„Asyl auf Zeit“: Hilfsorganisationen skeptisch

Der Vorschlag von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), über „Asyl auf Zeit“ zu diskutieren, stößt bei Hilfsorganisationen auf Skepsis. Einen „Ideenwettbewerb der Grausamkeiten“ ortete der Diakonie-Direktor.

Caritas, Diakonie und das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) erinnerten am Dienstag daran, dass es bereits den befristeten subsidiären Schutz gibt. „Es braucht dieses neue System eigentlich nicht“, so Wiens Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner zur APA.

Rückbringung „de facto“ selten möglich

Beim subsidiären Schutz müsse die Behörde in regelmäßigen Abständen prüfen, ob die Person inzwischen zurückgebracht werden kann. „De facto sehen wir, dass das kaum jemals möglich ist“, merkte aber Christoph Pinter vom UNHCR im Ö1-Morgenjournal an. Für die Einführung einer befristeten Kriegsvertriebenenregelung ohne Asylverfahren würde laut Pinter eine Verordnung der Innenministerin reichen. Sinnvoll sei aber höchstens eine EU-weite Regelung. Es sei allerdings nicht anzunehmen, dass sich der Konflikt in Syrien in den kommenden Jahren beruhigt haben wird.

Der Wiener Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner

APA/Hans Punz

Der Wiener Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner

Schwertner kann sich der Argumentation des UNHCR nur anschließen, auch er betont, dass es befristeten Schutz bereits gibt. „Es braucht dieses neue System eigentlich nicht“, meinte er ebenso. Nach der Bosnien-Krise habe man zudem die Erfahrung gemacht, dass die meisten Menschen mit Asylstatus bleiben würden. „Dieser Realität muss man sich stellen“, so Schwertner.

Auch Christoph Riedl vom Flüchtlingsdienst der Diakonie sieht bei „Asyl auf Zeit“ keinen Bedarf. „Das ist nicht sehr zielführend“, meinte er dazu. Er sieht noch ein weiteres Problem darin, Fälle nach einer möglichen Verbesserung der Lage im Ursprungsland der Flüchtlinge neu aufzurollen: „Das würde zu einem erheblichen Behördenmehraufwand führen.“

Chalupka: „Ideenwettbewerb der Grausamkeiten“

Diakonie-Direktor Michael Chalupka warnt vor weitreichenden Folgen im Zusammenhang mit der laufenden politischen Debatte über mögliche Einschränkungen der Sozialleistungen für Flüchtlinge in Österreich. In einem Gastkommentar für den „Standard“ (Dienstag-Ausgabe) forderte er ein Ende des diesbezüglichen „Ideenwettbewerbs der Grausamkeiten“. Dieser werde Auswirkungen haben - jedoch nicht auf die Zahl der Flüchtenden, die nach Österreich kommen, sondern auf den sozialen Zusammenhalt im Land, so Chalupka. Auch heimische Arbeitslose und Bezieher von Notstandshilfe oder Mindestsicherung seien betroffen.

Diakonie-Direktor Michael Chalupka

APA/Roland Schlager

Diakonie-Direktor Michael Chalupka

Unterschiedliche Akteure hatten zuletzt unter anderem die Verzögerung der Asylverfahren, einen Stopp bei Familienzusammenführungen, die Absenkung der Standards für Asylquartiere und Änderungen bei der Mindestsicherung vorgeschlagen. Gehe dieser „Ideenwettbewerb der Grausamkeiten“ weiter, "sind wir auf dem besten Weg, unattraktiv zu werden.

Allerdings nicht für die Kriegsflüchtlinge, die nur eines suchen: Frieden und keine Gewalt, sondern für viele Österreicherinnen und Österreich, die an ein Land geglaubt haben, das auf sozialem Zusammenhalt und Menschenrechten gebaut ist und aus einer Geschichte gelernt hat, die zeigt, wohin es führt, Menschen aufzuhetzen und Schwache gegeneinander auszuspielen", schrieb der Direktor des evangelischen Hilfswerks.

Kritik an „Verhinderungstaktik“

Ein Land, das auf seine gute Verwaltung und die Hilfsbereitschaft stolz war, sehe sich heute einer Regierung gegenüber, deren Ratlosigkeit man „förmlich riechen“ könne sowie Landeshauptleuten und Bürgermeistern, „die immer neue Gründe finden, warum gerade bei ihnen niemand untergebracht werden kann“. Allein die Diakonie habe wegen dieser „Verhinderungstaktik“ in den vergangenen Wochen 400 Plätze in Quartieren, deren Eröffnung bereits auf Schiene gewesen sei, doch nicht schaffen können, betonte Chalupka.

„Ein Land, das stolz auf seinen sozialen Zusammenhalt war, diskutiert angesichts des Elends in Traiskirchen über die vorgeblichen Privilegien derer, die gerade unter die Räder zu geraten drohen, Arbeitsloser und Mindestsicherungsbezieher, die mit Lebensmittelkarten weiter stigmatisiert werden sollen.“ Das zugleich gegen österreichische Bezieherinnen der Mindestsicherung und der Notstandshilfe gehetzt werde, liege auf der Hand, so Chalupka. „Der Sozialstaat ist das Ziel. Österreich soll unattraktiv werden, nicht nur für Flüchtlinge.“

religion.ORF.at/APA/KAP

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