Westbahnhof wurde zu „Ort der Menschlichkeit“

Der Wiener Westbahnhof, der zum zentralen Umschlagplatz für Flüchtlinge aus Ungarn geworden ist, wurde zugleich zu einem „Ort der Menschlichkeit“ sagte Caritas Wien-Geschäftsführer Klaus Schwertner.

Er sei überwältigt von der anhaltenden Spenden- und Hilfsbereitschaft der Menschen, so Schwertner. Allein seit Samstag seien am Westbahnhof mehr als 10.000 Menschen von Caritas-Helfern und hunderten Freiwilligen versorgt worden. Für heute, Sonntag, sei man darauf vorbereitet, bis zu 2.000 weitere Flüchtlinge am Westbahnhof zu betreuen.

Zugleich lobte Schwertner die gute Zusammenarbeit mit den ÖBB, dem Flüchtlingskoordinator der Stadt Wien, Peter Hacker, und den Händlern und Geschäften am Westbahnhof. Die Organisation des Hilfseinsatzes sei ein wahrer Kraftakt gewesen: So habe die Caritas Kräfte aus den verschiedensten Bereichen zusammengezogen. Außerdem organisiere man derzeit die weitere Betreuung jener Flüchtlinge, die nicht nach Deutschland weitergereist sind, sondern in Österreich geblieben sind. Allein die Caritas Graz hat 300 Flüchtlinge übernommen, berichtete Schwertner.

Spendenlager gut gefüllt

Die Sachspendenlager seien derzeit gut gefüllt. Benötigt würden jedoch Geldspenden für den Caritas-Flüchtlingsdienst, um weitere Quartiere schaffen zu können, appellierte Schwertner. Geldspenden könne man jederzeit auch am Westbahnhof abgeben, wo die Caritas eine Einsatzzentrale errichtet hat. Über den Spendenbedarf informiere außerdem die Websit Hilfe am Bahnhof und eine die Facebook-Seite Omni.bus.

Der Generalsekretär der Caritas-Auslandshilfe, Christoph Schweifer, richtete den Blick über Österreich hinaus auf die Herausforderungen in den Ursprungsländern der Flüchtlingsbewegungen: So seien allein in den Nachbarländern Syriens inzwischen rund vier Millionen Menschen als Flüchtlinge registriert. Seit Jahren seien Millionen Kindern in der Region ohne Schule und Gesundheitsversorgung - die Menschen würden daher aus den Flüchtlingslagern fliehen, da ihnen jegliche Perspektive fehle. „Unsere vordringlichste Aufgabe muss es daher sein, die Lage der Flüchtlinge in den Lagern im Nahen Osten zu verbessern“, appellierte Schweifer an die internationale Staatengemeinschaft.

Europadimension der Flüchtlingsströme

Auf die europäische Dimension der aktuellen Flüchtlingskrise hat Caritas-Präsident Michael Landau hingewiesen: Europa stehe durch die Flüchtlingskrise „am Scheideweg“. Europa müsse sich entscheiden, ob es „ein Kontinent des Todes oder ein Kontinent des Lebens und der Solidarität“ sein wolle, so der Caritas-Präsident, der in Europa „keine Flüchtlingskrise, sondern eine Solidaritätskrise“ erkennt.

Auf jeden Fall stehe fest, dass „in diesen Tagen und Stunden Geschichte geschrieben“ werde. Insbesondere der gestrige Samstag sei „ein guter, ein starker Tag für Österreich“ gewesen. Ausdrücklich dankte Landau in diesem Zusammenhang der österreichischen Zivilgesellschaft für das überwältigende Engagement in den vergangenen Tagen. „Auch das ist Österreich: Es gibt einen bleibend hohen Grundwasserspiegel der Solidarität in diesem Land“, so Landau. Die Hilfsbereitschaft, die man in Österreich in den vergangenen Tagen erleben konnte, gebe ihm Zuversicht: „Gemeinsam können wir es schaffen - das ist ‚die‘ Erfahrung der letzten 48 Stunden“.

5.000 Grundversorgungsplätze

Derzeit stellt die Caritas österreichweit fast 5.000 Grundversorgungsplätze zur Verfügung, davon 260 für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. 11.900 Personen, die in Quartieren anderer Quartiergeber untergebracht sind, werden von der Caritas mobil betreut. Das sind 2.188 Plätze mehr und 6.877 Menschen mehr in mobiler Betreuung als noch im Sommer 2014. Die Caritas betreut somit derzeit etwa jeden dritten Asylwerber in Österreich. Die Caritas ist damit die größte Trägerorganisation im Bereich der Grundversorgung. Für die nächsten drei Monate sind weitere 1.200 in Planung.

Alleine in der Caritas der Erzdiözese Wien wurden seit Juli 2015 110 Grundversorgungsplätze, davon 45 Plätze für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge geschaffen. Bis Ende des Jahres sollen insgesamt 585 Plätze, davon 237 für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, zur Verfügung stehen.

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