Neues Zuhause für junge Flüchtlinge in Wien

Die Caritas hat heute im Auftrag der Stadt Wien ein neues Quartier für 45 minderjährige Flüchtlinge ohne Eltern, die bisher in Traiskirchen untergebracht waren, eröffnet.

„WG Yunus“ heißt die ehemalige Jugendherberge in einer schmalen Gasse des 15. Bezirks seit heute. Das Gebäude wurde bereits vor einiger Zeit von der Caritas gekauft, stand bisher allerdings leer. Dort, wo früher junge Touristen für wenige Tage eine Bleibe gefunden haben, sind nun jugendliche Flüchtlinge für die nächsten Wochen und Monate untergebracht. Für 45 männliche jugendliche Asylwerber ist in den ehemaligen Hotelzimmern, die auf drei Stockwerken verteilt sind, Platz.

„Traiskirchen entlasten“

Durch dieses neue Quartier wolle man „zur Entlastung des Erstaufnahmezentrums Traiskirchen beitragen“, so Klaus Schwertner, Generalsekretär der Caritas Wien, im Rahmen der heutigen Eröffnung der „WG Yunus“. Für ihn ist das Flüchtlingslager in Traiskirchen ein „Ort der Schande“, an dem Zustände herrschen, die „jeder Beschreibung spotten“, so Schwertner.

PK

ORF/Christoph Riedl-Daser

Pressekonferenz: Sonja Wehsely, Klaus Schwertner

„Haltung zeigen“

Sozialstadträtin Sonja Wehsely betont bei der Eröffnung, dass es darum ginge, als politisch Verantwortliche „Haltung zu zeigen“. Man nehme daher als Stadt Wien mit diesem neuen Quartier weitere Flüchtlinge auf, obwohl die mit dem Bundesministerium für Inneres vereinbarte „Verteilungs-Quote für Flüchtlinge“ in Wien bereits über 100 Prozent liege. „Die Aufgabe der Flüchtlingsversorgung und deren Unterbringung ist bewältigbar“, so Wehsely weiter.

Jugendliche waren bisher obdachlos

Die meisten der Jugendlichen, die nun in der „WG Yunus“ untergebracht sind, haben die vergangenen Wochen und Monaten im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen verbracht. Wobei damit nur das Gelände, nicht jedoch das Gebäude selbst gemeint ist, denn der Großteil der Jugendlichen war bis jetzt obdachlos.

So auch Afghan (17 Jahre), Hotak (17 Jahre) und Ostoghil (15 Jahre) aus Afghanistan, die sich seit gestern in der „WG Yunus“ ein Zimmer teilen. Mehr als drei Betten mit Matratze und Bettzeug, einen kleinen Schreibtisch und einen Kasten gibt es derzeit noch nicht in ihrem Zimmer. Doch es ist wesentlich mehr, als sie in den vergangenen Monaten gehabt haben. Afghan hat sechs Monate im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen im Freien gelebt, der 15-jährige Ostoghil war die vergangenen vier Monate obdachlos.

Deutsch lernen, das möchten die drei Jugendlichen unbedingt. Stolz zeigt uns Afghan sein Vokabelheft, in dem er die ersten Wörter auf Deutsch notiert hat. „Glücklich“ und „Danke“ sind zwei Wörter, die sie immer wieder sagen, als sie uns ihr Zimmer und die Dusche zeigen. Der Kasten ist noch leer. Ihre Habseligkeiten und das wenige Gewand passen in einen Einkaufssack.

Zeit-Spenden erwünscht

„Wir sind derzeit noch in der Besiedelungsphase“, beschreibt Caritas-Koordinator David Himler die aktuelle Situation in der „WG Yunus“. Wichtig sei nun, dass „die Jugendlichen einmal zur Ruhe kommen können“. Erst wenn sich der erste Stress gelegt hat, sei es möglich und sinnvoll, ganz gezielt um Sachspenden wie etwa Hygieneartikel, Kleidung und Schuhe zu bitten. „Was ganz sicher benötigt wird, sind „Zeit-Spenden““, erklärt Himler und meint damit Menschen, die ehrenamtlich mit den Jugendlichen Zeit verbringen: mit ihnen Deutsch lernen, Behördenwege erledigen oder einfach die Stadt zeigen.

Forderung nach festen Quartieren

Sorgen macht der Caritas die Zukunft der Flüchtlinge, die derzeit kein Dach über dem Kopf haben. „Wenn wir daran denken, dass es in wenigen Wochen in Österreich bereits deutlich kälter wird, dann brauchen wir dringend wetterfeste Unterkünfte für alle obdachlosen Flüchtlinge in Österreich“, so Klaus Schwerter von der Caritas. Er appelliert neuerlich an die Bundesregierung: eine Asyl-Gesamtstrategie zu entwickeln, die Kasernen-Gebäude für Flüchtlinge zu öffnen und den Hilfsorganisationen wie Caritas, Diakonie und Rotem Kreuz freien Zugang zum Erstaufnahmezentrum Traiskirchen zu gewähren.

Österreichweit betreut die Caritas derzeit 30 Prozent aller Asylwerber in der Grundversorgung, also rund 4.400 Männer, Frauen und Kinder. Knapp die Hälfte davon ist in Klöstern und pfarrlichen Einrichtungen untergebracht. Darüber hinaus werden aktuell 10.500 Menschen mobil betreut.

Christoph Riedl-Daser; religion.ORF.at

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