Jesuit: Vatikan-Missbrauchsaufklärung „unglaubwürdig“

Der deutsche Jesuit Klaus Mertes fordert vom Vatikan mehr Anstrengungen bei der Aufklärung von Fällen sexuellen Missbrauchs durch Geistliche. Die Zuständigen seien unglaubwürdig, ihr Wille zur Aufklärung zweifelhaft.

Die Glaubwürdigkeit einiger Kardinäle im Umfeld des Papstes sei „jedenfalls tief und nachhaltig erschüttert“, schrieb Mertes in einem Gastbeitrag für das Internetportal „katholisch.de“ (Donnerstag) und nennt als Beispiele die Kardinäle George Pell und Angelo Sodano.

Transparenz gefordert

Auch die für die Verfahren zuständige Glaubenskongregation sei „personell nicht gut besetzt, sondern eher mit Leuten, deren Wille zur Aufklärung aus guten Gründen sehr zweifelhaft ist. Namen liefere ich auf Anfrage gerne nach.“ Aufklärung sei „der erste und fundamentale Akt der Anerkennung, ohne den es weder Heilung noch Versöhnung geben kann“, so Mertes.

Mertes fragte weiter, wer eigentlich in Rom mit Opfern spreche und wer sich in der Glaubenskongregation mit Opferberichten befasse: „Wie glaubwürdig sind die Personen, die da für Aufklärung und Untersuchungen zuständig sind? Wird es jemals eine Veröffentlichung von Untersuchungs- und Aufklärungsberichten aus Rom geben, von denen ja einige bereits in den Schubladen liegen?“

„Zähne und Klauen“ gegen Reformen

Mertes verwies in seinem Beitrag auf Geoffrey Robinson, den langjährigen Missbrauchsbeauftragten der Australischen Bischofskonferenz. Dieser hatte vor wenigen Tagen der australischen Kirche und dem Vatikan schwerwiegende Versäumnisse bei der Aufklärung von Missbrauchsfällen vorgeworfen.

Pater Klaus Mertes

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Jesuit Klaus Mertes

Unter anderem nannte er den Umgang mit dem Thema Missbrauch durch Papst Johannes Paul II. „armselig“. Selbst Papst Franziskus zeige hier nicht die nötige Führungsstärke, so Robinson. Allerdings gebe es einflussreiche Personen, die sich Reformvorhaben „mit Zähnen und Klauen“ widersetzten. „Einer wie Robinson spricht so ein Wort nicht leichtfertig aus“, schrieb Mertes. Damit sollten auch nicht „die guten Bemühungen, die es in der Kirche ja auch gibt - in Rom etwa die Gründung der Kinderschutzkommission und Präventionsbemühungen aller Art“ abgewertet werden. „Aber sie reichen nicht“, so Mertes weiter.

Glaubwürdigkeit der Synode erschüttert

Mit Blick auf die anstehende Familiensynode warnte Mertes vor möglichen Problemen, denn „was immer die versammelten Bischöfe dort sagen werden - ihre Glaubwürdigkeit zu Themen wie Familie, Sexualität, Ehe, Gender etc. ist so tief erschüttert, dass man sie in dem Maße nicht hören und ernst nehmen wird“. Die Synodenteilnehmer seien sich dieses Glaubwürdigkeitverlusts gar nicht bewusst, mutmaßte der Jesuit.

Mertes hatte im Januar 2010 als damaliger Leiter der Berliner Jesuitenschule Canisius-Kolleg öffentlich gemacht, dass Schüler durch Geistliche sexuell missbraucht worden waren. Damit wurde der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche öffentlich bekannt. Seit 2011 leitet der Jesuit die kirchliche Schule Kolleg St. Blasien in Baden-Württemberg.

religion.ORF.at/KAP

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