteure der Untergangsstimmung“ gestellt.

religion.ORF.at/AFP/APA

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