Papst solidarisch mit griechischem Volk

Der Papst hat sich wegen der Griechenland-Krise besorgt gezeigt und sich mit dem griechischen Volk solidarisch erklärt. Die Wiener Theologin Ingeborg Gabriel sieht Griechenland und die EU „am Rand des Abgrunds“.

Die Nachrichten aus Griechenland seien Besorgnis erregend, was die wirtschaftliche und soziale Lage angehe, erklärte Vatikansprecher Federico Lombardi am Mittwoch. Der Papst denke besonders an die „vielen Familien, die schwer von der menschlichen und sozialen Krise getroffen wurden“. Zugleich mahnte der Vatikan, die menschliche Würde müsse „im Zentrum jeder politischen und technischen Debatte“ bleiben, auch wenn Entscheidungen getroffen würden.

Angesichts seiner akuten Finanznöte zahlte die griechische Regierung am Dienstag eine fällige Kreditrate von 1,5 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds (IWF) nicht zurück. Griechenland geriet damit als erste Industrienation überhaupt bei der Washingtoner Organisation in Zahlungsverzug.

Sozialethikerin: „Vertrauen verspielt“

Der Abbruch der Verhandlungen zwischen EU-Vertretern und griechischer Regierung und die Ankündigung eines Referendums durch Premier Alexis Tsipras „haben die EU und mehr noch Griechenland an den Rand eines Abgrunds gebracht“. Das Vertrauen zwischen den Verhandlern sei „endgültig verspielt“, befürchtet Gabriel in einem am Dienstag veröffentlichten Blog. Die Gründe für das Scheitern der Gespräche sind laut der an der katholisch-theologischen Fakultät in Wien lehrenden Sozialethikerin „vor allem auch kultureller Natur“, Gabriel ortet gravierende Mentalitätsunterschiede.

Sie berichtet in dem Blog von ihren Eindrücken bei ihrem jüngsten Besuch in Griechenland im März. Bei einem von der Konrad-Adenauer-Stiftung organisierten Treffen zwischen der deutschen Caritas und „Apostoli“, ihrem Äquivalent in der griechisch-orthodoxen Kirche, sei die Stimmung durch „kulturelle Fronten“ getrübt worden.

„Auf der einen Seite die reiche, bestens organisierte, aber auch präpotente deutsche Caritas und ihr ebensolcher Vertreter, auf der anderen Seite die wesentlich weniger gut organisierte, unbeholfene ‚Apostoli‘ und ihr ebensolcher Vertreter, der dieses Defizit durch einen romantischen Gestus der Überlegenheit auszugleichen suchte.“ Die Caritas habe signalisiert, sie helfe gerne Afrikanern, aber den Griechen gehe es dafür zu gut. Die griechische Gegenposition gab Gabriel mit dem Satz wieder: „Wir sind spirituelle und großzügige Menschen, meinte er, nicht so herzlose Geldsäcke wie ihr.“

Gabriel: Spardiktat „fatal“

Auf der Ebene der Finanzarchitektur würden sich diese Probleme „ins Riesige vergrößern“ - brutales liberalistisches Systemdenken mit Hedgefonds, die auf den Fall des Euro spekulieren, treffe auf Selbstüberhöhung und Realitätsverweigerung.

Wie viele seriöse Ökonomen halte sie das Spardiktat für „fatal“. Die Griechenlandkrise stellt laut Gabriel letztlich „das als universal ausgegebene westliche Modell eines rationalen, ökonomisch denkenden und handelnden Menschen“ zur Disposition. Dieses Modell möge für wichtige Elemente gegenwärtiger Kultur stehen, aber keineswegs für den Menschen als Ganzen. Das in der gegenwärtigen Situation aufzuzeigen und darauf hinzuweisen, dass der Mensch „nicht vom Brot allein“ lebt, könne eine Aufgabe der katholischen Kirche sein, „die uns ökumenisch ebenso wie sozial herausfordern sollte“.

religion.ORF.at/AFP/KAP

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