Gemischte Reaktionen auf Papstappell

Der Papstappell an alle Pfarren, Flüchtlinge aufzunehmen, wird sehr unterschiedlich aufgenommen. Tschechische und slowakische Bischöfe reagieren zurückhaltend, in Österreich bemüht man sich.

In der slowakischen und in der tschechischen Kirche sorgt der Flüchtlingsappell des Papstes für gemischte Reaktionen. Die Bischöfe zögern, die Pfarren fühlen sich im Stich gelassen. Slowakische Pfarrer stellten unter anderem kritische Rückfragen zu einem Hirtenbrief der slowakischen Bischöfe, der am vergangenen Sonntag in allen Kirchen des Landes verlesen wurde, sodass das Schreiben ein unerwartetes Echo auslöste.

Das Hirtenwort hatte alle Gläubigen noch einmal zum Nationalen Pro-Life-Marsch in Pressburg am Sonntag, 20. September, sowie zum umfangreichen Vorprogramm eingeladen, das bereits am Donnerstag, 17. September, beginnt. Der Marsch solle Zeugnis ablegen für Ehe und Elternschaft und gegen die „Gender-Ideologie“. In diesem Zusammenhang wurde die Eheschließung gleichgeschlechtlicher Personen erwähnt.

Irritierender Hirtenbrief in der Slowakei

Man sei „konservativ im Bewusstsein, dass bei Nichteinhaltung der tiefsten, von Gott gelegten Grundlagen der menschlichen Zivilisation und eines jeden Menschenlebens diese Zivilisation zum Untergang verurteilt“ sei, so die Bischöfe auch unter Berufung auf Papst Franziskus.

Dieser Satz wurde vielfach aufgegriffen. Denn die Tragödie der 71 Flüchtlinge, die bei Parndorf in einem Lastwagen mit slowakischer Aufschrift erstickt aufgefunden worden waren, die daraufhin eskalierende Flüchtlingskrise sowie der Papstappell zur Aufnahme von Flüchtlingsfamilien in allen Pfarren Europas mehr dazu in Papst: Jede Pfarrgemeinde soll Flüchtlinge aufnehmen ließen auf einmal den gesamten Hirtenbrief in einem völlig anderen Licht erscheinen.

Auch das Engagement des Wiener Erzbischofs Christoph Schönborn zugunsten der Flüchtlinge - mehr dazu in Schönborn: „1.000 Plätze für Flüchtlinge“ wurde von Kommentatoren der Zurückhaltung der meisten slowakischen Bischöfe gegenübergestellt.

Bischofssprecher: Tun, was nötig ist

Die Bischofskonferenz sah sich in der Folge herausgefordert. Man wolle allerdings über die weitere Vorgangsweise erst bei der Vollversammlung am 21. und 22. September - also unmittelbar nach dem Pro-Life-Marsch - beraten, hieß es am Mittwoch auf Anfrage. Wie der Sprecher der Bischofskonferenz, Martin Kramara, weiter erklärte, sei der Hirtenbrief im jetzigen Wortlaut bereits im Juni erstellt worden. „Wenn es notwendig ist, werden wir aber tun, was in unseren Kräften steht“, fügte Kramara im Blick auf das Asylthema hinzu.

Der Organisator des Pro-Life-Marsches, Marek Michalcik, erklärte im katholischen Sender „Radio Lumen“, selbstverständlich werde man den Flüchtlingen helfen und kündigte ein Begleitprogramm zur Flüchtlingsthematik an.

Großes Bemühen in Österreich

Der Diözesanbischof von Linz, Ludwig Schwarz, richtete am Mittwoch einen Appell an die oberösterreichischen Pfarren, in der Flüchtlingshilfe aktiv mitzuwirken. „Christliche Nächstenliebe muss gerade in der aktuellen Herausforderung in die Tat umgesetzt werden“. Die Menschen bräuchten „nach einer für uns unvorstellbaren Zeit von Krieg und Flucht“ wieder Sicherheit, so Schwarz.

Besitzer leerstehender Häuser oder Wohnungen im Pfarrgebiet sollten motiviert werden, ein Quartier für Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen, so der Appell des Linzer Diözesanbischofs.

In Vorarlberg erfolgt die Schaffung von Quartieren in enger Zusammenarbeit mit dem Land Vorarlberg und der Caritas, so der Vorarlberger Flüchtlingskoordinator Gebhard Barbisch im „Kathpress“-Gespräch am Mittwoch. Die Begutachtung der Gebäude übernehme die Caritas, die auch nötige Verträge mit dem Land abschließe. Die Diözese Feldkirch beherbergt derzeit 165 Flüchtlinge, demnächst sollen es 180 sein.

Uneinigkeit in Ungarn

Für Aufsehen - und Kritik - hatte noch am Montag der Szegeder Diözesanbischof Laszlo Kiss-Rigo gesorgt. Er widersprach dem Papst, der am Wochenende jede kirchliche Gemeinde dazu aufgerufen hatte, Flüchtlinge aufzunehmen. Kiss-Rigo bezeichnete die muslimischen Flüchtlinge gegenüber der Washington Post als „eine Invasion“. Sie wollten „die Kontrolle übernehmen“, sagte er.

Anders sieht das der Vorsitzende der Ungarischen Bischofskonferenz, Kardinal Peter Erdö. Er kündigte zeitgleich und demgegenüber der italienischen katholischen Presseagentur SIR an, die Kirche werde jetzt dem Aufruf des Papstes nachkommen. Sie werde Pfarren und weitere Einrichtungen für Flüchtlinge öffnen - mehr dazu in Ungarns Kirche reagiert auf Asylappell des Papstes.

Zeitung: Tschechische Pfarren im Stich gelassen

Unterdessen fühlen sich in Tschechien laut Bericht der Prager Tageszeitung „Lidove noviny“ etliche Pfarren in der Flüchtlingsfrage von der Kirchenführung des Landes im Stich gelassen. Die Kritik sei erst recht nach der Bitte des Papstes, jede Pfarre möge eine Flüchtlingsfamilie aufnehmen, lauter geworden, so das Blatt.

Der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Tomas Holub, zeigte sich gegenüber der Zeitung unbeeindruckt und betonte: „Vorrang für die Bischöfe haben die Wünsche und Bedürfnisse des Staates.“ Holub rechtfertigte die restriktive Prager Aufnahmepolitik; Tschechien hat sich bislang lediglich bereit erklärt, binnen drei Jahren 1.500 Flüchtlinge aufzunehmen.

Der Referent der Prager Pfarrer-Akademie, Martin Stanek, kritisiert gegenüber „Lidove noviny“ auch den Prager Erzbischof Kardinal Dominik Duka: „Ich habe keine Ahnung, ob der Kardinal irgendeine Strategie erarbeitet hat. Wir haben jedenfalls keinerlei Instruktionen, wie wir mit dem Aufruf des Papstes umgehen sollen“, klagte er. Dabei sei es unumgänglich, dass „die Kirche hörbar wird und an die Moral der tschechischen Gesellschaft appelliert“.

Kardinal bremst bei Flüchtlingsaufnahme

Duka sagte am Montag im Kirchenradio „Proglas“, die Kirche empfange die Bedrängten mit offenen Armen, aber man müsse bei den Flüchtlingen auch „wachsam“ sein. Es bestehe die Gefahr, „dass mit der Welle der Migranten auch Feinde zu uns kommen“. Es sei schließlich bekannt, dass junge Menschen und sogar Kinder für Terrorakte missbraucht würden. Der Bischof fügte wörtlich hinzu: „Das Recht auf Leben und Sicherheit unserer Familien und der Bürger dieses Landes steht über allen anderen Rechten.“

Duka äußerte sich auch über das Streben vieler Flüchtlinge, nach Deutschland zu gelangen: Ihm scheine, die ständig wiederholte Losung „Ungarn no good, Deutschland good“ sei „das Abbild einer organisierten Kampagne“. Die derzeit ergriffenen kurzfristigen Maßnahmen zeigten das „Versagen der Einwanderungspolitik“ in Deutschland und anderswo.

Am Ende seiner Ausführungen schloss sich der Erzbischof der Argumentation des slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico an, der gegen eine vermehrte Aufnahme von Flüchtlingen ist: „Haben wir je ernsthaft darüber nachgedacht, wie wir in unserem Land mit der Anwesenheit der Roma, der Vietnamesen und anderer Minderheiten klarkommen?“, so der Bischof. „Wenn wir fair sind, dann müssen wir zugeben, dass wir gegenüber Ausländern eine vorsichtige Haltung einnehmen.“ Dies müsse auch in der aktuellen Flüchtlingsdebatte berücksichtigt werden.

religion.ORF.at/KAP

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