Beliebte Reiseziele und (keine) Religionsfreiheit

Die Malediven, Indonesien, die Türkei - diese Länder erfreuen sich konstanter Beliebtheit bei österreichischen Urlaubern. Doch sie gehören zu den Ländern, in denen Religionsfreiheit nicht großgeschrieben wird.

Zwar bleiben Kroatien und Italien die Dauerbrenner, die Hälfte der zu ihren Urlaubsplänen befragten Österreicherinnen und Österreicher kann sich aber heuer für ein Fernreiseziel erwärmen, wie die Meinungsforscherin Helene Karmasin Anfang des Jahres der APA sagte. Was Urlauber meist nicht bemerken, sind soziale und religiöse Spannungen in einigen ihrer Ferienländer. „Wer in der Türkei eine Woche in einem Vier-Sterne-All-inclusive-Resort bucht, der will Erholung mit seiner Familie“, so Josef Peterleithner, Präsident des Österreichischen ReiseVerbands (ÖRV), gegenüber religion.ORF.at.

Durchschnittliche Urlauber würden sich eher nicht mit der politischen Situation im Urlaubsland auseinandersetzen - wenn, dann würden das am ehesten Menschen tun, die Individualreisen unternehmen. Doch die Veranstalter machen es sich zunehmend zur Aufgabe, auf die Lage in einem Reiseland in ihren Katalogen hinzuweisen: „Es geht nicht mehr nur darum, das Land anzuschauen“, so Peterleithner über die Recherche von Angestellten der Reisebüros an Ort und Stelle. Freilich sei das oft eine „Gratwanderung“.

Türkei: Schwieriges Pflaster für Christen

Nach Angaben der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sind christliche und andere Minderheiten in der Türkei durch rechtliche und finanzielle Benachteiligungen erheblich eingeschränkt, wie der Pressedienst Idea Ende Juli berichtete. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) beurteilt die Behandlung und Situation der türkischen Christen negativ.

Hagia Sophia in Istanbul, Türkei

Reuters/Osman Orsal

Touristenmagnet Hagia Sophia in Istanbul

Christen stellen in der Türkei mit 0,2 Prozent der Gesamtbevölkerung - ungefähr 125.000 Menschen - eine kleine Minderheit dar. Die meisten von ihnen gehören orthodoxen Kirchen an. Für nicht muslimische Geistliche gibt es in der Türkei keine Möglichkeit zur Ausbildung. Da die Kirchen keinen gesicherten öffentlich-rechtlichen Status haben, fällt es ihnen schwer, etwa Baugenehmigungen zu bekommen.

Mehrheitsreligion gefördert

Obwohl die Türkei ein säkularer Staat ist, in dem es keine Staatsreligion gibt und Religionsfreiheit garantiert ist, wird doch die Mehrheitsreligion, der sunnitische Islam, gefördert. Ein großes Problem für die christlichen Konfessionen in der Türkei stellt das Fehlen einer öffentlich-rechtlichen Struktur der Glaubensgemeinschaften für das ganze Land dar. Kirchen, Schulen, Spitäler usw. werden nach islamischem Vorbild von einzelnen Stiftungen getragen.

Der Status der Priester und Ordensleute soll sich zuletzt Berichten zufolge verschlechtert haben. So werden nur noch einjährige Aufenthaltsgenehmigungen für ausländische Geistliche erteilt, auch für Priester, die bereits seit mehr als zehn Jahren in der Türkei leben und seelsorglich tätig sind. Zudem machen religiös motivierte Gewalttaten sowie Anschläge auf christliche Gebäude in der Türkei der christlichen Minderheit zu schaffen.

„Urlaubsparadies“ Malediven

Auf den Malediven ist jegliche öffentliche Religionsausübung außer dem sunnitischen Islam verboten. Damit ist das Land ähnlich restriktiv wie islamische Länder wie Saudi-Arabien und Somalia - vielen Touristen in dem Inselstaat im Indischen Ozean ist das nicht bewusst.

Tourist auf einem Malediven-Strand

Reuters/Charles Platiau

Easy living - aber nicht für alle Einwohner: die Malediven

So verbietet die Verfassung der Malediven vom Islam abweichende religiöse Ansichten, nicht muslimische Ausländer können die Staatsbürgerschaft nicht erhalten, Konvertiten kann sie sogar aberkannt werden. Die Einfuhr von Bibeln ist verboten, nur Ausländer dürfen ein Exemplar für den Eigenbedarf besitzen. Die wenigen einheimischen Christen dürfen sich laut dem christlichen Hilfswerk Open Doors nur in Privaträumen zu Gottesdiensten versammeln und auch keine Kirchen gründen. Christliche Mission ist ebenfalls verboten.

Indonesien: Gewalt gegen Christen nimmt zu

In Indonesien, dessen Urlaubsinsel Bali sich hoher Beliebtheit als Reiseziel erfreut, nimmt die Gewalt gegen Christen zu. So würden Islamisten auf Sumatra zusehends Übergriffe auf Kirchen verüben, beklagte der Präses der Evangelischen Kirche im deutschen Rheinland, Manfred Rekowski, im Februar nach einem Besuch der evangelischen Toba-Batak-Kirche (HKBP) laut Pressedienst Idea. Sie ist mit drei Millionen Mitgliedern die größte protestantische Kirche Südostasiens.

Indonesien ist das bevölkerungsreichste islamische Land der Welt. Von den rund 240 Millionen Einwohnern sind dem Pressedienst zufolge 88 Prozent Muslime, acht Prozent Christen, zwei Prozent Hindus sowie jeweils ein Prozent Buddhisten und Angehörige von Stammesreligionen. Bali ist allerdings überwiegend hinduistisch und stellt damit eine Ausnahme dar. Von den 4,2 Millionen Einwohnern sind 92,4 Prozent Hindus, 5,6 Prozent Muslime, 1,4 Prozent Christen und 0,6 Prozent Buddhisten.

Die Mehrheit der indonesischen Muslime hängt einem toleranten sunnitischen Islam an. Radikale Gruppen bekämpfen jedoch seit einigen Jahren religiöse Minderheiten - Christen, aber auch Schiiten und Angehörige der islamischen Glaubensgemeinschaft der Ahmadija.

Ägypten: Gesetz gegen „Missachtung der Religion“

In Ägypten leiden nach Angaben der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) vor allem die koptischen Christen sowie zum Christentum übergetretene Muslime, Anhänger der Baha’i-Religion, die in Ägypten verboten ist, und Atheisten unter Diskriminierung, unter anderem durch ein strenges Blasphemiegesetz.

Koptische Ägypterin

APA/EPA/Jim Hollander

Koptische Ägypterin

Von den 87 Millionen Ägyptern sind sechs bis zehn Prozent (zumeist koptische) Christen, genaue Zahlen gibt es nicht. Seit dem „arabischen Frühling“ 2011 waren koptische Christen wieder verstärkt verfolgt. Kopten sind in Ägypten sowohl offizieller Diskriminierung als auch gewalttätigen Angriffen von Radikalen ausgesetzt, wie etwa der britische Ende Juli „Guardian“ berichtete. Juden, die vor allem vor Abschluss des israelisch-ägyptischen Friedensvertrags von 1979 in Ägypten Verfolgungen ausgesetzt waren, stellen heute nur noch eine sehr kleine Minderheit - bis 1968 mussten fast alle ägyptischen Juden auswandern.

Einfluss durch Tourismus gering

Mit dem Thema nachhaltiger Urlaub befasst sich die Reisebranche heute stärker als früher, so werden etwa Umfragen zum Thema soziale und ökologische Nachhaltigkeit erstellt. Projekte wie die Nachhaltigkeitsinitiative Futouris bemühen sich um einen bewussteren Tourismus.

Aber kann der Tourismus einen Einfluss auf die Verfolgung religiöser Minderheiten in Urlaubsländern ausüben? „Der einzelne Tourist, der irgendwo auf einer Insel sitzt, nicht“, so ReiseVerband-Präsident Peterleither zu religion.ORF.at. Andererseits: „Ohne Tourismus wüssten viele nicht einmal, wo die Malediven sind.“

Johanna Grillmayer, religion.ORF.at

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