Traiskirchner Moschee lädt zum Fastenbrechen

3.200 Flüchtlinge, mehrheitlich Muslime, sind derzeit im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen untergebracht. Im Ramadan lädt die Selimiye Moschee in Traiskirchen vor allem die Asylwerber zum Fastenbrechen ein.

Traiskirchen, 19 Uhr. Die Sonne wirft lange Schatten über das Flüchtlingslager, das Thermometer steht noch immer bei fast 30 Grad. Die ersten Asylwerber verlassen das Erstaufnahmezentrum und gehen zur benachbarten Selimiye Moschee, setzen sich auf den Gehsteig davor und warten. Viele von ihnen haben den ganzen Tag weder gegessen noch getrunken. Es ist Ramadan, praktizierende Muslime fasten bis zum Sonnenuntergang.

Fastenbrechen in der Selimiye-Moschee des türkisch-islamischen Kulturvereins Traiskirchen

ORF/Marcus Marschalek

Rund 2250 Menschen aus dem Flüchtlingslager Traiskirchen warten auf die Essensausgabe in der Selimiye Moschee

Fastenbrechen nach Sonnenutergang

Kurz nach 21 Uhr wird in der Selimiye Moschee beim traditionellen „Iftar“ das Fasten gebrochen und Essen an alle, die kommen, ausgeteilt. „Wir veranstalten das Iftar-Essen jetzt seit 14 Jahren“, sagt Erdal Kaymaz, Obmann des türkisch-islamischen Kulturvereins in Traiskirchen. „In den ersten beiden Jahren haben wir nur mit Familie und Freunden Iftar gefeiert. Aber als wir gemerkt haben, dass der Andrang vom Erstaufnahmezentrum so groß ist, haben wir beschlossen, auch die Asylwerber einzuladen. Denn die brauchen es wirklich.“

Fastenbrechen in der Selimiye-Moschee des türkisch-islamischen Kulturvereins Traiskirchen

ORF/Marcus Marschalek

Im Jugendraum der Moschee werden Lebensmittel gesammelt und Kleiderspenden an die Flüchtlinge ausgegeben

Der Fastenmonat Ramadan ist nach dem islamischen Glaubensbekenntnis einer der fünf Säulen des Islam und fällt auf den neunten Monat im islamischen Mondkalender. In diesem Jahr wird der Ramadan vom 18. Juni bis 16. Juli gefeiert. „Wir fasten in diesem Monat immer von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang. Momentan sind das 18 Stunden am Tag. Da verzichten wir auf essen und trinken“, erklärt Nadin Mazarwek, muslimischer Seelsorger in Niederösterreich. Sobald die Sonne untergegangen ist, treffen sich die Muslime zum Fastenbrechen und nehmen ein gemeinsames Abendessen ein.

Täglich mehr als 2000 Abendessen

Freiwillige Helfer stehen seit 12 Uhr in der rund acht Quadratmeter kleinen Küche im türkisch-islamischen Kulturverein, der die Selimimye Moschee betreibt. Sie bereiten das Iftar-Essen vor. Auch sie sind gläubige Muslime und fasten. Um drei Uhr früh haben sie das letzte Mal gegessen und getrunken. Eintöpfe, Gulasch- und Bohnensuppe sowie Linsen stehen heute auf dem Speiseplan. Am Ende des Tages werden sie für 2.250 Personen Essen gekocht haben. Aber nicht nur muslimische Flüchtlinge kommen zum Fastenbrechen in die Selimimye Moschee. „Wir selektieren hier nicht. Es geht vielmehr um eine Gemeinschaft und um ein Miteinander. Es kommen auch Christen hierher", erzählt Ömer Cancetin vom Verein. „Auch im Hilfsteam selbst, sind nicht nur Muslime.“

Fastenbrechen in der Selimiye-Moschee des türkisch-islamischen Kulturvereins Traiskirchen

ORF/Marcus Marschalek

Nach Sonnenuntergang brechen Muslime das Fasten

20:30 Uhr. Die Schlange vor dem türkisch-islamischen Kulturverein reicht mittlerweile fast bis zum Erstaufnahmezentrum zurück. Mehr als die Hälfte der Asylwerber aus dem Lager hat sich eingereiht. „Im Lager gibt es zwar Essen, aber es ist nicht in Ordnung. Und es ist nicht viel“, erzählt ein afghanischer Flüchtling. Aus dem Innenministerium heißt es dazu, dass bei der Essensausgabe im Erstaufnahmezentrum auf den Ramadan Rücksicht genommen wird. Von 21 bis 22 Uhr werden extra Mahlzeiten ausgegeben.

Erdal Kaymaz betont, dass es oft gar nicht um das warme Essen gehe, viel mehr sollen sich die Menschen nach Bedrohung und Flucht hier willkommen fühlen und Nadim Marzaweh ergänzt: „Die Leute haben sehr, sehr schweres erlebt. Ein Flüchtling hat mir erzählt, dass dieses gemeinschaftliche Essen hier Balsam für seine Seele ist, gleichsam einer Psychotherapie. Es ginge ihm besser, seit er das hier hat.“

Knappe Ressourcen

Neben den vielen Lebensmittelspenden, müssen dennoch etwa 2000 Euro täglich für das Iftar-Essen aufgebracht werden. „Bisher sind die Mitglieder des Vereins mit ihren Spenden für das Essen aufgekommen. Aber da der Andrang so groß ist, werden unsere Kapazitäten langsam knapp“, sagt Kaymaz. Vergangenen Sonntag finanzierten etwa Krankenschwestern aus dem Wiener AKH das Fastenbrechen in Traiskirchen.

Fastenbrechen in der Selimiye-Moschee des türkisch-islamischen Kulturvereins Traiskirchen

ORF/Marcus Marschalek

Ein Flüchtling spricht das Gebet zum Fastenbrechen

21.07, die Sonne ist untergegangen, das Gebet zum Fastenbrechen wird gesprochen. Gott wird gepriesen und die Menschen werden zu guten Taten aufgefordert. Nicht alle finden gleichzeitig im Zelt der Moschee Platz. In mehreren Tranchen wird gegessen.

Fastenbrechen in der Selimiye-Moschee des türkisch-islamischen Kulturvereins Traiskirchen

ORF/Marcus Marschalek

Im Garten der Moschee wird in einem Zelt gegessen

Knapp vor 22 Uhr warten noch immer Menschen vor der Moschee auf ihr Abendessen. „So groß wie heute war der Andrang noch nie“, sagt Kaymaz. Normalerweise schließt das Erstaufnahmezentrum um 22 Uhr, doch an diesem Abend werden alle Flüchtlinge einzeln kontrolliert und es wird noch einiges an Zeit dauern, bis alle in das Lager eingelassen werden. Es bleibt also etwas mehr Zeit zum Abendessen in der Moschee.

Bis zum Ende des Ramadan am 16. Juli will der türkisch-islamische Kulturverein noch Iftar-Essen an die Flüchtlinge ausgeben.

Katja Winkler, religion.ORF.at

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