Koranforscherin in Salzburg geehrt

Die in Berlin lehrende deutsche Koranforscherin Angelika Neuwirth ist in Würdigung ihres theologischen Lebenswerkes mit dem „Theologischen Preis“ der „Salzburger Hochschulwochen“ ausgezeichnet worden.

Die heuer zum zehnten Mal verliehene Auszeichnung wurde am Mittwochabend an der Universität Salzburg überreicht. Durch ihre Arbeit gerade zur Wechselwirkung von Koran und christlicher Spätantike gewinne „die Identität des Christlichen deutlich an Profil“, heißt es in der Begründung der Jury.

Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert. Unter den bisherigen Preisträgern sind Kardinal Walter Kasper, Kardinal Karl Lehmann sowie die Theologen Johann Baptist Metz, Erich Zenger und andere.

Außenperspetive wirkt auf christliche Theologie zurück

Wie der Obmann der „Salzburger Hochschulwochen“, der Theologe Gregor Maria Hoff, in seinen Begrüßungsworten unterstrich, habe man sich mit der Preisverleihung an Angelika Neuwirth heuer bewusst entschieden, „den Rahmen des Preises so zu justieren, dass die Außenperspektive der Arabistin auch auf die christliche Theologie zurückwirken kann“.

Ihre Erkenntnisse könnten „auch christlicher Theologie nicht äußerlich bleiben“, so Hoff. Anwesend waren bei der Verleihung u.a. der Salzburger Erzbischof Franz Lackner, Abtpräses Christian Haidinger sowie der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück.

Der Berliner evangelische Theologe und Preisträger des Jahres 2010, Christoph Markschies, würdigte Neuwirth in seiner Laudatio als „Grand Dame der Koranforschung“. Durch ihr wissenschaftliches wie persönliches Engagement verstehe es Neuwirth, das Verständnis des Islam und des Koran in der christlichen Theologie und umgekehrt das Verständnis des Christentums im Islam zu vertiefen und damit ein friedliches Miteinander der beiden Religionen zu fördern, so Markschies.

Zugleich habe Neuwirth durch ihre zahlreichen Arbeiten etwa zur Verortung des Koran in der Spätantike deutlich gemacht, dass der Koran „Teil der europäischen Geschichte“ ist und ein „europäischer Zugang zum Koran“ auch einen „neues Verständnis Europas“ hervorbringen könne.

Plädoyer für „zeitgemäße kritische Koranforschung“

In ihren Dankesworten plädierte Neuwirth für eine „zeitgemäße, auch politikbewusste kritische Koranforschung“. Eine solche Forschung, die sich historischer Methoden ebenso bedient wie literatur- und kulturwissenschaftlicher Methoden, könne ein „ideologisches Korrektiv“ gegen jede theologisch verengende Koran-Lektüre sein, so Neuwirth.

Zugleich lasse eine solche historisch-kritische Lesart auch die „hermeneutische Verwandtschaft“ zwischen Islam, Judentum und Christentum in einem neuen Licht erscheinen: „Der Koran ist kein nur-islamischer, und daher erst durch den islamischen Kanon zu filternder Text, sondern ebenso ein integraler Teil unserer - eben nicht nur - jüdisch-christlichen Spätantike“.

Zur Person:

Angelika Neuwirth wurde am 4. November 1943 in Nienburg/Weser geboren. Sie studierte Arabistik, Semitistik und Klassische Philologie in Berlin, Teheran, Göttingen, München und Jerusalem. Von 1977 bis 1983 hatte sie eine Gastprofessur an der University of Jordan in Amman inne.

Seit 1991 ist sie Inhaberin des Lehrstuhls für Arabistik an der Freien Universität Berlin. Von 1994 bis 1999 leitete sie weiters das Orient-Institut der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft in Beirut und Istanbul als Direktorin. Seit 2007 ist sie Leiterin des Projekts Corpus Coranicum an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.

Neuwirth ist bereits Trägerin zahlreicher Auszeichnungen - u.a. des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse, des Sigmund-Freud-Preises für wissenschaftliche Prosa und des Dr. Leopold-Lucas-Preises. Außerdem ist sie seit 2013 Ehrendoktor der Universität Salzburg.

Die „Salzburger Hochschulwoche“, die noch bis 2. August dauert, steht heuer unter dem Titel „Prekäre Humanität“. Die traditionsreiche, bis ins Jahr 1931 zurückreichende Veranstaltungsreihe an der Universität Salzburg lockt jährlich rund 800 Interessierte und Studierende zu Vorträgen, Workshops und Diskussionsrunden. Die Verleihung des Theologischen Preises stellt jedes Jahr einen Höhepunkt der Hochschulwoche dar.

religion.OF.at/KAP