Fall Tebartz-van Elst: Die Entscheidung liegt beim Vatikan

Im Vatikan werden sich die Kirchenrechtler mit einem höchst delikaten Fall beschäftigen müssen: Die Diözese Limburg fordert von ihrem ehemaligen Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst Schadenersatz in Millionenhöhe.

Die Zeitung „Bild“ berichtete von 3,9 Millionen Euro, die die Diözese nach dem Bau des 31 Millionen Euro teuren Bischofshauses abgeschrieben habe. Die Diözese selbst teilte mit, die Ziffer sei eine andere, ließ deren genaue Höhe jedoch offen.

Luftansicht des Limburger Doms und des neuen bischöflichen Palais

Reuters/Wolfgang Rattay

Luftbild des Limburger Doms

Der vom Papst eingesetzte Diözesanverwalter Manfred Grothe habe im Vatikan seit April mehrfach den Wunsch nach einer materiellen Wiedergutmachung vorgebracht. Im September wolle er dieses Thema in Rom erneut ansprechen, so die Diözese.

Zuständigkeit liegt bei der römischen Rota

Zumindest so viel ist klar: Ein kirchenrechtlicher Prozess gegen einen Bischof kann nur vor einem vatikanischen Gericht geführt werden. Zuständig für den Fall Tebartz-van Elst ist das Gericht der römischen Rota. Hinter diesem Namen verbirgt sich das zweithöchste Gericht der katholischen Kirche.

Bekannt ist es vor allem als römische Berufungsinstanz für Ehenichtigkeitsverfahren. Sie machen den weitaus größten Teil seiner Prozesse aus. Die Rota entscheidet jedoch auch in Streitsachen von Bischöfen - allerdings nur, wenn sie nicht das kirchliche Strafrecht betreffen. Auch die Leiter der meisten katholischen Orden unterstehen der Rechtsprechung der Rota.

Die römische Rota im Vatikan mit Papst Benedikt XVI.

Reuters/Osservatore Romano

Die römische Rota im Vatikan

Das in der römischen Altstadt gelegene Gericht besteht derzeit aus einem Kollegium von 22 Richtern. Die Entscheidungen werden in der Regel in einer Besetzung mit drei Richtern gefällt. Als Dekan steht dem Gericht der italienische Kirchenrechtler Bischof Pio Vito Pinto vor. Die meisten Entscheidungen werden nach einiger Zeit in anonymisierter Form veröffentlicht. Der aus dem Lateinischen kommende Name des Gerichts geht wahrscheinlich darauf zurück, dass die Richter früher in einer kreisförmigen Sitzordnung tagten.

Die römische Rota hat jedoch nicht das letzte Wort. Tebartz-van Elst könnte gegen ihr Urteil Einspruch beim höchsten Gericht der katholischen Kirche einlegen, der sogenannten Apostolischen Signatur in Rom. Ein Urteil der Apostolischen Signatur wäre dann allerdings nicht mehr anfechtbar.

Grundlage ist Kirchenrecht aus 1983

Der Papst ist für Verfahren gegen Bischöfe nur dann unmittelbar zuständig, wenn sie das kirchliche Strafrecht betreffen. Auch hier gibt es seit kurzem allerdings eine Ausnahme: Für Bischöfe, die Missbrauchsfälle vertuschen, hat der Vatikan im Juni die Einrichtung eines eigenen Gerichts an der Glaubenskongregation angekündigt.

Grundlage eines Prozesses gegen Tebartz-van Elst wäre das katholische Kirchenrecht aus dem Jahr 1983. Von seinen insgesamt sieben Büchern ist eins ausschließlich dem Thema „Kirchenvermögen“ gewidmet. Der Ortsbischof habe „gewissenhaft die Verwaltung des gesamten Vermögens zu überwachen“, heißt es darin etwa. Und: Alle Verwalter von Kirchenvermögen müssten ihre Aufgabe „mit der Sorgfalt eines guten Hausvaters“ erfüllen.

Rücktritt des brasilianischen Erzbischofs

Dass Bischöfe zurücktreten, denen ein rechtswidriger Umgang mit Diözesanvermögen vorgeworfen wird, ist nicht alltäglich, kam zuletzt jedoch mehrfach vor. Vor anderthalb Wochen erst nahm der Papst den Amtsverzicht des brasilianischen Erzbischofs Antonio Carlos Altieri an.

Dem Leiter der Erzdiözese Passo Fundo wurde laut Medienberichten unter anderem vorgeworfen, seine Residenz für umgerechnet 550.000 Euro renoviert zu haben. Im Juli 2013 gaben die slowenischen Erzbischöfe Anton Stres und Marjan Turnsek ihr Amt ab, nachdem ihre Diözesen durch dubiose Investitionen in finanzielle Schwierigkeiten geraten waren.

In keinem dieser Fälle wurde bislang jedoch bekannt, dass die betroffenen Diözesen in Rom Schadenersatzansprüche gegen ihren früheren Bischof geltend machen wollen.

religion.ORF.at/KAP

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