Papst in Ecuador: Einsatz für Menschen am Rand

Der Einsatz für Menschen in der Peripherie sei eine Hauptaufgabe der Kirche, hat Papst Franziskus am Montag in Ecuador gesagt. Jesus habe eine Schwäche dafür, den besten Wein mit denen zu trinken, die benachteiligt seien.

„Gott nähert sich immer den Peripherien derer, die ohne Wein geblieben sind, die nur Mutlosigkeit zu trinken haben“, sagte der Papst bei der Messe in Guayaquil am zweiten Tag seiner Südamerika-Reise. Der beste Wein komme zu denen, die heute alles zusammenbrechen sehen, auch wenn alle Hochrechnungen und Statistiken das Gegenteil behaupteten.

Wein für Bedürftige

„Jesus hat eine Schwäche dafür, den besten Wein mit denen zu verschwenden, die aus dem einen oder anderen Grund schon spüren, dass sie alle Krüge zerbrochen haben“, so der 78 Jahre alte Argentinier, der auf seinem Heimatkontinent begeistert von Hunderttausenden empfangen wurde, in seiner Predigt.

Der Papst forderte auch mehr staatliche Hilfen und gesellschaftliche Anerkennung für Familien. Er sagte, die Familie sei ein „großer sozialer Reichtum, den andere Einrichtungen nicht ersetzen können“. Papst Franziskus preiste bei der Messe auch den Wert der Familie. Der soziale Reichtum einer Familie müsse „unterstützt und verstärkt werden“, sagte er bei dem Gottesdienst unter freiem Himmel. Hilfen für Familien seien keine „Art Almosen“, sagte Papst Franziskus, sondern die Gesellschaft trage damit eine „echte soziale Schuld“ gegenüber Familien ab.

Ermutigung für Familien

Ecuador hat nach Nicaragua die zweithöchste Rate von Teenager-Elternschaften in Lateinamerika. Viele Frauen bekommen ihr erstes Kind bereits als Jugendliche im Alter zwischen 15 und 19 Jahren. Zu Beginn des Gottesdienstes hatten Hunderttausende den Papst auf dem Gottesdienstgelände mit Fähnchen und Gesängen begrüßt.

Der Papst fuhr rund 15 Minuten im offenen Papamobil durch die Menschenmenge im Park von „Los Samanes“. In seiner Predigt ermutigte der Papst Familien, nicht zu resignieren. Die Familie sei „das nächstgelegene Krankenhaus, die erste Schule für Kinder, die unverzichtbare Bezugsgruppe für die jungen Menschen“ und „das beste Heim für die alten Menschen“.

Papst Franziskus mit Ecuadors Präsident Rafael Correa

APA/EPA/Jose Jacome

Papst Franziskus mit Ecuadors Präsident Rafael Correa

Der Papst war am Sonntag in Ecuadors Hauptstadt Quito eingetroffen, wo er von Staatspräsident Rafael Correa empfangen wurde. In seiner Begrüßungsrede forderte er mehr Rechte für die indigenen Völker Ecuadors. Nach der Freiluftmesse besuchte der Papst das Jesuitenkolleg und traf dort unter anderem mit dem spanischen Pater Francisco Cortes (91) zusammen, der seit 1963 in Ecuador lebt. „Padre Paquito“ ist ein jahrzehntelanger Freund des Papstes. Er lud das Kirchenoberhaupt aus Argentinien gemeinsam mit 22 anderen Jesuiten zu einem gemeinsamen Essen ein.

Privates Gespräch mit Correa

Anschließend flog Papst Franziskus nach Quito zurück, wo er eine als privat deklarierte Unterredung mit Staatspräsident Rafael Correa im Präsidentenpalast hatte. Das Gespräch dauerte etwa eine halbe Stunde. Danach traten der Papst und Correa abweichend vom Protokoll auf den Balkon des Palastes.

Von dort segnete der Papst eine Menschenmenge, die sich spontan vor dem Palast eingefunden hatte. Die Begegnung zwischen dem linkskatholischen Präsidenten und dem Papst fand offenbar in gelöster Atmosphäre statt. Bei dem rund einstündigen Aufenthalt im Präsidentenpalast in der Hauptstadt Quito traf Papst Franziskus auch das ecuadorianische Kabinett sowie Familienangehörige des Präsidenten und ausgesuchte Gäste.

Papst Franziskus bei der Messe in Ecuador,  Guayaquil

APA/EPA/Leonardo Munoz

Der Papst würdigte bei der Messe in Guayaquil die Bedeutung der Familie.

Stilles Gebet in Kathedrale

Am Rande des Papstbesuches hatte es immer wieder Unmutsbekundungen in der Bevölkerung gegen Correa gegeben. Anlass war die Einführung neuer Steuern und Pläne für eine Verfassungsänderung zugunsten seines Machterhalts für weitere Wahlperioden.

Zum Abschluss des Tages besuchte der Papst zu Fuß die gegenüber dem Präsidentenpalast gelegene Kathedrale von Quito, wo ihn die Menschen mit Applaus begrüßten. In der Bischofskirche nutzte der Papst die Gelegenheit zu einem stillen Gebet. Mit einem kurzen Gruß an die Gläubigen rief der Papst die Ecuadorianer zur Einheit auf. Niemand dürfe ausgegrenzt werden.

Großes Medieninteresse

Der Auftakt der Papstreise verdrängte in Lateinamerika am Montag andere Themen von den Titelseiten. Im Mittelpunkt des Medieninteresse standen in den ecuadorianischen Medien die Grußworte von Präsident Correa und Franziskus. Die regierungskritische Tageszeitung „El Universo“ ging dabei auf die innenpolitischen Spannungen im Land ein: „Papst Franziskus fordert den Aufbau eines Dialogs ohne Ausschluss in Ecuador“. Das Blatt „El Diario“ griff die Eröffnungsrede Correas auf, in der dieser Ungerechtigkeit als soziale Sünde Amerikas anprangerte.

Ecuador ist die erste von drei Stationen der einwöchigen Südamerika-Reise. Mehr als 13 Millionen der 14,6 Millionen Ecuadorianer sind getauft - allerdings ist die Kirche durch die Ausbreitung von Sekten unter Druck. Und die Erdölförderung der linksgerichteten Regierung im Amazonasgebiet widerspricht eigentlich Franziskus’ Appell, die natürlichen Ressourcen der Welt zu schützen statt auszubeuten. Am Mittwoch reist Papst Franziskus weiter nach Bolivien. Letzte Station ist Paraguay.

Kolumbianer strömen nach Ecuador

Zehntausende Kolumbianer hatten am Wochenende die südliche Staatsgrenze passiert, um an den Gottesdiensten und öffentlichen Events mit Papst Franziskus im Nachbarland Ecuador teilzunehmen. Das berichten kolumbianische Medien.

Auf dem Flug nach Ecuador hatte der Papst am Montag in einem Grußtelegramm, Kolumbien „ein friedliches Zusammenleben und ein prosperierendes Wachstum“ gewünscht. Das Telegramm, das beim Überfliegen Kolumbiens veröffentlicht wurde, war an Staatspräsident Juan Manuel Santos gerichtet.

religion.ORF.at/KAP/APA

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